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Catriona

Catriona

Titel: Catriona
Autoren: Robert Louis Stevenson
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nächsten Sekunde klirrten ihre Klingen gegeneinander.
    Bei dem ersten Anprall des nackten Stahls war ich instinktiv zurückgefahren; das Nächste, was ich sah, war James, der so haarscharf einen Stoß parierte, daß ich glaubte, er wäre getötet; dann schoß es mir durch den Sinn, daß er ja der Vater des Mädchens und in gewissem Sinne auch mein eigener Vater wäre und ich zog gleichfalls blank und fuhr dazwischen, um sie zu trennen. »Zurück, Davie! Bist du toll? Verdammt noch einmal, zurück!« brüllte Alan. »Dein Blut komme über dein eigenes Haupt!« Zweimal schlug ich ihre Klingen nieder. Taumelnd flog ich gegen die Wand und stand im nächsten Augenblick wieder zwischen ihnen. Sie achteten meiner nicht und hieben gleich zwei Furien aufeinander ein. Ich weiß auch heute nicht, wie ich es vermied, von diesen beiden Rodomonten erstochen zu werden; die ganze Szene wirbelte um mich herum wie eine Szene aus einem Traum. Da erscholl mitten in dem Aufruhr von der Treppe her ein lauter Schrei und Catriona warf sich vor ihren Vater. Gleichzeitig traf mein Degen auf etwas Weiches. Er blieb gerötet in meiner Hand zurück. Ich sah Blut von des Mädchens Halstuch fließen und Übelkeit bemächtigte sich meiner. »Wollt Ihr ihn vor meinen Augen töten, vor mir, die ich trotz allem seine Tochter bin?« schrie sie.
    »Kind, ich bin mit ihm fertig«, sagte Alan, ging fort und setzte sich mit gekreuzten Armen, den bloßen Degen in der Hand, auf einen der Tische.
    Eine Weile stand sie keuchend mit weit aufgerissenen Augen vor ihm, dann wandte sie sich plötzlich gegen den anderen. »Fort!« redete sie ihn an, »trag deine Schande aus meinem Angesicht; laß mich bei reinen Menschen. Ich bin eine Tochter Alpins! Du Schmach der Söhne Alpins, aus meinen Augen!« Das wurde mit solcher Leidenschaft gesprochen, daß es mich aus dem Grauen vor meinem eigenen blutigen Schwert aufrüttelte. Die beiden standen einander gegenüber, sie mit dem roten Fleck auf ihrem Brusttuch, er weiß wie ein Laken. Ich kannte ihn gut – ich wußte, es mußte ihn bis ans Herz getroffen haben, aber er rettete sich in eine Bravolaune. »Gut,« sagte er, das Rapier einsteckend, aber immer noch scharf zu Alan hinüberäugend, »wenn also dieser kleine Zank vorbei ist, werde ich meinen Mantelsack holen –«
    »Hier kommt mir, außer durch meine Person, kein Mantelsack aus dem Haus«, erklärte Alan.
    »Sir!« rief James.
    »James More,« sagte Alan, »diese Dame, Eure Tochter, wird meinen Freund Davie heiraten, aus welchem Grund ich Euch gestatte, Euren Kadaver unversehrt zu entfernen. Aber ich rate Euch gut, sorgt, daß dieser Kadaver in Sicherheit gebracht wird, ehe es zu spät ist. Ihr werdet es kaum glauben, aber selbst meine Geduld hat ihre Grenzen.«
    »Verdammt, Sir, aber mein Geld befindet sich in jenem Mantelsack!«
    »Auch das tut mir sehr leid,« sagte Alan mit drolligem Gesichtsausdruck, »aber seht ihr, es gehört jetzt mir.« Dann fügte er mit größerem Ernst hinzu: »Laßt Euch raten, James More, verlaßt dieses Haus.« Einen Augenblick schien James im Stillen zu überlegen, aber es ist anzunehmen, daß er von Alans Fechtkunst eine hinreichende Probe gekostet hatte; denn plötzlich (mit dem Ausdruck eines Verdammten) zog er seinen Hut und verabschiedete sich von uns in corpore. Im nächsten Augenblick war er gegangen. Gleichzeitig schien der Bann von mir zu weichen.
    »Catriona!« rief ich, »ich war es – mein Degen! Oh, bist du schwer verletzt?«
    »Ich weiß es, Davie, und liebe dich ob des Schmerzes um so mehr, weil es geschah, um jenen schlechten Menschen, meinen Vater, zu verteidigen. Sieh!« sagte sie und zeigte mir eine blutende Schramme, »du hast jetzt einen Mann aus mir gemacht. Ich will die Wunde tragen wie ein alter Soldat.«
    Freude über die Geringfügigkeit ihrer Verletzung und Liebe zu ihrem tapferen Wesen rissen mich fort. Ich umarmte sie und küßte die Wunde.
    »Ja, soll denn ich, der ich mir keinen Kuß entgehen lasse, ganz leer ausgehen?« fragte Alan, und mich beiseite schiebend, faßte er Catriona an beiden Schultern. »Kind,« sagte er, »du bist eine echte Tochter Alpins. Nach allem, was wir wissen, war er ein Prachtkerl, und er kann stolz auf dich sein. Sollte ich mich je verheiraten, werde ich Bein von deinem Bein zur Mutter meiner Söhne wählen. Und ich trage eines Königs Namen und rede die Wahrheit.« Das sagte er mit heißer und ernster Bewunderung, die für das Mädchen und indirekt auch für mich
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