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Cantz schoen clever

Cantz schoen clever

Titel: Cantz schoen clever
Autoren: Guido Cantz
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Sohnes sein, sich von den Alten abzuheben. Die Oldies machen einfach keinen Platz! Was früher noch für die Kleinen reserviert war, ist heute Altenheimstandard: Es gibt die »Wii Playstation« zum Taubenfüttern, McDonald’s präsentiert die erste Senior-Tüte mit passierten Cheeseburgern und James-Last-Abziehbildchen, und in jedem siebten Überraschungs-Ei ist neuerdings ein Hörgerät mit dabei.
    Selbst bei Baumarkt-Eröffnungen ist man vor den Omas und Opas nicht mehr sicher: Vor der Hüpfburg stehen Rollatoren, es wird Seniorenschminken angeboten, und immer wieder ertönt die Durchsage: »Der 84-jährige Karl Wilhelm hat sein Gebiss verloren und möchte von seinen Enkeln abgeholt werden.« Von der Wippe zum Schaukelstuhl ist es nur ein kleiner Schritt.

    Natürlich ist es zu begrüßen, dass sich die Wirtschaft auf die Bedürfnisse der Senioren einstellt. Es gibt im Internet inzwischen Versandhäuser, die ausschließlich seniorengerechte Artikel anbieten. Und wie überall im Netz gilt auch in diesem Fall: »Gibt’s nicht« gibt’s nicht.
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    WIE GEIL IST DAS DENN?
    Seniorengerechte Artikel im Internet:
    TV-Gerät mit extragroßer Fernbedienung: Die Angabe »104 cm Diagonale« bezieht sich hier nicht auf den Bildschirm, sondern auf die Fernbedienung.
    Sprechendes Blutdruckmessgerät: Es sagt Dinge wie »120 zu 80«, »140 zu 90« oder »Oh mein Gott! Ist ein Arzt in der Nähe?«
    Seniorenhandy: kein Schnickschnack, großes Gerät, Riesentasten. Also im Prinzip genau so, wie vor 15 Jahren alle Handys waren.
    Riesen-Sudoku: extragroße Version des beliebten Zahlenrätsels. Und wenn man es nicht ausfüllen mag, können die Enkel immer noch »Himmel und Hölle« drauf spielen.
    Riesen-Mikado: Man kann die Stäbchen auch einzeln nachbestellen unter www.speer.de.
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    Da die modernen Senioren mobil sein wollen und den Führerschein meistens erst gemeinsam mit dem Löffel abgeben, sollte sich auch die Auto-Industrie Gedanken machen, wie sie der Zielgruppe »80 plus« das Leben erleichtern kann. In meiner Nachbarschaft lebt zum Beispiel ein 94-jähriger Mann, der mit seinem 28 Jahre alten Opel Senator durchdie Gegend fährt. Eine tickende Zeitbombe. Dem Mann wäre geholfen, wenn ihm ein altersgerechtes Auto angeboten würde, mit folgender Sonderausstattung: erhöhter Sitz, Radio ohne Einstellknöpfe (immer an, immer laut, immer WDR 4), 35 km/h Höchstgeschwindigkeit und eine Windschutzscheibe mit sieben Dioptrien.
    Altersgerechtes Auto, barrierefreie Wohnung, endlose Seniorenreisen, Letztere eventuell sogar noch mit blutjunger Reisebegleitung – das geht natürlich ins Geld. Nicht jeder bezieht eine Rente, die all diese Kosten abdeckt. Die ganz Reichen ziehen sich eh dorthin zurück, wo deutsche Senioren immer schon hochwillkommen waren: nach Mallorca, Florida oder Argentinien. Und den anderen bleibt nichts anderes übrig, als sich etwas dazuzuverdienen. Udo Jürgens hat zwar gesungen: »Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an«, aber er hat nicht gesungen: »Mit 66 Jahren, da hört die Arbeit auf.« Der Sänger selbst ist das beste Beispiel: Mit fast 80 geht er immer noch auf Tournee. Dabei dürfte sein durchsichtiger Plastik-Flügel doch längst abbezahlt sein. Und Udo Jürgens hat es noch gut getroffen. Andere Senioren seines Alters müssen wesentlich unangenehmeren Jobs nachgehen: Sie arbeiten als Klofrau, Museumswärter oder Körperdouble für Uschi Glas.
    Vielleicht sind die knappen Renten mit ein Grund dafür, warum die Deutschen immer später sterben: Den Tod kann sich schlicht und ergreifend keiner mehr leisten. Ein neuer Sarg ist unter 1000 Euro kaum zu kriegen – und selbst bei Ebay findet man nur mit viel Glück einen guten gebrauchten! Es gibt immer mehr Billig-Bestatter in Deutschland. Der neue Trend heißt »Sarg-Discount«. Sparfüchse wählen die günstige Feuerbestattung. Sie kostet beim Billig-Anbieter den Bruchteil einer Erdbestattung. Frei nach dem Motto:»Ihre Asche für wenig Asche.« Und falls man im Winter stirbt und zufällig Glatteis ist, haben die Angehörigen auch noch was zum Streuen. Gut getroffen hat es auch derjenige, dessen Clan über eine Familiengruft verfügt – dann kann man selbst nach dem Tod noch seinen Eltern auf der Tasche liegen.
    Die Kohle für die Beerdigung ist aber erst der Anfang. Zu den reinen Bestattungskosten kommen unter anderem noch die Gräbermieten. Und die sind alles andere als im Keller – die sind unterirdisch! Die Spitze des Mietwuchers ist auf dem
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