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Callboys - Die Schönen der Nacht

Callboys - Die Schönen der Nacht

Titel: Callboys - Die Schönen der Nacht
Autoren: M Hart
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keine Zeit, nicht zu funktionieren. Jareds Praktikumszeit war vorüber, und er hatte den Test für seine Lizenz bestanden. Er hatte den Job, den ich ihm angeboten hatte, angenommen und würde nach einem Monat Urlaub anfangen. Gut für ihn, schlecht für mich. Ich hatte immer noch nicht entschieden, ob ich ihm eine Geschäftspartnerschaft anbieten wollte.
    Shelly aber war gegangen. Sie und Jared hatten sich furchtbar über die Sache mit der Geschäftspartnerschaft gestritten, und sie hatte die Beziehung beendet. Ich hatte nicht gehört, dass sie zu dem blasierten und vor Kurzem verlassenen Duane zurückgekehrt war, aber ich war sicher, früher oder später würde ich es erfahren.
    Nach der zweiten Woche hörte ich auf, bei jedem Anruf, den ich entgegennahm, zu hoffen, es sei Sam. Nicht weil ich mir nicht mehr wünschte, dass er anrief, sondern weil ich die Traurigkeit unterdrücken und mich auf mein Leben konzentrieren musste. Ich weinte zwar manchmal, doch selbst der Drang, Tränen zu vergießen, wurde mit jedem Tag schwächer.
    Während Jared nicht da war und im Büro eine Aushilfskraft saß, die sich mit der täglichen Routine nicht auskannte, versuchte ich, mit rohen Eiern zu jonglieren, ohne Omeletts zu machen. Es gelang mir, die Gottesdienste und Begräbnisse zu bewältigen. Ich wurde auch mit den Balsamierungen und den übrigen Vorbereitungen fertig. Zwar schlief ich nicht viel, aber das war in Ordnung, denn wenn ich nicht schlief, träumte ich auch nicht von Sam.
    Allerdings betete ich darum, dass es keine Todesnachricht über jemanden gab, der zu Hause gestorben war. Die meisten Anrufe kamen von Krankenhäusern und Pflegeheimen, und ich drückte die Daumen, dass nichts anderes geschah, bevor Jared an seinen Arbeitsplatz zurückkehrte.
    Das Glück hatte ich allerdings nicht.
    Der Anruf kam am frühen Nachmittag von einer Familie, die einen Monat zuvor zu einer Vorbesprechung da gewesen war. Die Ehefrau starb an Bauchspeicheldrüsenkrebs und wurde von einem ambulanten Hospizdienst zu Hause gepflegt. Den Prognosen entsprechend, hätte sie schon viel früher sterben müssen, aber sie hatte durchgehalten.
    Ich versicherte der Familie, dass ich da sein würde, um mich um sie zu kümmern, sobald der Arzt den Totenschein unterschrieben hatte, und dann legte ich den Hörer weg und vergrub mein Gesicht in den Händen.
    „Ms. Frawley?“
    Ich hob den Kopf. Ganz egal, wie oft ich Susie sagte, sie solle mich Grace nennen, es gelang ihr einfach nicht. Und sie kniff immer noch die Augen zu, wenn sie eine Leiche sah. „Ja?“
    „Sie haben ein paar Nachrichten.“
    Ich dankte ihr, nahm die Zettel entgegen, blätterte sie durch und fand nichts von Sam. Ebenso wenig eine Nachricht von Jared, der mir mitteilte, er würde früher als geplant zurückkommen.
    Verdammt. Was sollte ich nur tun? Ich konnte nicht allein hinfahren. Ich konnte der Familie aber auch nicht sagen, dass ich nicht in der Lage war, mich um ihre Frau und Mutter zu kümmern.
    Ich tat das Einzige, was mir blieb. Ich rief meinen Dad an.
    Seit der Geburtstagsparty meiner Mom war die Stimmung zwischen uns angespannt, aber er weigerte sich nicht, mir zu helfen. Ich wusste, dass er das nicht tun würde. Ganz egal, was er von mir denken mochte, mein Dad würde niemals einen Kunden hängen lassen.
    Ich hatte oft genug mit meinem Dad zusammengearbeitet, um seine Arbeitsweise zu kennen. Die Worte, die er benutzte, um der Familie sein Beileid auszusprechen, die Art, auf die er den toten Körper am liebsten zudeckte, indem er die Ränder des Lakens unterschlug, all diese Dinge. Doch als ich ihm dieses Mal zuschaute, sah ich alles mit anderen Augen. Ich erkannte mich selbst in meinem Vater, in Kleinigkeiten wie den Gurten der Bahre, die ich zuerst zuschnallte, oder der Art, wie ich die Hände der Toten faltete.
    Zurück im Beerdigungsinstitut, half er mir, alles vorzubereiten und in die Wege zu leiten, doch anstatt mir zu sagen, was ich tun sollte, oder mich zu verbessern, wenn ich etwas anders machte als er, überließ er mir die Führung.
    „Die Dinge haben sich geändert“, war sein einziger Kommentar.
    Ich hatte lange über die Idee mit der Geschäftspartnerschaft nachgedacht. Jared war gut in seinem Job, und einen Partner zu haben würde für mich bedeuten, dass ich in vielerlei Hinsicht mehr Freiheit hatte. Ich kam zu der Ansicht, einen Kommanditisten in die Firma aufzunehmen würde zwar vieles ändern, aber auch vieles verbessern. Ich hatte geglaubt, mein Dad
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