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Caroline

Caroline

Titel: Caroline
Autoren: Felix Thijssen
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»Vielleicht spielte sie darauf an, als sie auf der Karte schrieb, du solltest mal ein gutes Buch lesen.«
    Sie spitzte die Lippen. »Dieses Original«, fragte sie. »Wie bist du daran gekommen?«
    »Tja.« Ich seufzte. »Das hast du in ihrem Dachstudio gefunden.«
    Sie war verwirrt. »Ich? Ich bin nie wieder in Karels Studio gewesen. Die Putzfrau hat sauber gemacht und aufgeräumt.«
    »Ich brauche deine Hilfe.« Ich gab ihr einen kleinen Umschlag. »Mach ihn mal auf.«
    Valerie riss den Umschlag auf und holte eine Diskette heraus. Sie drehte sie zwischen den Fingern und schaute sie an. Es war eine neue 3,5-Zoll-Diskette ohne Etikett. Caroline hatte ein Diskettenlaufwerk in ihrer Schublade und genau diese Art von Diskette hätte sie benutzt, wenn sie eine Back-up-Kopie von ihrem Buch hätte machen wollen. Wir hatten die Diskette abgewischt, bevor wir sie in den Umschlag gesteckt hatten. Meine Fingerabdrücke durften darauf sein, aber über Valeries, nicht unter ihren.
    »Darf ich den Umschlag wiederhaben?«, fragte ich. »Und gib mir bitte auch nochmal die Diskette.«
    Valerie tat, worum ich sie gebeten hatte. Ich knüllte den Umschlag zusammen und steckte den Papierball in meine Tasche. Ich nahm die Diskette, wischte darüber und drückte meine Finger darauf, bevor ich sie zurück auf den Tisch legte. Das Einzige, was fehlte, waren Carolines Abdrücke, aber das war nun mal nicht zu ändern.
    »Du musst gut auf die Diskette aufpassen«, sagte ich. »Sie ist unser wichtigstes Beweisstück.«
    »Woher hast du sie?«
    Ich schüttelte den Kopf. Ich war froh, dass ihr Rechtsanwalt nicht da war, der illegal erworbenes – und von Nel auch noch manipuliertes – Beweismaterial argwöhnischer beäugt hätte. »Du möchtest doch, dass diese Frau für den Mord an deiner Tochter bestraft wird, oder?«
    Ich sah, wie sie mit irgendetwas rang, vielleicht mit ihrem eigenen Schuldanteil, doch dann sagte sie: »Ja, natürlich.«
    »Du hast die Diskette in Carolines Schreibtisch gefunden, wusstest aber nicht, was drauf war. Du hast sie in deinen Computer eingelegt, dir die Datei darauf angesehen und festgestellt, dass es eine Erzählung war, die von niemand anderem als von Caroline stammen konnte. Vielleicht hast du ja manchmal ihre Notizbücher durchgeblättert. Du wusstest nicht, dass sie sich damit an einen Verlag gewandt hatte. Du hast die Diskette mir gegeben, weil du mich damals für die Suche nach Caroline engagiert hattest. Heute bin ich zu dir gekommen und habe dir erzählt, dass Hedwige Larue Carolines Buch unter ihrem Namen veröffentlicht, also gestohlen hat. Du hättest es sofort gemerkt, wenn du Ein kleines Geschenk vorher gelesen hättest, doch du hast einfach nie die Zeit zum Bücherlesen. Ich habe dir ein Exemplar mitgebracht.« Ich wies mit einem Nicken auf das Buch, das zwischen uns auf dem Tisch lag. »Meinst du, du schaffst das?«
    Valerie nickte. Je weniger sie wusste, desto besser.
    »Die Larue ist wegen Plagiats verhaftet worden«, sagte ich. »Sie hat die Übersetzung eines englischen Buches gestohlen und als ihr angeblich zweites Buch publiziert. Die Schriftstellerin und ihre Herausgeber haben sie auf haushohen Schadensersatz verklagt und laut Urheberrechtsgesetz kann sie zu bis zu sechs Monaten Gefängnisstrafe verurteilt werden.«
    »Das ist ja lächerlich«, sagte Valerie prompt.
    »Für Mord sitzt sie mindestens fünfzehn Jahre.«
    Valerie verstand allmählich. Ich erkannte, dass sie sich wieder unter Kontrolle hatte. Vielleicht schöpfte sie Trost aus dem Gedanken, dass ihre Tochter etwas Außergewöhnliches geleistet hatte und sie deshalb ermordet worden war und nicht einfach nur aus Willkür. »Sag mir, was ich tun soll.«
    »Zunächst mal musst du die Diskette in deinen Computer einlegen und das Buch lesen, damit du weißt, worum es geht. Tu das noch heute, denn es könnte sein, dass schon morgen die Polizei bei dir vor der Tür steht.«
    »Die Polizei?«, fragte sie erschrocken.
    »Vermutlich Meneer Nijman von der Kripo, der damals schon hier gewesen ist, eventuell in Begleitung eines Staatsanwalts.« Ich schaute sie an. »Das lässt sich nicht vermeiden, okay? Du gerätst ins Licht der Öffentlichkeit, aber nicht ins falsche Licht. Du könntest dieser Frau zwar im Namen von Caroline eine Urheberrechtsklage anhängen, aber denk daran: Sie hat deine Tochter ermordet.«
    Sie nickte. Ich sah Wut und Trauer in ihren Augen, und große Entschlossenheit.

 

     
16
     
    »Wie die Larue an dieses zweite
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