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Chimaeren

Chimaeren

Titel: Chimaeren
Autoren: Vampira VA
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gefertigt und mit weinrotem Teppich belegt - wie ein Anachronismus wirkte, ins graue Einerlei des übrigen Hauses gestellt zu haben.
    Aber nicht lange, dann begann auch der Korridor, der sich vor Li-lith erstreckte, sein Gesicht zu verändern.
    Aus dem Nichts erschien ein Läufer mit ägyptischen Motiven in kräftigen Naturfarben. Lilith setzte ihren Fuß darauf, und während sie langsam den Gang entlangschlenderte, bildete sich rauher Putz an den Wänden, und darauf . Gemälde.
    Die Bilder erweckten den Eindruck, gemalt worden zu sein, aber bei näherem Hinsehen wurde klar, daß kein noch so großer Meister in der Lage gewesen wäre, mit einem Pinsel diesen Realismus und diese Detailfreude wiederzugeben.
    Lilith blieb kurz vor einer leeren Wandfläche stehen. Ein Rahmen entstand, der sich im nächsten Augenblick mit . Glas füllte.
    Spiegelndem Glas.
    So konnte sie sich selbst betrachten, wie andere Menschen sie sahen. Normale Spiegel leugneten sie, aber dieser hier war ein Spiegel, der seine Idee aus ihr selbst nahm.
    Ein paarmal hatte sie in der Vergangenheit Gelegenheit gehabt, ihr Erscheinungsbild auf diese Weise zu prüfen. Stets waren es magische Spiegel gewesen, die ihr dies ermöglicht hatten.
    Sie forschte nach offensichtlichen Veränderungen, die die vergangenen zwei Jahre hinterlassen hatten.
    Aber ihr Antlitz war jung und attraktiv wie ehedem. Das einzige, was vielleicht anders geworden war, waren ihre Augen. Der Ausdruck darin.
    Nicht mehr groß und ewig fragend blickten sie in die Welt, sondern vom Vertrauen in das eigene Wissen und die eigenen Fähigkeiten beseelt.
    Nur die Sehnsucht war immer noch die alte. Die Sehnsucht nach einem Partner wie - - die, die sie verloren hatte.
    In ihrem zurückliegenden Leben.
    Sie blickte zur Seite und sah ein Bildnis von Beth. Von der Frau, mit der sie die tiefste und innigste Freundschaft überhaupt verbunden hatte. Und mit der sie immer noch etwas verband, weil ein Teil von Beth (ein sehr intimer Teil, ihre Erinnerungen und ihr Wissen nämlich) in ihr weiterexistierte, seit die Seele dieser unersetzlichen Freundin in Lilith eingegangen war. Beth MacKinsey als Individuum existierte nicht mehr. Aber sie hatte ihren Abdruck hinterlassen. Ihre Signatur.
    Lilith erinnerte sich, Gott darum gebeten zu haben, sich Beth anzunehmen.
    Ein Frösteln ließ sie zusammenschaudern.
    Sie war schuld daran, daß Beth gestorben war. Davon würde sie nichts und niemand je reinwaschen. Sühne für die Sünde, dachte sie. ER hat mich nicht von aller Last erlöst... zum Glück hat er mir mein Gefühl für Schuld gelassen .
    Links neben dem Bild, das Beth so wiedergab, wie Lilith sie in ihrer Erinnerung bewahrt hatte - ernst, aber voller Lebensmut und Optimismus -, hing das Porträt eines anderen Freundes: Duncan Luther.
    In dem Augenblick, als Lilith den Priesteranwärter ansah, der seine Freundschaft zu ihr ebenfalls mit dem Leben bezahlt hatte, wurde ihr bewußt, wie sehr sich Duncan und Darren ähnelten.
    Darren Secada, der sie drei Nächte zuvor aus dem Haus herausge-tragen hatte. Sie war quasi in seinen Armen aufgewacht, nachdem er in das Haus eingedrungen war, in dem vier Jahre zuvor sein Vater, Brian Secada, den Verstand verloren hatte .
    Nach einer Weile löste sie den Blick auch von Duncan. Weiter! gemahnte sie sich selbst zu etwas mehr Eile.
    Sie ging weiter durch das Haus - und hinterließ ihre Einfälle auf Schritt und Tritt.
    In dem Zimmer, in dem sie einst ihre zu Greisin gewordene Spielgefährtin Marsha getroffen hatte, schuf sie aus der Erinnerung heraus ein Inventar, das - ihrem Gefühl nach - fast identisch mit dem damaligen war.
    Auch Marsha hatte sie damit ein Denkmal gesetzt.
    Ich wußte gar nicht, daß ich so sentimental sein kann.
    Lächelnd füllte sie auch die anderen Räume mit Ideen.
    Im Erdgeschoß setzte sie ihr Wirken fort. Gänzlich zufrieden war sie am Ende jedoch nicht. Wahrscheinlich würde sie nie mehr aufhören, Korrekturen vorzunehmen, solange sie in diesem Haus lebte.
    Als letzte Tat, bevor sie ins Kaminzimmer zurückkehrte, schuf sie die Skulptur zweier Liebender, die sich eng, wie vor einem langen Abschied, in der Eingangshalle umschlangen und küßten, eine blonde Frau und einen Mann, dessen schottisches Erbe man unschwer erkennen konnte: Creanna und Sean Lancaster. Liliths Mutter, die bei der Geburt ihres einzigen Kindes gestorben war, und Liliths Vater, der durch Landrus Hand gemeuchelt wurde .
    Landru hat seine gerechte Strafe erhalten. Spät,
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