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Cash

Cash

Titel: Cash
Autoren: Richard Price
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geheim.«
    Das hatte sie sich gedacht. Yolonda war in zu vielen Räumen mit zu vielen jungen Leuten wie Tristan gewesen, um nicht diesen unheimlieh stieren Blick zu erkennen, abgewandt und zugleich glühend. »Wie alt warst du da?«
    »Keine Ahnung. Fünf. Sechs.«
    »Herrgott.« Sie klang, als würde sie gleich weinen. »Und wer hat dir das angetan?«
    »Hab ich doch grad erzählt, ich mir selber.«
    «Davon rede ich nicht, Tristan.«
    «Keiner hat mir was getan.«
    Yolonda sah ihn an, das Kinn auf die Faustknöchel gestützt. »Was getan«, sagte er.
    »War es das Arschloch, bei dem du wohnst?«
    »Nein.« Dann: »Ich sag's nicht.« Dann: »Aber er nicht.«
    »Okay.«
    »Und ihnen hab ich nie was getan.«
    «Den Kleinen.«
    »Ja.« Er sah wieder weg. »Hätte ich können, wenn ich gewollt hätte.«
    »Weil du Gut und Böse unterscheiden kannst.« Noch ein Schulterzucken.
    »Kannst du.« Sie berührte seinen Arm. »Und dafür, was du durchgemacht hast? Bist du stark. Stärker, als irgendjemand weiß.« Sie spürte, wie sich seine Sehnen unter ihren Fingern entspannten. »Wenn wir jemals Freunde werden, du und ich?« Sie wartete, bis er sie ansah. »Erzähl ich dir ein paar Geheimnisse, von denen dir die Haare ausfallen.«
    »Was denn?«
    »Mein Vater war im Knast, aber nicht wegen Drogen.«
    «Was dann.«
    »Sieh mich an und antworte dir selbst.«
    Er sah sie nicht an, konnte sie nicht ansehen, wenn er befürchtete, seine eigene Erfahrung dort zu finden. Auch gut, denn auf diese Art Lügen war sie nicht allzu scharf. Solidarisch drückte sie seine Hand. »Also, Tristan, dieser bianco in der Eldridge Street, kanntest du den schon vorher?«
     
    »Vor was.«
    »Der Nacht. Dem Vorfall.«
    «Nein.«
    »Was hat er dir getan?«
    «Nichts.«
    »Nichts?« Sie beugte sich vor und flüsterte. »Ich versuche, dir zu helfen.«
    Er starrte auf ihre Hand. »Irgendwas muss er doch getan haben.«
    «Mich erschreckt.«
    «Wie erschreckt.«
    »Er ist irgendwie, so auf mich zu, und ich hab gezuckt. Paff.«
    «Paff. Das heißt, du hast auf ihn geschossen?«
    «Keine Ahnung. Scheint so.«
    »Sag's mir einfach. Sag mir, was du getan hast. Du fühlst dich dann besser.«
    »Ich hab ihn erschossen.«
    »Okay.« Yolonda nickte, tätschelte ihm die Hand. »Gut.« Tristan atmete aus wie angestochen, und langsam fiel er in sich zusammen.
    »Ich vermisse meine Oma«, sagte er nach einer Weile.
     

8  17 plus 25 gleich 32

    Im Chinaman's Chance saßen sie einander erneut im ansonsten geschlossenen Club gegenüber, der Geruch von Clorox waberte aus dem Vorderraum zu ihnen.
    »Ich will seinen Namen nicht wissen.« Billys Stimme zitterte.
    »Verstehe ich«, sagte Matty und dachte: Dann ziehen Sie am besten nach Grönland.
    »Ich will seinen Namen nicht in meinem Kopf haben.«
    »Nein.«
    »Ich werde nicht darum bitten, ihn zu sehen«, sagte Billy. »Das wäre auch keine gute Idee.«
    «Er hat gestanden?«
    »Ja.« Matty nippte an seinem dritten Drink. Steckte sich eine Zigarette an. »Außerdem haben wir seinen Partner und die Waffe.«
    »Warum?« Billy grimassierte, als blickte er in die Sonne.
    »Warum er es getan hat?« Matty verbannte einen Tabakkrümel von der Zungenspitze. »Klingt nach einem aus dem Ruder gelaufenen Raubüberfall. Wie wir von Anfang an vermutet hatten.«
    Billy wandte sich abrupt ab, um einen anarchischen Tränenschub zu verbergen, und drehte sich dann wieder um. »Tut es ihm leid?«
    »Ja«, log Matty, »es tut ihm leid.«
    Eine Weile saßen sie still und lauschten den Chi-Lites aus der Jukebox im Vorderzimmer, mit denen sich der Gelegenheitsobdachlose dort beim Bodenfeudeln amüsierte.
    »Und was passiert jetzt mit ihm?«, fragte Billy.
    »Er ist siebzehn, wird also als Jugendlicher angeklagt, aber er wird wie ein Großer behandelt. Der Staatsanwalt wird hart durchgreifen, Mord bei bewaffnetem Raubüberfall, fünfundzwanzig Jahre automatisch.«
    »Hm.« Billy atmete aus.
    »Folgendermaßen.« Matty beugte sich vor. »Der Staatsanwalt führt eine Wertungsliste, okay? Also, der Junge kommt aus den Siedlungen, keiner unterstützt ihn, weder Familie noch sonstwer. Der Mann weiß also, dass der Junge es mit einem Pflichtverteidiger zu tun kriegt und das Ganze mehr oder weniger ein Heimspiel wird. Dieser Anwalt wird dann das Alter des Jungen anführen, keine Vorstrafen undsoweiter undsofort, aber der Staatsanwalt weiß, dass er gute Karten hat, und reizt die Fünfundzwanzig voll aus. Problem ist, dafür muss er vor Gericht,
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