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Chasm City

Chasm City

Titel: Chasm City
Autoren: Alastair Reynolds
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Wänden hin.
    »Sky Haussmann ist hier wohl ein großes Thema?«
    »Du ahnst nicht, wie sehr, Mann.«
    Vasquez tat irgendetwas, und die Halbkugel erwachte zum Leben. Plötzlich war sie nicht mehr tief schwarz, sondern zeigte eine Hälfte von Sky’s Edge mit unendlich vielen Details. Vom Boden schob sich ein schwarzer Streifen nach oben wie die Nickhaut eines Eidechsenauges. Nueva Valparaiso war, ein Haufen funkelnder Lichter, durch eine Wolkenlücke an der Westküste der Halbinsel zu sehen.
    »Ja?«
    »Viele Leute sind hier ziemlich religiös. Wenn du nicht aufpasst, kannst du da leicht ins Fettnäpfchen treten. Du musst ihre Überzeugungen respektieren, Mann.«
    »Ich hab’ gehört, dass um Haussmann eine richtige Kirche entstanden ist, aber das ist so ziemlich alles, was ich weiß.« Wieder nickte ich zu den Wänden hin, und dabei fiel mir zum ersten Mal ein Delphinschädel mit seltsamen Höckern und Wülsten auf. »Was soll denn das sein? Hast du die Kneipe etwa einem Haussmann-Fanatiker abgekauft?«
    »Das nicht gerade, nein.«
    Dieterling hüstelte warnend. Ich achtete nicht darauf.
    »Was dann? Gehörst du womöglich selbst zu denen?«
    Vasquez drückte seine Zigarette aus und massierte sich die Nasenwurzel. Eine Falte erschien auf seiner kaum vorhandenen Stirn. »Was soll das, Mirabel? Willst du mich wütend machen, oder bist du nur ein Schwanzlutscher, der von nichts ‘ne Ahnung hat?«
    »Ich weiß nicht. Eigentlich wollte ich mich nur gepflegt unterhalten.«
    »Natürlich. Und dass du mich vorhin Red genannt hast, war auch nur reiner Zufall; ist dir einfach so rausgerutscht, wie?«
    »Ich dachte, das hätten wir geklärt?« Ich nippte an meinem Pisco. »Ich will dich wirklich nicht provozieren, Vasquez. Du bist aber auch ungewöhnlich empfindlich.«
    Er machte eine Bewegung, kaum sichtbar, nur mit einer Hand, ein kurzes Fingerschnippen.
    Dann ging alles so schnell, dass das Auge nicht folgen konnte; Metall blitzte auf, und von überall her drangen schwache Luftzüge in den Raum. Im Nachhinein rekonstruierte ich, dass sich ringsum – in den Wänden, im Fußboden und wahrscheinlich in der Decke – vielleicht ein Dutzend Irisblenden oder Schiebeklappen geöffnet hatten, aus denen sich Maschinen schoben.
    Es waren automatische Wachdrohnen, fliegende schwarze Kugeln, die nun in der Mitte aufklappten und jeweils drei bis vier Gewehrläufe auf Dieterling und mich richteten, während sie uns, summend wie Wespen, mit kaum gebändigter Angriffslust umkreisten.
    Sekundenlang wagte keiner von uns zu atmen. Schließlich war es Dieterling, der das Wort ergriff.
    »Wenn du wirklich sauer auf uns wärst, Vasquez, wären wir jetzt wahrscheinlich schon tot.«
    »Ganz richtig, Schlange, aber ihr wart hart an der Grenze.« Er hob die Stimme: »Sicherung ein«, und schnippte wie zuvor mit den Fingern. »Hast du das gesehen, Mann? Für dich war es die gleiche Bewegung wie vorhin, nicht? Aber für den Raum nicht. Hätte ich das System nicht abgeschaltet, dann hätte er sie als Befehl interpretiert, alle Anwesenden außer mir und die fetten Säcke in den Spielersesseln zu exekutieren.«
    »Nur gut, dass du so fleißig geübt hast«, sagte ich.
    »Lach du nur, Mirabel.« Er wiederholte die Bewegung. »Auch das sieht genauso aus, nicht wahr? Aber es war wieder ein anderer Befehl. Damit hätte ich die Drohnen angewiesen, euch nacheinander die Arme abzuschießen. Der Raum ist so programmiert, dass er mindestens zwölf weitere Gesten erkennt – und bei manchen Befehlen hätte ich hinterher eine saftige Rechnung fürs Saubermachen zu bezahlen.« Er zuckte die Achseln. »Habe ich mich jetzt klar genug ausgedrückt?«
    »Ich denke, wir haben verstanden.«
    »Na schön. Sicherung aus. Wachen abziehen.«
    Wieder die rasend schnellen Bewegungen; der Luftzug von allen Seiten. Die Maschinen lösten sich förmlich in Luft auf.
    »Beeindruckt?«, fragte Vasquez.
    »Nicht unbedingt«, sagte ich, obwohl mir der Schweiß auf der Stirn stand. »Ein anständiges Sicherheitssystem hätte jeden Besucher bereits durchleuchtet, bevor er so weit käme. Aber als Party-Gag vermutlich gar nicht schlecht.«
    »So könnte man sagen.« Vasquez sah mich amüsiert an. Er hatte offensichtlich erreicht, was er wollte, und war zufrieden.
    »Außerdem frage ich mich immer noch, warum du so empfindlich bist.«
    »An meiner Stelle wärst du noch ‘nen ganzen Tick empfindlicher.« Dann tat er etwas, das mich überraschte. Er zog die Hand aus der Tasche, ganz
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