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Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr

Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr

Titel: Chronik der Vampire 04 - Nachtmahr
Autoren: Anne Rice
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besinnungsloser Grausamkeit. David, seine Zähne’ Siehst du diese Zähne nicht!
    Aber er ist neugierig wie ein Kind und schaut zu, wie die große rosarote Zunge seinen Hals berührt, die dünne Goldkette, die er am Halse trägt. Frißt er die Kette? Gütiger Gott, David! Die Zähne.
    Wieso ist meine Stimmt in mir verdorrt? Bin ich überhaupt in diesem Mangrovenwald? Mein Körper vibriert, als ich mühsam versuche, mich zu bewegen, dumpfes. Stöhnen regt sich hinter meinen geschlossenen Lippen, und das Stöhnen beansprucht jede Faser meines Wesens. David, gib acht’
    Und dann sehe ich, daß er das Knie gebeugt hat, und die lange, glänzende Büchse liegt an seiner Schulter, gespannt. Und die Riesenkatze ist nur noch wenige Meter von ihm entfernt. Sie kommt auf ihn zu. Näher und näher springt sie, bis der Knall des Gewehrs sie im Sprung erstarren läßt, und dann überschlägt sie sich, als das Gewehr noch einmal donnert, die gelben Augen rasend vor Wut, die Pranken gekreuzt, als sie sich im letzten Atemzug in die weiche Erde graben.
    Ich wache auf.
    Was bedeutet dieser Traum - daß mein sterblicher Freund in Gefahr ist? Oder einfach, daß seine genetische Uhr abgelaufen ist? Bei einem Mann von vierundsiebzig Jahren kann der Tod jeden Augenblick kommen.
    Denke ich je an David, ohne an den Tod zu denken?
    David, wo bist du?
    Seid auf der Hut, ich wittre, wittre Britenblut.
    »Ich will, daß Sie mich um das Geschenk der Finsternis bitten«, hatte ich zu ihm gesagt, als wir uns kennenlernten. »Vielleicht gebe ich es Ihnen nicht. Aber ich will, daß Sie mich darum bitten.«
    Er hatte es nie getan. Er würde es nie tun. Und jetzt liebte ich ihn. Ich besuchte ihn kurz nach dem Traum. Ich mußte. Aber ich konnte den Traum nicht vergessen, und vielleicht kam er doch mehr als einmal zu mir, während ich mich in den hellen Stunden des Tages im Tiefschlaf befand, wenn ich kalt wie ein Stein bin, hilflos im buchstäblichen Schütze der Dunkelheit.
    Gut, jetzt also haben Sie die Träume.
    Aber wenn Sie sich bitte noch einmal den Winterschnee in Frankreich vorstellen wollen, der sich um die Burgmauern häuft, und einen jungen Sterblichen, der auf seinem Heubett schläft, vom Feuer beschienen, die Jagdbunde neben sich. Das war zum Bild meines verlorenen Menschenlebens geworden, wahrheitsgetreuer als irgendeine Erinnerung an das Boulevardtheater in Paris, wo ich vor der Revolution als junger Schauspieler so glücklich gewesen war.
    Jetzt sind wir wirklich bereit anzufangen. Lassen Sie uns umblättern, ja?

 
     
Nachtmahr

Eins
    M iami - Stadt der Vampire. Dies ist South Beach im Sonnenuntergang, in der verschwenderischen Wärme des winterlosen Winters, sauber und blühend und durchflutet von elektrischem Licht; eine sanfte Brise weht von der ruhigen See herein, über den dunklen Rand von cremefarbenem Sand, und kühlt die breiten, glatten Gehwege, die voll sind von glücklichen sterblichen Kindern.
    Entzückend die Parade modischer junger Männer, die ihre hochgezüchteten Muskeln mit anrührender Vulgarität zur Schau stellen, die jungen Frauen, die so stolz sind auf ihre stromlinienförmigen und scheinbar geschlechtslosen modernen Gliedmaßen, inmitten des sanft drängenden Tosens von Verkehr und menschlichen Stimmen.
    Auf den Stuckfassaden alter Hotels, letztere einst die mittelmäßige Zuflucht der Alten, erstere inzwischen in schicken Pastellfarben wiedergeboren, prangten die neuen Namen in eleganter Neonschrift. Kerzen flackerten auf weißgedeckten Tischen in Restaurants mit offenen Veranden. Große, funkelnde Autos schoben sich langsam über den Boulevard, während Fahrer wie Fahrgäste die gleißende Menschenparade betrachteten und saumselige Fußgänger ihnen hier und da die Durchfahrt versperrten.
    Die großen weißen Wolken am fernen Horizont waren Berge unter einem unendlichen, sternenübersäten Himmel. Ach, es verschlug mir noch jedesmal den Atem, diesen südlichen Himmel zu sehen, erfüllt von azurnem Licht und schlaftrunkener, unablässiger Bewegung.
    Im Norden erhoben sich die Türme des neuen Miami Beach in all ihrer Pracht. Im Süden und im Westen waren es die schwindelerregenden stählernen Wolkenkratzer der City mit ihren hoch dahindonnernden Autobahnen und geschäftigen Yachtanlegeplätzen. Kleine Vergnügungsdampfer flitzten über das funkelnde Wasser von Myriaden von Stadtkanälen.
    In den stillen, makellosen Gärten von Coral Gables beleuchteten zahllose Laternen die hübschen, weitläufigen Villen mit
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