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Cash

Cash

Titel: Cash
Autoren: Richard Price
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Hautfarbe, sondern Unschuld. Alle waren ihm gleich wichtig, na ja, manche vielleicht noch wichtiger, aber selbst wenn er hier den bellenden Hund spielte, der nicht mal sich selbst biss, war Yolonda in diesem Fall die große Fürsprecherin, weil sie von hier kam, weil sie hier glänzen wollte, weil es ihr hier am leichtesten fiel, den Funken echten Mitgefühls zu zünden, der sie drinnen so weit brachte.
    Als er aufblickte, sah er einen Jungen mit Marshmallow-T-Shirt und Stoppelhaar ähnlich dem des Opfers um die Ecke eines chinesischen Restaurants auf der anderes Straßenseite nach dem Vorfall lugen. Matty zeigte mit dem Finger auf ihn: Dableiben, aber schon war er weg. Erst wollte er hinter ihm her, aber wie Iacone schon sagte, wo sollte er schon hingehen. Als er sich wieder zu Yolonda umdrehte, hockte sie in der Absperrung auf einem Knie neben der Leiche und sah sie leicht verwirrt an, als könnte sie den Jungen wiederbeleben, wenn sie sich nur daran erinnerte, wie.
    »Weißt du was?«, fragte sie. »Den Jungen kannte ich auch. Nicht so, dass wir uns gegrüßt hätten, aber er hat bei meiner Großmutter im Haus gewohnt. Ich hab ihn immer im Fahrstuhl gesehen.«
    »Ehrlich? War er in Ordnung?«
    »Glaube, er hat ein bisschen Gras gedealt, aber schlecht war der nicht.« Noch immer auf einem Knie, untersuchte sie wie eine Spurensucherin die schmierigen Cahans-Backsteine, eine Hand über dem Mund. »Feine Freunde, hm?«, sagte sie trocken. »Abwarten.«
    Und dann sah sie Matty an mit diesem Blick.
    Ich bin dran.
     
     

9 Wird schon schiefgehen

    Das Erdgeschoss des Stiener Rialto Hotels in Atlantic City war endlos. Er brauchte fünf Minuten vom Eingang bis zur abgesperrten Baustelle, dem New-York-Themenpark, der unter dem Casinodach entstand. Nur durch eine bekleckste Plastikfolie vom rot-goldenen Feld der Spielautomaten getrennt, schienen das permanente Kreischen der Bandsägen und das Stöhnen der Betonmischer, welch Überraschung, die Konzentration der Spieler, die dort großäugig saßen und sich an silbergefüllte Milchshakebecher klammerten, in keiner Weise zu beeinträchtigen.
    Das Berkmann-Schild hing bereits, aber das Restaurant, halb so groß wie das Original, war noch in Arbeit, ein einziges Gehämmere und Geheule. Fünf Meter weiter wurden Trompeiceil-Mietshaus-Leinwände hochgezogen und an ihre Holzgerüste genagelt; einige Fenster waren mit Katzen oder Schusterpalmen geschmückt, andere mit Molly Goldbergs, die feisten Oberarme auf Kissen gebettet. Um die Ecke von Yidville lag Times Square Land, ganz Neon-Girlie-Show-Schilder, Kung-Fu-Film-Zelte und ein funktionierendes Automatenrestaurant. Und wiederum um die Ecke Punktown, eine langgestreckte, posterbepflasterte, graffitibeschmierte Attrappe von St. Marks Place um 1977, Tattoo-Studios, Schallplattenläden und ein Rock Club/Restaurant, das CBGB.
    Aus Erics Sicht versuchte Steele, ihn in die Hölle zu verfrachten.
    Dann entdeckte er ein bekanntes Gesicht, Sarah Bowen, die mit den sieben Zwergen. Sie diskutierte mit einem Mann in feinem Zwirn und Schutzhelm vor einem fast fertigen Nachbau des Gem Spa St. Marks Place Ecke Second Avenue. Eric wartete, bis die beiden fertig waren, und ging auf sie zu. Zunächst konnte sie ihn nicht einordnen, das lag an der Umgebung, jedenfalls behauptete sie das, und er glaubte ihr. Sie hatte soeben die Anstellung als Hostess im CBGB ergattert. »Dieses Arschloch will, dass ich als Teil meines Outfits überall Sicherheitsnadeln reinstecke, ist das zu glauben? Sicherheitsnadeln hatte ich zuletzt in meinen Windeln.«
    »Ich hingegen muss wohl eine Melone und Ärmelschoner tragen.«
    Sie gingen auf die Strandpromenade hinaus, wo die Möwen Zigarettenkippen aßen, die Endlosspieler wie Vampire mit Sonnenstich herumtorkelten und der Sand aussah wie Katzenstreu.
    »Ich sehe das so«, sagte sie. »Ich verdiene hier mehr, spare hier mehr, und in zwei, drei Jahren habe ich endlich genug beisammen, um nach Ottawa zurückzugehen und meinen Massagesalon aufzumachen.«
    »Bestens.« Eric entspannte sich allmählich.
    »Und wann ziehst du hier runter?« Sie bot ihm eine Zigarette an.
    »Ich weiß noch nicht mal, ob überhaupt.«
    Sie musterte ihn lange nachdenklich und wandte sich dann wieder dem Meer zu. »Solltest du aber.«
    «Ach ja?«
    Sie zuckte mit den Schultern, sah weiter aufs Wasser. »Erinnerst du dich an uns beide vor etwa einem Jahr, anderthalb?«, fragte er.
    »Ich hab Glück, wenn ich mich noch an mich selbst damals
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