Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cash Out (German Edition)

Cash Out (German Edition)

Titel: Cash Out (German Edition)
Autoren: Greg Bardsley
Vom Netzwerk:
vielleicht würde es dir dann jetzt nicht so miserabel gehen. Was meinst du?
    «Aber ich hab’s doch noch, Süße. Ich habe immer noch das Band. Unsere Million ist sicher.»
    Kannst wirklich stolz auf dich sein
, sagt sie und legt auf.
    Das trifft mich schwer. Ich liege da, die Augen geschlossen, lausche auf den sporadischen Verkehr und lasse meine Gedanken in die Finsternis treiben, warte auf den Tagesanbruch, habe meine gesunde Hand in der Tasche und halte die Videokassette fest umklammert, bis ich ganz allmählich wegdrifte …
     
    Das Dröhnen von Düsentriebwerken lässt mich aufschrecken.
    Heilige Scheiße. Das ist mal ein Wecker.
    Ich reibe mir die Augen, sehe mich um. Ein Hauch von Tagesanbruch sickert durch die Blätter; der Verkehr hat zugenommen, inzwischen kommt einiges an Autos vorbei. Ich werfe einen Blick auf mein Telefon. Der Akku ist leer.
    Großartig.
Jetzt werde ich auch noch eine gute Seele finden müssen, die mir ein Ladegerät borgt, denn andernfalls habe ich keine Möglichkeit, die Übergabe mit High Rider abzusprechen. Ich sammle meinen Kram ein – das tote Handy, mein durchnässtes Zeitungsbett und meine Walgreens-Plastiktüte mit Verbandszeug, Aspirin und Desinfektionsmittel. Ich will gerade aufbrechen, als ich bemerke, dass ich im Schritt total nass bin. Die Erbsen sind aufgetaut und haben einen riesigen dunklen Kreis zwischen meinen Hosenbeinen hinterlassen.
    Keine Zeit, mir darüber den Kopf zu zerbrechen. Muss einfach nur in diesen Flughafen, irgendeinen Flug nach Kalifornien finden, das Ticket kaufen, mir neue Klamotten besorgen, das Handy aufladen, High Rider anrufen, eine Zeit und einen Ort für den Austausch bestimmen und an Bord gehen, bevor die College-Mädchen – oder schlimmer noch, Ed – es schaffen, mich zu finden.
    Ich schäle mich aus dem Gebüsch, richte mich auf und gehe den Bordstein entlang, als wär’s die selbstverständlichste Sache der Welt.
     
    Finde einen Flug, denke ich. Finde einfach einen Flug, der in etwa einer Stunde geht.
    Dann entdecke ich mich in den spiegelnden Türen.
    Ich sehe aus wie verrückter Vagabund, vornübergebeugt vor Schmerzen, daher humpelnd auf einer donquichottischen Reise, die nur er selbst versteht, eine matschverschmierte Walgreens-Tüte umklammernd, während ein drei Nummern zu kleines Hannah-Montana-T-Shirt nicht mal annähernd seinen Bauch bedeckt. Ein dunkler, nasser Fleck im Schritt seiner Hose. Gesicht und Hals sind mit Schnitten, Kratzern und blauen Flecken übersät, seine zurückgezogene Oberlippe enthüllt blutverschmierte Zähne. Dunkle, schwere Lider. Irre starrende Augen.
    Kein Wunder, dass jeder einen großen Bogen um mich macht.
    Es ist Viertel vor sechs. Geschäftsleute schwirren an mir vorbei, während ich auf der Suche nach einem bereits geöffneten Geschäft durch das Terminal streife. Nichts außer einem Starbucks. Irgendwann sehe ich dann einen Ron-John-Surf-Shop, humple in diese Richtung, bis ich sehe, dass er ebenfalls geschlossen ist. Auf einem Schild steht, er wird um sieben aufmachen.
    Ich sehe mich um, versuche einen klaren Gedanken zu fassen.
    Scheiße.
    Ich drehe mich um und schlurfe zu den Ticketschaltern.
    Okay, kauf jetzt ein Ticket. Irgendein Ticket.
    Als ich den United-Schalter erreiche, werde ich von einer jungen Kartenverkäuferin skeptisch gemustert.
    «Sind noch Plätze frei in der Sieben-Uhr-dreißig-Maschine nach Boise?»
    Sie wirft einen Blick auf mein T-Shirt, mustert die Kratzer auf meinem Hals und dreht sich dann zu ihrem Computer um. «Nur noch erste Klasse, Sir.»
    Ich drehe mich kurz um, halte nach Leuten Ausschau, die mich möglicherweise verprügeln wollen, und sage: «Schön.»
    «One-Way, Sir?»
    Scanne immer noch Gesichter. «Klar.»
    «Der Preis beträgt vierhundertachtzehn Dollar, Sir.»
    «Gut.» Ich nehme meine Kreditkarte und den Führerschein heraus. «Wann beginnt das Boarding?»
    «Boarding-Time ist um sieben. Gate E vierundsiebzig.» Sie mustert mich ein letztes Mal. «Haben Sie Gepäck aufzugeben, Sir?»
    Gepäck?
    Ich lache nur, lache und lache.
    Oh ja, ich hab sie nicht mehr alle.
     
    Ich gehe zum Geldautomaten, ziehe vierhundert Dollar und fange an, mich nach jungen Leuten umzuschauen – die Einzigen, die bei meinem Anblick nicht ausflippen, die mich nicht ignorieren. Diejenigen, die vielleicht ein bisschen Extra-Cash gebrauchen können.
    Ich schlendere ein wenig herum, halte dabei immer ein Auge auf nach meinen Häschern und finde schließlich einen jungen Mann in
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher