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Chill mal, Frau Freitag

Titel: Chill mal, Frau Freitag
Autoren: Frau Freitag
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darwinistisch gestaffelt. Die Alphatiere ganz hinten und die Deppen ziemlich nah bei mir.
    »So, Leute, schön dass ihr da seid. Ich habe mir was überlegt für diese Stunde. Ihr habt doch nächste Woche alle eure mündliche Prüfung in Englisch, und ich dachte mir, dass wir heute noch mal schnell dafür üben könnten.«
    Die Begeisterung hält sich in Grenzen.
    »Okay. Also, ich mache euch jetzt drei Vorschläge: Ihr könntet für die Englischprüfung üben, Hausaufgaben machen oder was ausmalen.«
    »Jaaa, ausmalen!«
    Ach, süß, wie diese späteren Stützen der Gesellschaft da sitzen und Kreise ausmalen – so ordentlich und so konzentriert. Vielleicht sollten sie aber trotzdem für die Englischprüfung lernen. Wenn die alle durchfallen, deshalb keinen Realschulabschluss bekommen, später keinen Ausbildungsplatz und keine Arbeit finden, dann bin ich schuld. Wer zahlt dann meine
    Rente?
    »Hat eigentlich schon jemand einen Ausbildungsplatz?«
    Schweigen.
    »Na, was wollt ihr denn werden?«
    »Medizinische Fachangestellte.« – »Einzelhandelskauffrau.« – »Autolackiererin.«
    »Und die Jungs? Was ist mit euch? Habt ihr schon was?«
    »Kann man eigentlich ’ne Ausbildung zum Zuhälter machen?«
    »Ich werd Dealer, da verdient man gut.«
    »Ich mach Frauenarzt oder Schönheitsoperation.«
    »Du meinst, Arzt für plastische Chirurgie.«
    »Ja, geil, kann ich Titten operieren.«
    Partytalk
    »Und was machst du so?«
    »Ich bin Lehrerin.«
    »Echt? Wo denn?«
    »An einer Gesamtschule.«
    »Häää, Gesamtschule? Was ist das denn? Ist das wie Gymnasium?«
    »Nö. Ist wie Gesamtschule. Da geht die gesamte Jugend hin. Mit Hauptschul-, Realschul- und Gymnasialempfehlungen. Da kann man auch das Abitur machen.«
    »Ach so. Und was machst du da den ganzen Tag so?«
    »Na, hauptsächlich bin ich Klassenlehrerin. Meine Klasse ist in der Neunten.«
    »Da sind die ja schon recht erwachsen. Das ist dann bestimmt nicht besonders anstrengend.«
    »Sollte man meinen, aber meine Klasse ist betreuungsintensiv.«
    »Was sind denn da so für Schüler in deiner Klasse?«
    »Ach, da gibt es alles Mögliche. Samira zum Beispiel: Die trägt zwar ein Kopftuch, benimmt sich aber meistens wie die Axt im Walde. Oder Christine, die stresst mit ihrer depressiven Art. Und wenn ich an Abdul oder Mehmet denke … ach, hör auf. Lass mal über was anderes reden.«
    »Nee, du, ich finde das total spannend. Da unterrichtest du also den ganzen Tag diese Klasse, oder wie?«
    »Zum Glück nicht. Ich gebe auch noch Fachunterricht in vielen anderen Klassen. Da mache ich Englisch und Kunst. In Englisch sind die Klassen in Kurse aufgeteilt.«
    »Häää, wie Kurse?«
    »Ja, Mann, so Kurse halt. Die Schlauen kommen in den einen und die nicht so Schlauen kommen in einen anderen Kurs. Nennt man äußere Differenzierung. Wenn du Glück hast, unterrichtest du den besseren Kurs. Da machen die noch mit. In den Hauptschulkursen ist das echt mühsam.«
    »Okay, verstehe. Aber dafür kannst du mittags nach Hause, und Otto-Normal-Mensch muss da noch arbeiten.«
    »Mittags, ha, ich komme immer erst nachmittags raus. Wir sind eine Ganztagsschule.«
    »Ganztagsschule? Was soll das denn sein.«
    »Oh Lord, wo bist du denn zur Schule gegangen. Ganztagsschule: Da gehen die Schüler den ganzen Tag zur Schule und die Lehrer eben auch. Ist für uns alle auch GANZ anstrengend.«
    »Krass, den ganzen Tag und immer Unterricht. Wie halten die Schüler das denn aus?«
    »Hallo!? Die haben doch nicht den ganzen Tag Unterricht. Die haben auch Pausen und Freizeit.«
    »Und da müsst ihr euch auch noch um die kümmern?«
    »Um Himmels willen, nein. Dafür gibt es die Erzieher. Die haben da so einen Freizeitbereich. Da können die Schüler Billard
    und Tischtennis spielen und über ihre Probleme quatschen.«
    »Klingt ja toll.«
    »Findest du?«
    »Hm.«
    »Ist eigentlich eine ganz normale Schule. Schüler, Lehrer, Unterricht … mal ne Pause hier, mal ein Schulfest da. Eigentlich wie überall. Ich glaube, an den Schulen hat sich gar nicht so viel verändert, wie man denkt. Ich jedenfalls mache noch genau den gleichen Frontalunterricht, den ich schon als Schülerin erlebt habe.«
    »Frontal – was?«
    »Ach, lass mal. Wollen wir mal was trinken? Guck, ich glaube, die haben das Buffet jetzt eröffnet. Ich hab voll Hunger.«
    Money and Bitches
    Unterricht in meiner Klasse. Englisch.
    »Money, money, money, must be funny – in a rich man’s world. Aha-ahaaa, all the things I could do
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