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Capitol

Capitol

Titel: Capitol
Autoren: Orson Scott Card
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Mannschaft.
    Aber der Skipper unterbrach ihn. »Warum haben Sie das getan, Gouverneur?« fragte er. »Haben Sie was gegen Unsterblichkeit?«
    »Welche Unsterblichkeit? Somec verlängert doch nicht Ihr Leben. Es macht es nur nutzloser. Und es sorgt dafür, daß andere Sie hassen.«
    »Aber es ermöglicht Raumflüge«, sagte der Captain, und in seiner Stimme schwang Kummer.
    »Wohin würdet Ihr gehen? Wohin könnten wir gehen? Ihr habt unsere Welt gesehen. Ist sie nicht schön?«
    »Ja«, sagte der Captain. »Ich denke, Sie haben uns überzeugt. Wir wären Narren, wenn wir ablehnten. Ich denke, wir werden uns in Ihrer Kolonie niederlassen.«
    »Wir werden sterben«, winselte einer aus der Mannschaft. »Ohne Somec leben wir nur hundert Jahre, um dann zu sterben.«
    Der Captain sah ihn verächtlich an. »Sie werden so viele Tage leben wie sonst auch. Packen Sie Ihre Sachen ein. Ich gebe Ihnen zehn Minuten.«
    »Bitte, keine Waffen«, sagte der Gouverneur. »Die meiden wir hier sehr gern.«
    »Von Ihrem kleinen Beil abgesehen«, murmelte einer aus der Mannschaft.
    »Schließlich bin ich der Gouverneur«, sagte er.
    Zehn Minuten später war das Landungsfahrzeug beladen. Die Männer hatten erbärmlich schmales Gepäck, aber was hätten sie auf einem Raumschiff auch ansammeln können. Und der Captain steuerte das Fahrzeug nach Answer.
    Nach der Landung schauten sie nach oben und sahen, wie das Raumschiff wie ein Flammenbündel davonschoß. »Wo fliegt es hin?« fragte der Gouverneur.
    Der Captain hob die Brauen. »Ich habe es natürlich in die Sonne geschickt. Wir werden sehr lange hierbleiben. Jede zusätzliche Masse wird die Sonne um einiges länger glühen lassen.«
    »Das Raumschiff macht ungefähr eine Sekunde aus.«
    »Auch ein wenig hilft.« Und der Captain lachte.
    Der Gouverneur lachte nicht. Er nahm den Captain am Arm und führte ihn auf das Dach des Regierungsgebäudes, wo immer noch das Teleskop stand. Er wollte ihm das Ding nicht zeigen. Er wollte ihn nur etwas fragen.
    »Captain, Sie hatten doch zwei Aufzeichnungsgeräte an Bord?«
    Der Captain zuckte die Achseln.
    »Es mußten zwei gewesen sein. Eins, damit Sie die Mannschaft wecken konnten. Und eins für Sie selbst. Eins, das Sie automatisch weckt.«
    Der Captain nickte. »Ja, das stimmt. Wir hatten zwei.«
    »Dann hätten Sie doch weiterfliegen können.«
    »Ja.«
    Warum sind Sie dann nicht weitergeflogen, fragte der Gouverneur nicht.
    Der Captain beantwortete die gar nicht gestellte Frage. »Es ist hier so schön.«
    Bei Anbruch der Nacht ging der Gouverneur schlafen. Die Leute aus dem Raumschiff waren in Hotels untergebracht worden, die noch Betten freihatten. Er war müde und wußte nicht, ob er richtig gehandelt hatte. Wenn die Bevölkerung von Answer erst erfuhr, was er getan hatte, was würden die Leute dann sagen. Würde man das Parlament einberufen und einen neuen Gouverneur wählen? Das wäre durchaus möglich. Oder würde man einsehen, daß Geschehenes nicht ungeschehen zu machen war und ihm verzeihen, daß er ihnen das Somec vorenthalten hatte, und ihn vielleicht im Amt lassen?
    Die Netze zwischen den Sternen sind zerrissen, dachte er, und wußte nicht, ob er traurig sein oder sich freuen sollte.
    Im Schlaf träumte er. Er träumte, daß er mit einem Fuß auf Answer, mit dem anderen auf der Sonne stand. Mit den Händen konnte er Sterne greifen. Aber jeder Stern, den er griff, zerplatzte in seiner Hand zu einer winzigen Nova und verschwand. Bald waren alle Sterne erloschen, und am Ende gab es nur noch ein Licht im Universum, das der Sonne, die hell unter seinen Füßen brannte.
    Und als er aufwachte, war er zufrieden. Er würde nicht ewig leben, aber er hatte tatsächlich die Sterne verlöschen sehen. Nicht persönlich, sondern so, wie der Mensch die Dinge nur sehen kann – in seinen Träumen.
    Er war zufrieden, aber seine Freizeit vertrieb er sich jetzt mit Gartenarbeit. Er schaute nicht mehr in den Himmel, sondern in die Erde hinein. Nur die Spinnen benutzten sein Teleskop, und auch das nur, um ihre Netze dort anzubringen.
     
    ENDE
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