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Camel Club 04 - Die Jäger

Titel: Camel Club 04 - Die Jäger
Autoren: David Baldacci
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bestraft werden mussten. Doch mich selbst zu bestrafen wird mir niemals gelingen, denn keine Strafe ist hart genug. Wenigstens ist John Carr endlich tot. Das macht mich sehr glücklich.‹« Alex hob den Blick. »Klingt nach einem Mann, der getan hat, was nach seiner Überzeugung getan werden musste.«
    »Er bittet uns, Reuben und Caleb zu informieren.«
    »Das übernehme ich.«
    »Du weißt, dass diese Männer es nicht besser verdient hatten«, sagte Annabelle. »Wegen all der Vorkommnisse, in die Finn uns in der Nacht von Miltons Tod eingeweiht hat.«
    »Niemand hat das Recht, einen Mord zu begehen, Annabelle«, widersprach Alex. »Das ist Vigilantentum. Es ist verwerflich und falsch.«
    »Unter allen Umständen?«
    »Jede Ausnahme bringt die Regel vollständig zu Fall.«
    »Das ist deine Meinung.«
    »Verbrenn den Brief, Annabelle«, forderte Alex sie auf.
    »Was?«
    »Verbrenn ihn, bevor ich es mir anders überlege.«
    »Wieso?«
    »Er enthält zwar kein Geständnis, aber Hinweise. Ich kann selbst nicht glauben, dass ich so etwas sage. Verbrenn ihn. Am besten sofort.«
    Annabelle benutzte ein Streichholz, um das Schreiben anzuzünden, und warf das entflammte Papier in den Kamin.
    »Oliver hat mir mehr als einmal das Leben gerettet«, fuhr Alex fort. »Er war der anständigste, verlässlichste Mensch, dem ich je begegnet bin.«
    »Ich wollte, er wäre geblieben, um sich mit uns auszusprechen.«
    »Ich bin froh, dass er es nicht getan hat.«
    »Warum?«, fragte Annabelle gereizt.
    »Womöglich hätte ich ihn festnehmen müssen.«
    »Das ist doch wohl ein schlechter Scherz. Eben hast du noch behauptet, er wäre der anständigste Mensch, dem du jemals begegnet bist.«
    »Ich bin Gesetzeshüter, Annabelle. Freund oder nicht, ich habe einen Eid geschworen.«
    »Aber du wusstest doch vorher, dass er schon Menschen getötet hatte, und hattest anscheinend kein Problem damit.«
    »Sicher, aber das waren Liquidierungen auf Befehl der amerikanischen Regierung.«
    »Und dadurch ist es in deinen Augen in Ordnung? Weil irgendein Politiker es befohlen hat?«
    »Oliver war Soldat. Er war darauf gedrillt, Befehle zu befolgen.«
    »Er hatte trotzdem Gewissensbisse. Denn einige der Leute, die er auf Befehl umbringen musste, waren unschuldig. Du hast selbst gesehen, wie sehr es ihn bedrückt hat.«
    »Ich respektiere seine moralischen Empfindungen. Er hatte aber keine dienstliche Berufung zum Moralapostel.«
    Annabelle stand auf und starrte Alex an. »Diesmal hat er zwei Kerle erledigt, die es wirklich verdient hatten, aber nun bist du plötzlich bereit, ihn festzunehmen, weil er keinen Regierungsauftrag hatte?«
    »So einfach ist es nicht, Annabelle.«
    Sie schüttelte sich das lange Haar aus dem Gesicht. »Doch, ist es«, erwiderte sie barsch.
    »Hör mal …«
    Sie ging zur Tür und öffnete sie. »Lass uns den Abend beenden, bevor wir etwas sagen, das wir nachher bereuen. Oder bevor ich etwas sage. Außerdem muss ich packen.«
    »Wohin gehst du?«
    »Ich lasse es dich wissen«, antwortete Annabelle in einem Tonfall, der bei Alex starke Zweifel an der Ernsthaftigkeit ihres Versprechens hervorrief.
    Alex machte Anstalten, etwas zu erwidern, stand dann aber ebenfalls auf. Seine Miene war düster. Ohne ein weiteres Wort ging er hinaus.
    Annabelle knallte hinter ihm die Tür zu. Im Schneidersitz nahm sie vor dem Kamin Platz und betrachtete die schwarzen Fetzen der letzten Nachricht, die Oliver Stone an sie und die anderen gerichtet hatte. Tränen rannen ihr über die Wangen, als sie an den Inhalt des Schreibens dachte.
    Sie blickte zur Tür. In den vergangenen Monaten waren Alex und sie sich sehr nahegekommen. Als die Ermordung Grays und Simpsons bekannt geworden war, hatten sie und Alex sofort die Wahrheit geahnt. Doch sie beide hatten über ihre Empfindungen geschwiegen – vielleicht, weil sie befürchteten, ihr unausgesprochener Verdacht, dass Stone die beiden Männer getötet hatte, würde zur Gewissheit, indem sie ihn aussprachen. Nun war dieser Verdacht zur Gewissheit geworden, und ihre unterschiedliche Einschätzung von Stones Handlungsweise hatte einen Keil zwischen sie getrieben.
    Annabelle packte ihre wenigen Habseligkeiten zusammen, schloss das Friedhofsgärtnerhäuschen ab – nach ihrer Überzeugung zum letzten Mal –, schwang sich ins Auto und fuhr zu einem Hotel in der Nähe.
    Im Zimmer entkleidete sie sich und legte sich ins Bett. Sie musste weg von hier. Hier hielt sie nichts mehr. Da Oliver fort war, ihr Vater
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