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Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung

Titel: Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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gesehen.«
    Sie flüsterte irgendetwas. Carl war sich nicht sicher, ob er richtig verstanden hatte. »Das glaube ich nicht«, sollte es wohl heißen.
    Der Alte hörte es nicht, aber sein Gesichtsausdruck veränderte sich.
    »Nun hat der Spaß ein Ende. Wie ich sehe, hattest du Pläne für uns alle, Nete. Und deshalb bin ich ganz besonders froh, heute zu meinen eigenen Bedingungen an der Veranstaltung teilnehmen zu können. Zunächst legt ihr zwei mir bitte dar, was ihr Außenstehenden von meinem Tun erzählt habt. Damit ich mir einen Eindruck von dem entstandenen Schaden machen und überlegen kann, wie meine Leute das Vertrauen in unsere Arbeit wiederherstellen können.«
    Carl sah ihn an. Er fühlte sich noch immer wie benebelt und versuchte, auf verschiedene Arten einzuatmen, aber erst, als er durch den Mundwinkel Luft einsaugte, schien das Wirkung zu zeigen. Da war ihm, als bekäme er etwas mehr Kontrolle über die merkwürdigen Geschehnisse in seinem Körper. Das Gefühl für das Schlucken wurde deutlicher, die Lähmungen in Hals und Rachen nahmen ab. Er konnte tiefer einatmen.
    »Scheiß der Hund drauf!«, flüsterte er.
    Curt Wad hörte es, lächelte aber nur.
    »Mørck, Sie können sprechen, wie erfreulich! Wir haben viel Zeit. Mit Ihnen wollen wir anfangen.« Er sah zu seiner Tasche auf dem Tisch. »Ich will nicht verhehlen, dass dieser Abend euer letzter sein wird. Wenn ihr jedoch zur Zusammenarbeit bereit seid, verspreche ich, für einen schnellen und schmerzfreien Tod zu sorgen. Wenn nicht ...«
    Er steckte die Hand in die Tasche und zog ein Skalpell heraus. »Ich muss sicher nicht ins Detail gehen. Nur so viel: Der Gebrauch dieses Werkzeugs ist mir nicht fremd.«
    Wieder wollte Nete etwas sagen, aber sie wirkte noch immer wie gelähmt und nicht recht anwesend.
    Carl blickte auf das Skalpell und versuchte, sich zu sammeln. Er zerrte am Klebeband um die Handgelenke. Seine Arme waren kraftlos und seine Anstrengungen vergeblich. Er wackelte etwas mit dem Sessel, doch sein Körper reagierte so gut wie gar nicht. Es war gleichzeitig zum Heulen und zum Lachen.
    Was zum Teufel ist mit mir los, fragte er sich. Konnte eine Gehirnerschütterung eine solche Wirkung haben?
    Er schielte zu Curt Wad hinüber. War das Schweiß, was über dessen Nasenrücken lief? Zitterten seine Hände vor Müdigkeit?
    »Nete, wie kommt es zu der Verbindung zwischen euch beiden? Hast du dich an die Polizei gewandt?« Wad wischte sich die Stirn ab und lachte. »Nein, wohl kaum. Das kannst du dir ja bestimmt nicht leisten.« Er deutete mit dem Kinn auf die Leichenversammlung. »Außerdem, wer sind diese anderen armen Kerle eigentlich, mit denen ich zusammen sterben sollte? Der da, zum Beispiel, was ist das für ein Lump?«
    Er deutete auf die Leiche ihm gegenüber. Wie die übrigen war sie am Stuhl festgebunden, saß jedoch nicht richtig aufrecht. Der Körper war zu unförmig, und obwohl er eingetrocknet war, sah er immer noch korpulent aus.
    Curt Wad lächelte, fasste sich dann aber plötzlich an den Hals, als würde der brennen oder als bekäme er keine Luft. Das hätte Carl auch gern getan, wenn er gekonnt hätte.
    Wad räusperte sich mehrfach und wischte sich erneut die Stirn ab. »Mørck, nun erzählen Sie mal, was das für Papiere sind, die Sie in die Hände bekommen haben. Konnten Sie was aus dem Archiv rausholen?« Nebenbei richtete er das Skalpell auf den Tisch und ritzte ins Tischtuch. Nein, an dessen Schärfe brauchte man nicht zu zweifeln.
    Carl schloss die Augen. Er hatte keine Scheißlust zu sterben, und so schon gar nicht. Aber wenn es geschehen musste, verdammt, dann mit Haltung. Dieses Arschloch sollte nichts aus ihm rausbekommen, was er nicht erzählen wollte.
    »Okay, Sie sagen nichts. Wenn ich mit euch fertig bin, werde ich meine Kontaktleute anrufen und sie bitten, eure Leichen zu entfernen, auch wenn ...« Er starrte in den Raum und holte mehrmals tief Luft. Offensichtlich ging es ihm nicht gut. Er öffnete den obersten Hemdknopf. »Auch wenn es fast schade ist, diese gute Tischgesellschaft zu ruinieren«, schloss er.
    Carl hörte nicht zu. Er konzentrierte sich aufs Atmen. Einatmen durch den Mundwinkel, ausatmen durch die Nase. Mit dieser Technik drehte sich der Raum nicht ganz so schnell.
    Da ruckelte die Frau neben ihm mit einem Mal auf ihrem Stuhl hin und her.
    »Ha ...! Sie haben also ... den Kaffee getrunken!« Die Worte kamen leise und heiser, und der Blick, mit dem sie Curt Wad bedachte, war eiskalt.
    Der Alte
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