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Caroline

Caroline

Titel: Caroline
Autoren: Felix Thijssen
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Forellen in die Mikrowelle zu legen, als ich zwei leichte Schläge hörte, kurz hintereinander. Es hätten Autotüren sein können, obwohl sie unterschiedlich klangen. Vielleicht zwei Autos oder eine Autotür und die Klappe eines Kofferraums, in dem das Maschinengewehr lag. Ich stellte die Mikrowelle auf zwei Minuten im Auftaumodus und verließ die Küche, von wo aus ich nur unsere alten Birnbäume sehen konnte, Zweige und Himmel in dem typischen ersterbenden Winterlicht am Ende kürzer werdender Tage. Durch die Deichfenster im Wohnzimmer sah ich kein Auto. Ich wollte schon zurückkehren und den Tisch decken, als die Glastür zur Terrasse aufging und Hetty Larue hereinkam.
    Sie schloss die Tür hinter sich. Eine Hand hatte sie in die Tasche ihres langen schwarzen Mantels gesteckt. Sie schaute sich um, ging an den großen Glasscheiben entlang und kam durch die Blumenkästen hindurch ins Wohnzimmer.
    »Wo ist sie?«, fragte sie.
    »Tag, Hetty«, sagte ich. »Hast du Meneer Drisman lieber zu Hause gelassen?«
    Aus ihrer Manteltasche zog sie eine kleine Pistole. »Bist du allein?«
    Ich zeigte mit einer demonstrativen Geste um mich. »Du brauchst keine Pistole, wenn du mit mir reden willst.«
    Sie schnaubte: »Wo ist sie?«
    Die wahnsinnige Halsstarrigkeit, von der Nijman erzählt hatte, stand ihr ins Gesicht geschrieben und ich wusste, dass ich vorsichtig sein musste. »In meinem Schreibtisch«, sagte ich.
    Sie folgte meinem Blick zu dem neuen Arbeitsplatz und runzelte die Stirn, als erwäge sie die Vor- und Nachteile dieser Ecke. Dann winkte sie mich mit ihrer Pistole hinüber. »Beeil dich.«
    Mir ging durch den Kopf, dass sie tatsächlich verrückt sein musste, wenn sie glaubte, dass sie nach der Zerstörung meines Arbeitsplatzes hier auch nur eine einzige Kopie des Manuskripts finden würde. Sie folgte meinen Bewegungen, als ich das Wohnzimmer durchquerte und an ihr vorbeiging. Ihre Pistole sah nach einem billigen kalifornischen Davis-Modell aus, mit denen der internationale Markt überschwemmt wurde.
    »Warte«, sagte sie, als ich an den großen Terrassenfenstern vorbeigegangen war und mich gerade an meinen Schreibtisch setzen wollte. Ich blieb stehen und drehte mich zu ihr um. Sie zielte die ganze Zeit auf mich, während sie um die Blumenkästen herumging. »Lag sie nicht in einem Tresor?«
    »Ich habe keinen Tresor.«
    »Wo ist sie dann?«
    »In einer Schublade.«
    »Setz dich hin. Warte! Was ist denn sonst noch in der Schublade?«
    »Krimskrams.« In der Schublade war gar nichts, außer der Diskette, die ich mir zusammen mit einigen anderen Sachen für einen eventuellen Besuch Drismans zurechtgelegt hatte. Meine Beretta befand sich im Heuschober, ebenso wie Nel, hinter Mauern, der Hecke und zwei Einfahrten.
    Sie hielt die Waffe auf mich gerichtet, während ich mich ganz vorne auf die Stuhlkante an den Schreibtisch setzte und vorsichtig die oberste Schublade aufzog. Ich holte die Diskette heraus und ließ die Schublade offen stehen. Sie langte über den Schreibtisch und nahm mir die Diskette aus der Hand.
    »Gibt es hiervon Kopien?«, fragte sie.
    »Nicht dass ich wüsste.«
    Ich schaute in die Schublade, runzelte die Stirn, griff hinein und holte das Foto von Caroline nach unten gekehrt heraus. Ein Zeitungsausschnitt aus der Zeitung Gooi en Eemlander fiel herunter und landete auf meinem Schreibtisch.
    »Das ist die junge Frau«, sagte ich. »Weißt du noch? Caroline Romein.«
    Ich drehte das Foto um. Sie schaute es an und die Pistole in ihrer Hand zitterte kurz. »Fuck you!«
    Ich schob ihr den Zeitungsausschnitt zu. »Mädchen tot im Eemmeer gefunden. Emily hat sie zu dir gebracht und deine Putzfrau hat sie bei dir zu Hause gesehen.«
    »Es gibt keinerlei Beweise«, sagte sie. »Niemand kann mir etwas anhaben.«
    »Schlaftabletten, in den Teppich, auf die Ophelia, die Platten, ins Wasser. Es wimmelt nur so von Spuren«, sagte ich. »Wäre es nicht besser gewesen, du hättest es ihr einfach abgekauft?«
    Sie steckte die Diskette in die Tasche. »Es ist mein Buch.«
    »Du vergisst ihre Mutter. Die hat es sofort als das Werk ihrer Tochter erkannt.«
    Spöttisch erwiderte sie: »Ihre Mutter hat sich doch nie um sie gekümmert.«
    »Und da dachtest du dir, dann bringe ich sie eben um?«
    Sie wies mit dem Kinn auf das Foto. »Sollte das arme Schwein vielleicht ins Fernsehen und in die Zeitungen? Ich habe sie doch nur von ihrem Leiden erlöst.«
    Der Griff um die Pistole hatte sich gelockert und sie hatte sie ein
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