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Charlottes Traumpferd | Gefahr auf dem Reiterhof

Charlottes Traumpferd | Gefahr auf dem Reiterhof

Titel: Charlottes Traumpferd | Gefahr auf dem Reiterhof
Autoren: Nele Neuhaus
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mittlerweile begriffen, dass er ein Hengst war. Heute hatte ich das Gefühl, auf einem Pulverfass zu sitzen.
    »Ist ja gut«, sagte ich zu meinem Pferd. »Gleich darfst du galoppieren.«
    Fritzi klappte ein Ohr nach hinten. Er verstand genau, was ich gesagt hatte.
    Wir hatten den Wald erreicht. Ein leichter Wind rauschte in den blattlosen Baumkronen und ich ließ Fritzi direkt hinter der ersten Wegkreuzung antraben, sonst wäre er wahrscheinlich auf der Stelle explodiert. Der Weg, den Melike und ich »die Autobahn« nannten, weil er schnurgerade quer durch den Wald verlief, war ideal für einen ersten stürmischen Galopp, denn er führte über ein paar Kilometer leicht bergauf. Fritzi schoss los wie eine Kanonenkugel, aber da ich darauf gefasstwar, brachte es mich nicht in Schwierigkeiten. Ich konnte mein Pferd nur zu gut verstehen, auch ich fand es öde, jeden Tag Dressurlektionen in der Reithalle zu üben.
    Nach ein paar Metern ging ich in den leichten Sitz, ließ die Zügel etwas länger und Fritzi streckte sich. Seine Hufe trommelten dumpf auf dem aufgeweichten Boden. Twix bellte irgendwo hinter uns empört, weil er mit seinen kurzen Beinchen nicht mithalten konnte. Papa würde sicher schimpfen, wenn er wüsste, dass ich Fritzi in Endgeschwindigkeit durch den Wald rasen ließ, aber der junge Hengst brauchte das hin und wieder, um zufrieden zu sein.
    Noch vor ein paar Wochen hatte es Papa herzlich wenig interessiert, was ich mit Fritzi so anstellte, aber das hatte sich mittlerweile geändert. Seitdem ich ihm gezeigt hatte, wie gut Fritzi springen konnte, setzte Papa wieder große Hoffnungen in meinen jungen Hengst, obwohl er die damals, nach Fritzis schwerem Unfall, aufgegeben hatte. Fritzi hatte nämlich trotz seiner jungen Jahre eine dramatische Lebensgeschichte.
    Er war an meinem achten Geburtstag geboren, und Papa hatte ihn mir am selben Tag geschenkt, weil mein Geburtstag durch dieses aufregende Erlebnis viel zu kurz gekommen war. Ungefähr ein Jahr später war Fritzi als Jährling mit seinen gleichaltrigen Pferdekumpel aus der Koppel ausgebrochen und irgendwie auf die Bundesstraße geraten, wo er von einem Auto angefahren worden war. Seine Verletzungen waren so schlimm gewesen, dass man angenommen hatte, er wäre nie mehr als Reitpferd zu gebrauchen. Aber mich hatte seine Lahmheitnicht gestört, ich hatte ihn gepflegt und später, als er alt genug war, auch geritten.
    Im vergangenen Sommer war von den Folgen des Unfalls nichts mehr zu sehen gewesen – Fritzi trabte und galoppierte, als wäre er nie verletzt gewesen. Meine beste Freundin Melike und ich waren fast jeden Tag zusammen ausgeritten und hatten dabei festgestellt, dass Fritzi super springen konnte. Wir hatten überlegt, wie wir es anstellen konnten, Fritzi zu trainieren, ohne dass mein Vater das mitbekam, und da war Tim ins Spiel gekommen. Beim Gedanken an ihn musste ich unwillkürlich lächeln. Nicht, dass ich eine Sekunde mal nicht an ihn dachte, aber meistens geschah das eher unbewusst. Tim Jungblut war zweifellos der tollste Junge der ganzen Welt mit der süßen Narbe an seiner Oberlippe und dem Grübchen im Kinn, doch er war leider auch der Sohn von Richard Jungblut, dem Feind meiner Eltern.
    Viel zu schnell hatten wir das Ende der Galoppstrecke erreicht und ich musste Fritzi durchparieren. Der junge Hengst gehorchte sofort. Der Galopp hatte ihm gutgetan, er schnaubte ein paarmal und ging danach entspannt im Schritt. Twix holte uns ein, seine Zunge hing fast bis auf den Boden, er war über und über mit Schlamm bedeckt, aber er war glücklich.
    Meine Gedanken wanderten zurück zum vergangenen Sommer, und ich schauderte bei der Erinnerung an die Zeit, in der sich mein ganzes Leben mit einem Schlag verändert hatte. Mein älterer Bruder Christian und ich waren auf dem Amselhof, der meinen Großeltern gehörte, in der Nähe des Städtchens Steinau, aufgewachsen; das Leben mit den Pferden war für uns eine Selbstverständlichkeit.Papa war einer der erfolgreichsten Springreiter ganz Deutschlands und beinahe jedes Wochenende auf irgendwelchen Turnieren unterwegs.
    Ganz plötzlich hatte meine heile Welt Risse bekommen, denn mein Opa hatte, ohne dass jemand davon wusste, hohe Schulden bei der Bank gemacht, und eines Tages war der Gerichtsvollzieher auf dem Amselhof aufgetaucht und hatte damit gedroht, der Hof müsse zwangsversteigert werden, sollte Opa seine Schulden nicht zurückbezahlen. Nach zähen Verhandlungen mit der Bank und dem Steuerberater
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