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Carre, John le -Ein Mord erster Klasse (Smiley Bd 2)

Carre, John le -Ein Mord erster Klasse (Smiley Bd 2)

Titel: Carre, John le -Ein Mord erster Klasse (Smiley Bd 2)
Autoren: Unbekannt
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ersten Abonnentenfamilien...
    Es war
kalt am Fenster, aber sie blieb, wo sie war, immer noch fasziniert von den
halbverborgenen Schatten, die sich unter ihr begegneten und trennten, und den
nutzlosen Straßenlampen, die mühsam zwischen ihnen brannten. Sie begann, sich
ihn als einen der Schatten vorzustellen, drohend und drängend, seine
Mörderaugen in dunkle Höhlen verwandelt. Und plötzlich hatte sie Angst und
brauchte Hilfe.
    Aber nicht
die Polizei, noch nicht. Wenn Stella Rode das gewollt hätte, wäre sie selbst
hingegangen. Warum war sie nicht zur Polizei gegangen? Aus Liebe? Aus Furcht,
töricht zu erscheinen? Weil Instinkt kein Beweis war? Man wollte Fakten. Aber
das Faktum des Mordes war der Tod. Mußten sie darauf warten?
    Wer würde
helfen? Sie dachte sogleich an Landsbury. Aber der war Farmer in Rhodesien. Wer
war im Krieg sonst noch bei ihnen gewesen? Fielding und Jebedee waren tot,
Steed-Asprey verschollen. Smiley - wo war er? George Smiley, der Klügste und
vielleicht der Seltsamste von ihnen allen. Natürlich, erinnerte sich Miss
Brimley jetzt. Er war diese unwahrscheinliche Heirat eingegangen und zur Forschungsarbeit
nach Oxford zurückgekehrt. Aber dort war er nicht geblieben... Die Ehe war
auseinandergegangen ... Was hatte er nur danach gemacht?
    Sie kehrte
an ihren Schreibtisch zurück und nahm den Band S-Z des Telefonbuchs. Zehn
Minuten später saß sie in einem Taxi, unterwegs zum Sloane Square. In ihrer
hübsch behandschuhten Hand hielt sie einen Aktendeckel mit Stella Rodes
Karteiblatt und den Briefen, die zur Zeit des Sommer-Preisausschreibens zwischen
ihnen gewechselt worden waren. Sie war schon fast in Piccadilly, als ihr
einfiel, daß sie das Bürofenster offengelassen hatte. Es machte wohl nichts
aus.
     
    »Bei
anderen Leuten sind's Perserkatzen oder Golf. Bei mir sind's die >Stimme<
und meine Leser. Ich bin eine lächerliche alte Jungfer, das weiß ich, aber so
ist es nun einmal. Ich will nicht zur Polizei gehen, ehe ich nicht etwas versucht habe, George.«
    »Und du
dachtest, du könntest es mit mir versuchen?«
    »Ja.«
    Sie saß im
Arbeitszimmer von George Smileys Haus in der Bywater Street; das einzige Licht
kam von der komplizierten Lampe auf seinem Schreibtisch, einem schwarzen,
spinnenartigen Ding, das hell die Notizen auf der Tischplatte beleuchtete.
    »Du hast
also den Dienst quittiert?« fragte sie.
    »Ja, ja,
das habe ich.« Er nickte energisch mit dem runden Kopf, als wollte er sich
selbst beteuern, daß ein widerwärtiges Erlebnis wirklich vorbei war, und
mischte Miss Brimley einen Whisky und Soda. »Ich war dort noch einmal
beschäftigt, nach... Oxford. In Friedenszeiten ist alles ganz anders, weißt
du«, fuhr er fort.
    Miss
Brimley nickte. »Ich kann's mir vorstellen. Mehr Zeit, widerlich zu sein.«
    Smiley
sagte nichts, zündete nur eine Zigarette an und setzte sich ihr gegenüber.
    »Und die
Leute haben gewechselt. Fielding, Steed, Jebedee. Alle
fort.« Sie sagte dies auf nüchterne Art, während sie aus ihrer
großen praktischen Handtasche Stella Rodes Brief herausnahm. »Dies ist der
Brief, George.«
    Nachdem er
ihn gelesen hatte, hielt er ihn kurz gegen die Lampe; sein rundes Gesicht wurde
von dem Licht in einem Augenblick fast komischen Ernstes erfaßt. Während sie
ihn beobachtete, fragte sich Miss Brimley, was für einen Eindruck er wohl auf
Leute machte, die ihn nicht sehr gut kannten. Sie hatte ihn als den
vergeßlichsten Menschen in Erinnerung, der ihr je begegnet war; kurz und plump,
mit dicker Brille und sich lichtendem Haar, war er auf den ersten Blick der
Prototyp eines erfolglosen Junggesellen mittleren Alters mit einer sitzenden
Beschäftigung. Seine angeborene Schüchternheit in den meisten praktischen
Angelegenheiten spiegelte sich in seiner Kleidung wider, die teuer und
unzweckmäßig war, denn er war Wachs in den Händen seines Schneiders, der ihn
ausraubte.
    Er hatte
den Brief auf den kleinen Intarsientisch neben sich gelegt und sah sie mit
einem eulenhaften Blick an.
    »Der
andere Brief, den sie dir schickte, Brim. Wo ist er?«
    Sie
reichte ihm den Aktendeckel. Er öffnete ihn und las nach einem Augenblick
Stella Rodes früheren Brief laut vor:
     
    Sehr
geehrte Miss Fellowship, ich möchte mir erlauben, für Ihr
»Küchenwinke«-Preisausschreiben folgenden Vorschlag zu machen: Man bereite die
Kuchenmischungs-Grundmasse einmal im Monat zu. Sahne, gleiche Mengen Fett und
Zucker; man füge für je 170 Gramm der Mischung ein Ei hinzu. Für Puddings
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