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Chuzpe: Roman (German Edition)

Chuzpe: Roman (German Edition)

Titel: Chuzpe: Roman (German Edition)
Autoren: Lily Brett
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zeitsparend«, hatte Edek geantwortet. »Niemand muß sie bedienen. Sie bewegt sich von allein. Diese Maschine weiß, wann sie ist fertig mit dem Zimmer.« Auf der Verpackung des Navigationsstaubsaugers stand, er entferne Schmutz besser als jedes traditionelle Putzgerät. Ruth fragte sich, ob mit dem Begriff des traditionellen Putzgeräts ein Besen gemeint sein könnte. Edek liebte es, denNavigationsstaubsauger mehrmals am Tag in Gang zu setzen. Ruth konnte das Geräusch nicht ausstehen, mit dem der Staubsauger in der Abstellkammer saugte und putzte.
    Edek half für sein Leben gern. In seinem Wunsch, zum Wohlergehen und Gedeihen von Rothwax Correspondence beizutragen, ließ er sich eine Menge Neuerungen einfallen. Er steckte den Stecker des Faxgeräts in die Telefonleitung der Firma. Bei seinem ersten Versuch legte er damit für zwei Tage alles lahm. Er schaltete den Spannungsschutz von zwei Computern aus. Er ordnete verschiedene Ablagesysteme neu und löschte ganz nebenbei eine Reihe Nachrichten auf dem Anrufbeantworter. Er unterbrach Ruth immer wieder in ihrer Arbeit. Am Vortag hatte er sie gefragt, ob ihnen schon die Büroklammern ausgingen, als ihr gerade eine gute Formulierung für die Glückwunschkarte eingefallen war, die sie als neuestes Produkt in ihren Katalog aufgenommen hatte. Sie wollte Edek nicht sagen, daß sie genug Büroklammern besaßen, um jedes der 48 000 Blatt Papier, die er gekauft hatte, mit den weiteren 48 000 Blatt zusammenzuklammern, die jeden Augenblick eintreffen mußten.
    »Nein, die Büroklammern gehen uns noch nicht aus«, sagte Ruth zu Edek. Die Formulierung, die ihr eingefallen war, hatte sich verflüchtigt. Sie hätte nach den Worten kommen sollen, die lauteten: »Herzlichen Glückwunsch! Besser, Sie geben ihn auf als sich selbst.«
    Das gehörte zu einer Kategorie von Glückwunschkarten, die Ruth unter der Rubrik »Frauen« eingeordnet hatte. Die Rubrik gehörte zu der größeren Rubrik »Beziehungen«, zu der weitere Unterkategorien zählten wie »Große Veränderungen«, »Nichts überstürzen« oder »Der richtige Weg«. Und Unterkategorien dieser Unterkategorien mit Bezeichnungen wie »Heirat«, »Scheidung«, »Chef«, »Kollegen«, »Partner«, »Arbeit«, »Entschluß«, »Konsequenzen«, »Verwandte«, »Haustiere«, »Nachbarn« und »Entscheidungen«.
    Daß ihr Vater sie am Denken hinderte, war nicht der beunruhigendste Begleitumstand der Erweiterung der Firma Rothwax Correspondence um die Person von Edek Rothwax. Eines Tages hatte Ruth den Fehler begangen, Edek zu bitten, eine Handvoll Briefe bei einem ihrer besonders wohlhabenden Kunden abzugeben. »Ist der Chef da?« hatte Edek den Assistenten des Chefs gefragt, als er mit den Briefen erschien. »Ich bin der Vater von Ruthie Rothwax«, hatte er hinzugefügt. »Ich bin der Vater von Ruthie Rothwax«, hatte er wiederholt, als der Kunde aus seinem Büro gekommen war. Nach ein paar Minuten Smalltalk hatte Edek den Kunden Mr. Bregman von Bregman Capital Ventures gefragt, ob er schon einmal in Israel gewesen sei. Mr. Bregman hatte verneint. Daraufhin hatte Edek ihm erklärt, daß die meisten australischen Juden Israel besucht hätten. In aller Ausführlichkeit hatte Edek erklärt, daß australische Juden pro Kopf mehr Geld für Israel spendeten als alle anderen Juden der Welt. Und daß ein großer Prozentsatz aller australischen Juden Israel besucht hatte. Aber nur ein sehr geringer Prozentsatz amerikanischer Juden. »Ich finde, daß alle Juden haben eine große Verantwortung, Israel zu besuchen«, hatten Edeks Schlußworte gelautet. All das hatte Ruth von Mr. Bregmans Assistenten erfahren, der angerufen hatte, um zu sagen, daß die Briefe gebracht worden seien. Der Anruf hatte Ruth überrascht. Die wenigsten Kunden riefen an, um das Eintreffen ihrer Briefe zu bestätigen. Mr. Bregman schon gar nicht.
    »Hat Ihr Vater die Briefe gebracht?« fragte Mr. Bregmans Assistent.
    »Ja«, sagte Ruth.
    »Ach so«, sagte der Assistent. »Wir dachten schon, es wäre vielleicht irgendein Betrüger.« Dann hatte Ruth alles übrige erfahren.
    »Ich werde ihn als Kunden verlieren«, sagte Ruth zu Edek,als er zurückkam. »Außerdem sind wir nicht dafür zuständig, die Welt zu verändern.«
    »Wofür denn sonst?« fragte Edek.
    »Wir tun unsere Arbeit«, sagte Ruth. »Wir verdienen Geld.«
    »Wir haben schon genug Geld«, erwiderte Edek.
    Darüber hatte Ruth keinen Streit vom Zaun brechen wollen. Sie hatte nicht darauf hinweisen wollen, daß
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