Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Capitol

Capitol

Titel: Capitol
Autoren: Orson Scott Card
Vom Netzwerk:
ungenutzt, so daß diese sich beständig über seine Verabredung mit dem Schlafraum Sorgen machen konnte.«
    »Ihr Vertrag, Mr. Stipock, besagt, daß Sie in vier Tagen im Schlafraum erscheinen müssen. Wir dachten, wir sollten Sie besser daran erinnern, damit Sie ihre Angelegenheiten regeln können.«
    »Danke sehr«, sagte Garol und feierte seinen neunzehnten Geburtstag, indem er eine Kopie der Schrift verbrannte, in der die Gebote seiner alten Religion niedergelegt waren und die er während der ganzen Jahre aufbewahrt hatte. Dadurch wurde für seine Wohnung Feueralarm ausgelöst, denn er galt als Nichtraucher, und er brauchte drei Stunden, bis er die Feuerwehrleute überzeugt hatte, daß sie nicht nur nicht gebraucht wurden, sondern daß die verdammten Sprinkler seine Möbel ruiniert hatten.
    »Bitte kommen Sie hier herein«, sagte die junge Frau, »und legen Sie Ihre Kleidung ab.«
    Stipock folgte ihr in den Aufzeichnungsraum, der mit einem bequemen Stuhl, einem fahrbaren Bett und einem Haken, an den er seine Kleider hängen konnte, ausgerüstet war. Er zog sich aus, und die Frau bat ihn, im Stuhl Platz zu nehmen. Aber er zitterte; er konnte seine Kleider nicht aufhängen. Sie fielen immer wieder herunter.
    »Das erstemal?« fragte die junge Frau.
    Er nickte.
    »Sie brauchen vor nichts Angst zu haben. Die Aufzeichnung ist schmerzlos, und das Somec schläfert Sie sofort ein. Es ist wie ein schöner Traum.«
    Er lächelte. Er konnte ihr nicht sagen, daß, trotz all seiner eindrucksvollen wissenschaftlichen Leistungen, der Gott seiner Kindheit ihm immer noch über die Schulter schaute und ihm verbot, die Früchte vom Baum des Lebens zu essen.
    Die junge Frau setzte ihm einen Helm auf, und Stipock fing an zu schwitzen. Jetzt wird mir der Verstand aus dem Kopf entfernt, dachte er und schalt sich gleichzeitig für seine Irrationalität. Er hatte kalte Hände; er mußte seine Beine fast mit Gewalt entspannen, damit sie nicht so sichtbar zitterten.
    »Das wär’s«, sagte die Frau. »Das Gehirnband läuft gleich.«
    Stipock hatte einen trockenen Mund, und er konnte seine Frage nur stammeln: »Was ist, wenn etwas mit dem Band schiefgeht?«
    »Keine Chance«, sagte sie. »Beim ersten Mal machen wir vier Bänden. Das erste davon ist schon abgespielt und analysiert, um sicherzugehen, daß all Ihre Gehirnmuster vorhanden sind. Ein weiteres wird an das ständige Bandarchiv geschickt. Noch eins wird hier, wo Sie schlafen, aufbewahrt, und das letzte geht an die Regierung, für den Fall, daß Sie ein Verbrechen begehen und mit einem früheren Band geweckt werden müssen. Sie sehen also, Ihr Gedächtnis wird an vier völlig verschiedenen Orten aufbewahrt. Es kann nichts passieren.«
    Stipock war einigermaßen beruhigt. »Danke.«
    »Keine Ursache. Natürlich werden Sie sich an kein Wort dieser Unterhaltung erinnern, wenn Sie aufwachen, da diese sich nicht auf dem Band befindet. Ich gebe eine Notiz zu Ihren Akten, damit nachzuweisen ist, daß Ihnen alles erklärt wurde. Das letzte, an das Sie sich erinnern werden, ist, daß Sie sich Sorgen gemacht haben!« Das sagte sie mit einem charmanten Lächeln, und Stipock gab ihr eines seiner sehr seltenen Lächeln zurück.
    »Legen Sie sich jetzt auf den Tisch. Das Somec wird sofort bereitstehen.«
    Er legte sich rücklings auf den Tisch und starrte nach oben auf das indirekte Licht und die alten Akustikplatten. Er erinnerte sich an Amblick, der vor zwölf Jahren so gelegen hatte, und plötzlich hatte er wieder Angst. Diesmal war es allerdings nicht Besorgnis – es war nackte Panik. Seine Beine wurden steif, und er mußte urinieren.
    »Ich muß ins Bad«, sagte er und war entsetzt über seine tonlose Stimme.
    »Nein, das müssen Sie nicht«, sagte die junge Frau. »Denn in genau drei Minuten kommen Ihre sämtlichen Körperfunktionen zum Stillstand oder fast zum Stillstand, und zwar für einige Jahre. Sie werden dann aufwachen, und dann erst können Sie zur Toilette gehen.« Die Nadel glitt ihm in die Handfläche.
    Aber es war nicht schmerzlos. Der Schlaf kam nicht mit angenehmen Träumen, sondern mit einem Alptraum. Alle Höllenfeuer brannten in seinen Venen, und die Stimme Gottes dröhnte in seinem Kopf und rief: »Verrat! Verrat!« Du hast Gott getötet, rief die Stimme in seinem Kopf. Du warst der Tod der Unsterblichen Stimme. Wenn du nur gelauscht hättest, du hättest ihn dich rufen hören! Und nun nimmst du den Zerstörer der Seelen in deinen Leib und leugnest deine eigene Seele.
    Er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher