Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chimaeren

Chimaeren

Titel: Chimaeren
Autoren: Vampira VA
Vom Netzwerk:
retten konnte. Ihr Gerede hatte größte Verwirrung in ihm gestiftet, fast mehr noch als ihre Taten. Was meinte sie mit »uns unterstützen«? Was gab es in einem Zoo zu holen, das auch kaltblütigen Mord rechtfertigte?
    Schaudernd kehrte Craigs Blick zu dem unheimlichen Gebilde am Himmel zurück. Irgendwie gelangte er zu der Überzeugung, daß sie auch damit etwas zu tun hatte.
    »Wir ... wir müssen fliehen!« krächzte er und wies in Richtung des Unheils, das sich in geringer Entfernung zusammenbraute.
    Ihr verächtliches Lachen schien seinen Verdacht zu bestätigen. »Du kannst das Zeichen nicht lesen. Nur wenige Auserwählte können das. Los jetzt, pack mit an! Du nimmst ihn!« Sie zeigte auf Pier-ce. »Ich kümmere mich um das Milchgesicht ...«
    »Was haben Sie vor?«
    »Das wirst du sehen. Komm endlich, bevor ich die Geduld verliere!«
    Er sah, wie sie sich bückte und Sailor mit einer Hand am Kragen seiner Windjacke packte. Ohne die Waffe sinken zu lassen, schleifte sie den Körper über den gestampften Boden.
    Craig begriff, was sie vorhatte. Sie wollte ihre Opfer von der Bildfläche verschwinden lassen - und er sollte ihr dabei helfen. Danach würde er an der Reihe sein .
    »Nein!«
    Sie hielt inne. »Nein ...?«
    »Ich rühre keinen Finger. Erst soll ich Ihnen helfen, und dann werden Sie mich -«
    »Junge«, sagte sie gefährlich leise, »ich kann dich jederzeit umpusten. Sieh es ein, ich habe die Knarre. Und wer die Knarre hat, bestimmt!«
    Er schwieg. Und überlegte.
    Früher hatte er geglaubt, sich nicht vorm Tod zu fürchten. Aber die letzten Minuten hatten ihn vom Gegenteil überzeugt.
    »Wohin?«
    »Mir nach. Es ist gleich da vorne.«
    Craig blickte in die angegebene Richtung. Und erbleichte, als er das von einer Mauer umrandete Bassin der Alligatoren erkannte .
    Kurz darauf setzten sie, befreit von Ballast, ihren Weg fort.
    Selbst nach dieser neuerlichen grausamen Untat fühlte sich Craig auf einer Ebene, die ihn selbst entsetzte, zu der skrupellosen Fremden hingezogen.
    Und dieses abstruse Gefühl schwoll sogar noch an, mit jedem Schritt, den sie dem unheimlichen, schwärzer als die Nacht lohenden Fanal näherkamen .
    *
    Nach minutenlangem Marsch blieb Craig stehen. Hätte er jetzt einen Stein vom Boden aufgehoben, wäre es ihm möglich gewesen, ihn mühelos bis zu den Rändern des Phänomens zu schleudern, das aus der Nähe betrachtet noch unwirklicher, zugleich aber auch atemberaubender und furchteinflößender wirkte als aus der Ferne.
    »Was - ist das? Sagen Sie mir, was das ist! Sonst gehe nicht weiter, keinen Schritt!«
    »Es gibt noch andere Tiere hier, die hungrig sind«, versetzte die Frau. »Bist du mir wirklich brav bis hierher gefolgt, um nun doch noch alles aufs Spiel zu setzen? Wenn das dein erklärter Wille ist«, sie zuckte die Achseln, »dann beenden wir es hier.« Sie hob den Lauf der Pistole um eine Idee an.
    Craig begriff, daß sie nicht bluffte. Es hätte ihre Glaubwürdigkeit untergraben, und das würde diese Frau niemals zulassen.
    Rasch hob er die Hände. »Okay. Ich gebe mich geschlagen. Ich bin doch nur neugierig. Zeigen Sie mir, was hier vorgeht. Zeigen Sie mir, wer da los ist«, er nickte zum Gipfel des Felsens hinauf, an dem sie angelangt waren und aus dem der glitzernde Dorn aus wirbelnder Finsternis hervorzubrechen schien, »und wie es gemacht wird .«
    »Du glaubst, deswegen habe ich dich hergeführt?« Sie lachte. »Du hast keine Ahnung. Das Fanal dort oben zeigt den Wissenden lediglich, daß es geschieht. Aber es ist lediglich Beiwerk und wird nur so lange sichtbar sein, bis es vollbracht ist. Komm mit mir, und du wirst begreifen, was ich meine. Es wird dir gefallen.«
    Sie redet, als würden wir uns schon ewig kennen.
    Der Gedanke war Craig nicht unangenehm. Sein Körper schien die Gefahr, in der er schwebte, ohnehin zu ignorieren. Eine Erektion, wie er sie in dieser Heftigkeit selten erlebt hatte, quälte ihn, seit sie das Alligatoren-Bassin hinter sich gelassen hatten. Immer wieder hatte er verstohlen hinter sich geblickt und mehr als die Umrisse dieser Frau zu erkennen versucht.
    Ihr Alter schätzte er aufgrund seiner bisherigen Beobachtungen auf höchstens Mitte Zwanzig, nicht so viel älter also als er selbst. Sie hatte schmale Schultern und trug eine Kappe, die ihr Haar verbarg, so daß sich weder über die Farbe noch über die Länge ihrer Frisur etwas sagen ließ.
    Daß ihn dies überhaupt interessierte, war verblüffend. Er verstand es nicht. Nicht nach
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher