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Cantz schoen clever

Cantz schoen clever

Titel: Cantz schoen clever
Autoren: Guido Cantz
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höchstwahrscheinlich ist er Deutscher. Wer sonst würde mit Sandalen ins Hochgebirge gehen?
    Jedenfalls bin ich völlig begeistert, dass sich Ötzi dank Tiefkühlung 5000 Jahre lang frisch gehalten hat. Hätte Cher das gewusst, hätte sie sich einfach in die Kühltruhe gelegt, statt unters Messer. Außerdem lassen mich die Forschungsergebnisse hoffen, dass die Lammkeule, die seit meinem Umzug vor sieben Jahren ganz unten in der Kühltruhe liegt, immer noch zum schmackhaften Sonntagsbraten taugt.
    Man könnte Ötzi auch als Öko-Mumie bezeichnen: Schließlich kommt sie ohne zusätzliche Konservierungsstoffe aus. Aber nicht jeder hat das Glück, in einer Gletscherspalte ums Leben zu kommen. Wer sich trotzdem die ewige Frische erhalten möchte, der muss schon auf die ägyptischen Traditionen zurückgreifen. Und das passiert häufiger, als man vielleicht annimmt. Tutanchamun hat Trends gesetzt, die bis heute Auswirkungen haben. Immer noch werden Verstorbene so gut konserviert, dass ihre letzte Ruhestätte mit folgendem Spruch beschriftet wird: »Mindestens haltbar bis – siehe Sargdeckel.«
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    WIE GEIL IST DAS DENN?
    Zu den berühmtesten mumifizierten Körpern der jüngeren Vergangenheit (jünger zumindest im Vergleich zu den alten Ägyptern) gehört derjenige des russischen Revolutionsführers Wladimir Iljitsch Uljanow, genannt Lenin. Nach dessen Tod im Jahre 1924 wurde sein Leichnam aufgebahrt, zeigte aber bereits nach wenigen Wochen einige Stellen von bakterieller Fäulnis. Da Genosse Stalin jedoch eine tadellose Leiche angeordnet hatte, bemühten sich russische Fachleute darum, den Körper Lenins auf Dauer haltbar zu machen. Nun ist es mit toten Körpern jedoch ähnlich wie mit Oldtimern: Irgendwas ist immer dran. So werden Lenins Überreste heute noch zweimal wöchentlich von zwölf Experten untersucht und behandelt. Die Kosten für die Jahrzehnte andauernde Frischzellenkur werden mittlerweile privat getragen. Auch die Balsamier-Experten sind keine Staatsbeamten mehr, sondern selbständige Unternehmer. Ihr Hauptkunde ist die russische Mafia. Die wichtigste Arbeit besteht im Zusammenflicken der zerschossenen oder zerbombten Körper von Mafia-Angehörigen. Da bekommt der Begriff »Patchwork-Familie« eine ganz neue Bedeutung.
    Auch die argentinische Diktatoren-Gattin Eva »Evita« Perón wurde nach ihrem Tod im Jahre 1952 präpariert und für die Nachwelt erhalten. Der Leichnam verschwand drei Jahre später (angeblich wurde er von ihren Anhängern versteckt), bis er 1971 in Madrid wieder auftauchte. 1974 kehrte der Sarg dann nach Argentinien zurück und wurde 1976 in der Familiengruft beigesetzt.
    Mumien werden oft jahrzehntelang um den Globus geschickt: zumindest, solange die Stones noch auf Tournee gehen.
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    Die Möglichkeiten der Aufbewahrung nach dem eigenen Ableben sind also vielfältig. Trotzdem wird permanent nach weiteren Alternativen gesucht. Noch klingt es wie Science Fiction, aber in Zukunft wird man Körper nicht mehr präparieren müssen, um sie für die Ewigkeit zu konservieren. Stattdessen werden sie mit flüssigem Stickstoff in Kunststoff-Behältern gelagert. Aber will man das? Wollen wir uns wirklich fragen, ob wir auf einer Trauerfeier sind – oder auf einer Tupperparty?
    Wenn ich heute wählen müsste, würde ich mich für die traditionelle Art der Beisetzung entscheiden: Sarg, Erdbestattung, Kranz und danach Kaffee und Kuchen für alle. Ob ich dann in einem Einzel-, einem Doppel- oder einem Familiengrab liege, ist mir, ehrlich gesagt, egal. Meinetwegen kann es auch ein Tiefengrab sein. Das funktioniert wie bei den Doppelparkern in der Tiefgarage: Die Personen liegen nicht nebeneinander, sondern übereinander. Das dürfte vor allem die Frauen freuen. Denn normalerweise sterben sie erst nach dem Gatten und dürfen dann endlich auch mal oben liegen.
    Ich wage die Prognose, dass es mir im Falle meines Ablebens wurscht sein wird, wo ich meine letzte Ruhe finde. Trotzdem habe ich mir fest vorgenommen, Rücksicht auf meine Angehörigen zu nehmen und in der Region zu bleiben. Falls meine Kinder mir später mal Blumen aufs Grab stellen wollen, dann sollen sie das tun können, ohne in See stechen, ins All fliegen oder einen österreichischen Friedwald umgraben zu müssen. Wie bei allen Immobilien zählt auch für das Grab der eine entscheidende Faktor: Lage, Lage, Lage! Am besten, man bleibt in der Nähe der lieben Verwandten. Aber vielleicht möchten Sie ja exklusiver verwesen als ich. In diesem
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