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Chuzpe

Chuzpe

Titel: Chuzpe
Autoren: Andreas Pittler
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G’schäftsschluss is er dann kommen, der Hundling, der dreckige! Und wie s’ ihm ang’schmachtet hat! Wie wann er der Kaiser persönlich wär. Widerlich. I bin ihnen nach. Ins Wirtshaus sind’s gangen. Eing’laden hat er s’, so auf ganz groß und so! Und wie i da so draußen g’standen bin in der Kälte und drauf g’wartet hab, dass s’ wieder rauskommen, da is ma eing’fallen, wie i meine Sachen damals doch immer wieder einmal vor ihm g’rettet hab. Ich hab’s ruiniert. Dann haben s’ ihn nimmer interessiert. Und da hab i ma denkt, wenn i die Hanni a bissl ramponier, ganz a bissl nur, dann will er nix mehr von ihr wissen, und sie g’hört endlich wieder mir. Na, und so bin i ihr nach.“
    Bronstein warf einen flüchtigen Blick auf Pokorny. Der hatte alles Wesentliche aufgeschrieben, es würde nicht schwer sein, einen ansprechenden Bericht zu verfassen. Dann sah er wieder Bergmann an, und er wusste, sie standen ganz kurz vor dem Finale. Gleich würde er den Schluss dieser Tragödie erfahren. Der letzte Schwanengesang des Bösewichts, bevor der Vorhang fiel und das Drama zu Ende war.
    „Du bist ihr also nach. Und wie hast du sie in die Polsterei gebracht?“
    „Ich hab so tan, als hätt ich mich mit allem abgefunden. Ich hab ihr g’sagt, der Fritz schickert mich. Als Überraschung sozusagen. Er hätt noch was für sie im Betrieb, das sollt sie sich abholen. Was Wertvolles. Da is s’ natürlich hellhörig worden, und sie ist anstandslos mitgangen. Weit war’s ja ned, grad hundert Meter. Und dort hab i dann mein Taschenfeitl zogen und wollt ihr das G’sicht aufschlitz’n. Natürlich hab i des ned z’sammbracht. I hab sie ja liebg’habt. So furchtbar liebg’habt. I hätt ihr nie wehtun können. Aber sie is gleich hysterisch worden. Ob i jetzt vollkommen den Verstand verloren hätt, hat’s g’schrien. Und dann hat’s g’lacht. Hat g’meint, ich tramhapertesWürschtl könnt ned amal des. Ja, i wär eben kein Mann. Der Fritz hingegen, der sei das Muster von einem Mannsbild. Verhöhnt hat s’ mich. In einer Tour. I hab noch g’sagt, sie soll aufhören. Aber sie is immer lauter worden. Sie hat ma a Watschen geben. Und dann no ane. Dann hat s’ ma des Messer aus der Hand g’schlagen und hat g’meint, i kriegert s’ erst, wenn s’ tot is. Und g’lacht hat s’. G’lacht. In einer Tour g’lacht.“
    Bergmann war immer leiser geworden und schwieg nun endgültig.
    „Und weil sie nicht aufgehört hat, hast du deine Hände um ihren Hals gelegt, richtig?“ Bergmann nickte.
    „Ich wollt wirklich nur, dass s’ ruhig ist“, murmelte er. „Sie hat ma nix zutraut. Sie hat si, obwohl s’ scho ka Luft mehr kriegt hat, ned g’wehrt. Verstehen S’? Sie wollt ma zu verstehen geben, dass i’s eh ned z’sammbring’, sie zu erwürgen. Und auf einmal hat s’ g’hustet und g’röchelt. Die Augen sind ihr rauskommen, und sie hat die Händ g’hoben, wollt noch meine Arme wegdrücken. Aber dann is, ganz plötzlich, ihr Blick nach oben ausbrochen, und sie is zwischen meine Händ z’sammeng’sackt wie a Mehlsack. Na bitte, hab i ma denkt, jetzt is s’ ohnmächtig. I hab a Riechflascherl oder a Wasser oder so was g’sucht, aber nix G’scheit’s g’funden. Und dann hab i g’merkt, die rührt si überhaupt ned. Ich hab versucht, ihren Puls zu fühlen. Das hamma ja g’lernt bei der Armee, und auf einmal hab i g’wusst, die is ned ohnmächtig, die is hin!“
    Jetzt nickte Bronstein. So war das also gewesen.
    „I war völlig außer mir! Mein Gott, hab i ma denkt, was hast da ang’stellt! Und wie i ma das noch denk, hör ich auf einmal jemanden an der Tür herumfuchteln. I hab’s grad noch g’schafft, mi zu verstecken. Es war mein Vater. Der hat an mordstrum Schreck kriegt und is glei außeg’rennt. Na, und das hab i g’nutzt, um zu palessieren. I bin z’ruck ins Hotel, na, und den Rest von der G’schicht kennen S’ ja. So war des. Sie seh’nalso, i bin ka Mörder. Des war alles nur a blöde Verkettung von Umständen.“
    Bronstein war sich nicht sicher, ob das der Richter auch so sehen würde. Aber er glaubte Bergmann. Er hatte die Frau wahrscheinlich wirklich nicht umbringen wollen. Doch selbst wenn man auf Totschlag erkennen würde, war Bergmanns Leben ruiniert. Zehn Jahre würde er auf jeden Fall sitzen. Wenn er Pech hatte, sogar noch länger.
    Aber das war nicht Bronsteins Problem. Er blickte schlaftrunken auf die Uhr. Es war elf. Merkwürdig, wie schnell die Zeit vergangen war.
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