Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser

Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser

Titel: Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser
Autoren: V.C. Andrews
Vom Netzwerk:
einbrachte. Dabei ängstigte sie sich halb zu Tode, daß man ihn dabei erwischen könnte und er im Gefängnis landen würde – die professionellen Brenner hatten nun einmal kein Verständnis für die zusätzliche Konkurrenz. Er blieb oft ein, zwei Wochen lang verschwunden. Wenn er fort war, ließ Sarah ihre Haare fettig werden und kochte lieblos und schlecht. Kaum aber trat Vater flüchtig lächelnd durch die Tür und warf ihr nur ein paar achtlose Worte hin, so kam Leben in sie; sofort wusch sie sich und zog sich ihre besten Sachen an – sie hatte die Auswahl zwischen drei nicht allzugut erhaltenen Kleidern. Ihr sehnlichster Wunsch, wenn Vater nach Hause kam, war, sich schminken und ein grünes, zu ihren Augen passendes Kleid tragen zu können. Es war leicht zu sehen, daß Sarah all ihre Träume auf den Tag gerichtet hatte, an dem sie sich das leisten konnte, und Vater sie dann endlich so lieben würde wie die arme Tote, die meine Mutter gewesen war.
    Unsere Hütte stand hoch oben in den Bergen und war aus uraltem Holz gebaut. Entweder drang Kälte oder Hitze durch die zahlreichen Astlöcher. Die Hütte war niemals mit Farbe in Berührung gekommen und würde es wahrscheinlich auch nie. Sie hatte ein Blechdach, das schon lange vor meiner Geburt verrostet gewesen war. Wie abertausend Tränen war das Wasser über das helle Holz gelaufen und hatte es dunkel gefärbt. Wir sammelten das Wasser in Regenfässern, um es zum Baden und einmal in der Woche zum Haarewaschen zu gebrauchen, wozu wir es dann auf dem alten, gußeisernen Ofen mit dem Spitznamen »Old Smokey« erhitzten. Old Smokey qualmte und spie so viel beißenden Rauch, daß wir ständig husteten und tränende Augen hatten, wenn wir uns drinnen aufhielten und Tür und Fenster geschlossen waren.
    Die Hütte bestand aus zwei Räumen, die durch einen zerschlissenen, ehemals roten Vorhang voneinander getrennt waren, der somit eine Art Tür zum »Schlafzimmer« bildete. Unser Ofen diente nicht allein dazu, die Hütte warm zu halten, sondern auch zum Kochen, Backen und – wie gesagt – zum Erhitzen des Badewassers. Einmal in der Woche, vor dem Gottesdienst, wurde gebadet und Haare gewaschen.
    Neben Old Smokey stand ein alter Küchenschrank, der Dosen für Mehl, Zucker, Kaffee und Tee enthielt. Allerdings konnten wir uns überhaupt keinen Zucker, Kaffee oder Tee leisten, doch verbrauchten wir Unmengen von Schweinespeck, um Griebenschmalz zu machen, das wir mit unserem Brot aßen. Hatten wir großes Glück, dann fanden wir reichlich Honig und wilde Beeren im Wald. Und in besonders gesegneten Zeiten besaßen wir eine Kuh, die uns Milch gab, und es waren eigentlich immer Hühner und Gänse vorhanden, die uns mit Eiern und am Sonntag mit Fleisch versorgten. Die Schweine liefen frei herum, drängten sich nachts unter unserem Haus eng aneinander und hielten uns mit ihren Alpträumen wach. Vaters Jagdhunde hatten die Hütte zu ihrem Revier erkoren, aber wie alle Bergbewohner wußten wir, wie wichtig Hunde nun mal waren, wenn es um einen beständigen Nachschub von Fleisch und Geflügel ging.
    Was wir als unser Schlafzimmer bezeichneten, bestand aus einem großen Messingbett mit einer durchgelegenen, schmuddeligen Matratze. Wenn sich darauf etwas abspielte, quietschten und krachten die Federn. Jedes Geräusch hörte man peinlich laut und nahe; der Vorhang trug wenig dazu bei, irgendeinen Laut zu dämpfen.
    In der Stadt und in der Schule verhöhnte man uns als Gesindel und Lumpenpack, »Hillbillies« war noch die freundlichste Bezeichnung. Unter allen Bewohnern der Berghütten gab es keine einzige Familie, die so verachtet wurde wie unsere: die Casteels – der Abschaum der Gesellschaft. Wir waren schließlich auch eine Familie, von deren Söhnen fünf wegen kleinerer und größerer Straftaten im Gefängnis gesessen hatten. Kein Wunder, daß Großmutter nachts weinte und all ihre Erwartungen auf Luke Casteel setzte, in der Hoffnung, daß er eines schönen Tages der Welt beweisen würde, daß die Casteels nicht zum allerärgsten Lumpenpack gehörten.
    Also, ich habe gehört – obwohl ich es kaum glauben kann –, daß es tatsächlich Kinder gibt, die die Schule hassen. Tom und ich hingegen konnten es kaum erwarten, bis es endlich wieder Montag war und wir unserer beengten Hütte mit ihren zwei übelriechenden, engen Räumen und dem stinkenden Abort im Hof entkommen konnten.
    Unsere Schule war ein rotes Ziegelgebäude und stand im Herzen von Winnerrow, dem nächstgelegenen Dorf
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher