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Catriona

Catriona

Titel: Catriona
Autoren: Robert Louis Stevenson
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betrifft deinen Vater und seine Ehre, Liebste, die wir beide anzweifeln. Ohne Frage ist der Ort hier nicht geheuer, zumal das englische Kriegsschiff sich hier befindet, und dein Vater davon weiß und jener Offizier hier an Land blieb. Er wird auch nicht allein geblieben sein; andere werden ihn begleiten; wahrscheinlich wird man uns im Augenblick sogar beobachten. Ja, kein Zweifel, der Brief muß geöffnet werden; aber ich meine, weder von dir noch von mir.« So weit war ich gekommen, im Geiste recht niedergedrückt durch das Bewußtsein der Gefahr und verborgener Feinde, als ich Alan von seiner Verfolgung James Mores allein zwischen den Dünen zurückkehren sah. Er trug selbstverständlich Uniform und sah vorzüglich aus; aber ich konnte einen Schauder nicht unterdrücken, als ich mir überlegte, wie wenig jener Rock ihn schützen würde, wenn sie ihn fingen, auf eine Jolle brachten und an Bord des »Seepferds« schleppten, ihn, den Deserteur und Rebellen und erst kürzlich verurteilten Mörder.
    »Da,« sagte ich, »da ist der Mann, der das beste Recht hat, ihn zu öffnen oder nicht – wie er es für richtig hält.« Dann begann ich, ihn mit Namen zu rufen, und wir beide erhoben uns, um ihm den Weg zu zeigen.
    »Wenn es so ist – wenn neue Schande über mich kommt – kannst du es ertragen?« forschte sie und sah mich mit brennenden Augen an.
    »Eine ähnliche Frage ward mir vorgelegt, als ich dich erst einmal gesehen hatte«, entgegnete ich.
    »Weißt du, was ich da antwortete? Wenn ich dich wirklich so möchte, wie ich glaubte – und oh! ich mag dich jetzt noch viel, viel mehr! – dann würde ich dich auch vom Fuße des Galgens weg heiraten.« Das Blut schoß ihr ins Gesicht; sie trat dicht zu mir und schmiegte sich an mich, meine Hand fest in der ihren: so erwarteten wir Alan. Er kam mit einem seiner seltsamen Lächeln. »Was hab ich dir gesagt, David?« fragte er.
    »Alles zu seiner Zeit, Alan«, antwortete ich, »und die Zeit hier drängt. Wie ist es dir ergangen? Du kannst vor unserer Freundin offen reden.«
    »Der Weg war umsonst«, erwiderte er.
    »Ich glaube, dann haben wir mehr Glück gehabt, zum mindesten liegt hier allerlei vor, über das du richten magst. Hast du das gesehen?« fuhr ich fort, auf das Schiff deutend. »Das ist das ›Seepferd‹, Kapitän Palliser.« »Ich sollte es auch kennen«, meinte Alan. »Das Schiff hat mir damals, als es im Forth stationiert war, genug zu schaffen gemacht. Aber was fehlt dem Mann, daß er so dicht an die Küste herankommt?«
    »Ich will dir's sagen, weshalb er ursprünglich kam«, entgegnete ich. »Er kam, um James More diesen Brief zu bringen. Weshalb er noch hier weilt, nun da er ihn abgegeben hat, worum es sich handelt, weswegen ein Offizier dort in den Dünen versteckt ist und ob er sich wohl allein oder nicht allein befindet – das überlasse ich dir zu beurteilen.«
    »Einen Brief an James More?«
    »Jawohl.«
    »Nun, ich kann dir noch mehr verraten,« sagte Alan. »Gestern nacht, als du fest eingeschlafen warst, hörte ich den Mann mit jemanden auf französisch verhandeln; dann wurde die Tür des Gasthofes geöffnet und wieder geschlossen.« »Alan,« rief ich, »du hast die ganze Nacht geschlafen. Das kann ich hier bezeugen.« »Ja, aber ich würde Alan selbst im Schlafe nicht trauen!« meinte er. »Doch die Sache sieht bös aus. Laß mich den Brief sehen.«
    Ich gab ihn ihm. »Catriona,« sagte er, »Ihr müßt mich entschuldigen, mein Kind; aber hier stehen nicht mehr und nicht weniger als meine edlen Knochen auf dem Spiel; ich werde das Siegel erbrechen müssen.«
    »Es ist mein Wunsch«, sagte Catriona.
    Er öffnete das Schreiben, durchflog es und fuhr mit der Hand durch die Luft. »Der stinkende Lump«, sagte er und stopfte das Papier in die Tasche. »Kommt, wir wollen unsere Sachen packen. Der Ort hier ist für mich der Tod.« Und er begann nach dem Gasthaus auszuschreiten. Catriona war die erste, zu sprechen. »Er hat Euch verkauft?« fragte sie. »Verkauft, mein Kind. Aber dank Eurer und Davies Hilfe mache ich ihm noch einen Strich durch die Rechnung. Säße ich nur erst auf meinem Gaul!« fügte er hinzu. »Catriona muß uns begleiten«, sagte ich. »Sie darf mit diesem Manne nichts mehr zu schaffen haben. Sie und ich wollen uns heiraten.« Bei diesen Worten preßte sie meine Hand an ihre Seite.
    »Seid ihr endlich so weit?« fragte Alan, über die Schulter blickend. »Die beste Tagesarbeit, die Ihr beide im Leben bisher geleistet habt. Und
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