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Casteel-Saga 02 - Schwarzer Engel

Casteel-Saga 02 - Schwarzer Engel

Titel: Casteel-Saga 02 - Schwarzer Engel
Autoren: V.C. Andrews
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Mantel ausgezogen hatte, begann ich mich drinnen im Haus langsam im Kreis zu drehen, atemlos, mit weit aufgerissenen Augen. Ich starrte und starrte, bis ich viel zu spät begriff, wie ungezogen das war, wie provinziell und linkisch, von Dingen beeindruckt zu sein, die anderen selbstverständlich waren. Mißbilligend blickte mich Jillian an, Tony dagegen mit Vergnügen. »Ist es denn das, was du dir vorgestellt hast?« fragte er.
    Ja, und es war mehr als ich zu hoffen gewagt hatte! Trotzdem erkannte ich, was es wirklich war: Der Gegenstand meiner Sehnsucht in den Bergen, mein Traumbild.
    »Heaven Schatz, ich muß mich beeilen«, fiel es Jillian wieder ein, und auf einmal klang sie ausgesprochen fröhlich. »Sieh dich um, so lange du willst, und fühle dich im Schloß des Spielzeugkönigs ganz wie zu Hause. Schade, daß ich nicht dableiben kann, um deine ersten Eindrücke zu beobachten, aber ich muß mich beeilen, mein Schläfchen zu halten. Tony, führe doch Heaven Schatz durch dein geliebtes Farthy und dann zeige ihr ihre Räume.« Charmant und bittend lächelte sie mich an und machte damit einiges wieder gut, denn schon wieder ließ sie mich im Stich. »Liebes, verzeih mir meine Eile für meine eigenen Bedürfnisse. Aber später wirst du noch so viel von mir sehen, daß dich meine immer gleiche Art noch langweilen wird. Außerdem wirst du entdecken, daß Tony zehnmal so interessant ist – und er braucht nie ein Schläfchen, seine Energie ist grenzenlos. Er hat auch keine Gesundheits- oder Schönheitsvorschriften und ist im Nu angezogen.« Sie sah ihn äußerst merkwürdig an, irritiert und neidisch zugleich. »Irgend jemand dort droben muß ihn gern haben.« Sie wirkte jetzt heiter, als ob Schläfchen, Schönheitsregeln und die Aussicht auf eine Party ihr mehr Unterhaltung bieten könnten als meine Person. Elegant und eilig, ohne ein einziges Mal umzuschauen, trippelte sie die Treppe hinauf. Und ich stand völlig verschüchtert da, starrte hinauf.
    »Komm, Heaven«, meinte Tony und bot mir seinen Arm, »wir werden noch die große Besichtigungstour machen, bevor wir in deine Räume kommen. Oder mußt du dich hoch frisch machen, oder so etwas?«
    Ein bis zwei Sekunden dauerte es, bis ich begriffen hatte, was er meinte, dann wurde ich rot. »Nein, danke, alles in Ordnung.«
    »Prima, dann bleibt uns mehr Zeit füreinander.« An seiner Seite betrachtete ich das riesige Wohnzimmer mit dem gewaltigen Flügel. Sein Bruder Troy würde bei seinen Besuchen darauf spielen, erzählte er. »… obwohl ich bedauerlicherweise zugeben muß, daß Troy nur wenig Gelegenheit findet, Farthy zu besuchen. Er und meine Frau sind nicht unbedingt Freunde, aber auch keine direkten Feinde. Über kurz oder lang wirst du ihm begegnen.«
    »Wo ist er denn jetzt?« fragte ich, mehr aus Höflichkeit als aus irgendwelchen anderen Gründen, denn die Räume mit ihren Marmorwänden und -böden beanspruchten den größten Teil meiner Aufmerksamkeit. »Ich weiß es wirklich nicht. Troy kommt und geht. Er ist hochintelligent, war es schon immer. Mit achtzehn schloß er das College ab, und seither klappert er den Globus ab.«
    College-Abschluß mit achtzehn? Was für ein Gehirn besaß dieser Troy? Hier stand ich mit siebzehn und hatte noch ein Jahr High School vor mir. Und unerwartet stieg in mir eine starke Abneigung gegen diesen Troy mit all seinen Begabungen hoch. Deshalb wollte ich auch nicht mehr über ihn erfahren und hoffte, ich würde nie jemandem so Begabtem begegnen, in dessen Gegenwart ich mir wie ein Dummchen vorkäme – obwohl ich mich doch immer für eine gute Schülerin gehalten hatte. »Troy ist viel jünger als ich«, sagte Tony, während er mich ansah. »Als kleiner Junge war er so oft krank, daß er mir wie ein ziemlich schwerer Mühlstein am Hals zu hängen schien. Denn nachdem unsere Mutter und später auch unser Vater gestorben waren, betrachtete mich Troy mehr als Vater und nicht wie seinen älteren Bruder.«
    »Wer hat denn die Wände bemalt?« fragte ich, um das Gesprächsthema von seinem Bruder abzulenken. Wände und Decke des Musikzimmers bedeckten außergewöhnliche Fresken mit Märchenszenen: Durch schattige Wälder flirrte das Sonnenlicht, verschlungene Pfade führten zu verhangenen Bergketten, gekrönt von Burgen. Darüber spannte sich ein Deckengewölbe, und ich mußte den Kopf in den Nacken legen, um nach oben sehen zu können. Wie wunderbar einen gemalten Himmel über sich zu haben, mit fliegenden Vögeln, einem Mann
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