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Cafe con Leche

Cafe con Leche

Titel: Cafe con Leche
Autoren: Agathe Hanses
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Rucksäcke waren gepackt. Es fehlte
nur noch der Flug. Christine schaffte es, bei einer kleinen Airline einen
supergünstigen Hinflug nach Biarritz zu buchen. Einhundertsieben Euro für uns
beide zusammen.
    Und
jetzt? Jetzt sind wir in diesem kleinen Ort am Rande der Pyrenäen und starten
den Camino Francés, den klassischen Jakobusweg, der uns knapp achthundert
Kilometer durch Nordspanien führen wird.
    So
in Gedanken versunken, laufe ich mit Christine durch St.-Jean-Pied-de-Port. Wir
halten Ausschau nach den gelben Pfeilen, die auf Bäume, Schilder oder Steine zu
sehen sind und uns den Camino weisen. Auf nach Roncesvalles! Unsere erste
Tagesetappe von siebenundzwanzig Kilometern!
    Es
geht zum Dorf hinaus und die Straße windet sich steil nach oben. Wir keuchen!
Mein Rucksack erdrückt mich! Schweiß tropft mir von den Augenlidern! Dabei sind
wir bestimmt noch keine drei Kilometer gelaufen. Ich stöhne und schimpfe
innerlich über diese Anstrengung. Die Straße wird so steil, dass ich zeitweise
auf Zehenspitzen laufe. Mein linkes Bein fängt zu schmerzen an. Das kann ja
heiter werden!
    Laufen
— stehen! Laufen — stehen! Meine Beine zeigen’s mir! Bis zur nächsten Herberge
nach Orisson sind es noch gut zehn Kilometer. Ich kann jetzt schon nicht mehr!
Chris hat wohl nicht so viel Probleme beim Anstieg,
wie ich.
    „Geht’s,
Mama?”, höre ich sie fröhlich gut zehn Meter vor mir zwitschern.
    „Nein!”,
antworte ich bissig zurück und schleppe mich und meinen Rucksack weiter.
    „Lass
uns gleich mal Rast machen”, erbarmt sich Chris meiner. „Da vorne ist eine
Mauer, da können wir uns draufsetzen.”
    „Das
ist eine gute Idee”, sage ich. Aber eigentlich kann ich gar nicht mehr richtig
sprechen. Mein Mund ist durch die Anstrengung so trocken geworden, dass ich
wohl eher krächze. Mein Rucksack plumpst auf die Mauer. Ich bin durchgeschwitzt
und trinke einen kräftigen Schluck Wasser aus meiner Flasche. Obwohl ich die
Sonne liebe, bin ich doch heilfroh, dass sie heute nicht scheint. Da wäre das
Laufen noch unerträglicher für mich! So sitzen wir auf der Mauer und Chris
schmiert uns beiden Baguettes. Wir frühstücken erst einmal. Zwei Polinnen
kommen des Weges auf uns zu. Der etwas Jüngeren scheint die Steigung überhaupt
nichts auszumachen. Wir kommen ins Gespräch und unterhalten uns auf Englisch.
    „Wie
kommt es, dass du so flott drauf bist?”, frage ich die jüngere.
    „Ich
bin Marathonläuferin”, kommt als Antwort zurück.
    „Tja,
dann bist du ja gut durchtrainiert. Ich treibe keinen Sport. Sollte ich
eigentlich. Doch dafür bin ich viel zu bequem!”
    Die
beiden lächeln uns an. Ich glaube, sie haben mich nicht verstanden. Mit einem
„Buen camino”, verabschieden sie sich von uns und ziehen weiter ihres Weges.
Fast neidisch blicke ich ihnen nach.
    „Mh,
Chris. Die haben wohl keine Probleme mit dem Laufen. Marathonläuferin! Da werde
ich in meinem Schneckentempo sicherlich erst in zwei Monaten in Santiago
ankommen.”
    „Ach
Mama! Mach dir nichts draus! Jeder geht seinen Weg und jeder geht so, wie er
kann!”
    Erstaunt
drehe ich mich zu Chris um.
    „Welch
weise Worte aus deinem Munde!”, necke ich sie. „Aber irgendwie hast du recht.
Jeder so, wie er kann!” Und sogleich geht es mir besser. Trotzdem quäle ich
mich, bis wir die Herberge von Orisson auf halber Höhe zum Gipfel erreichen. In
dem einladenden und warmen Aufenthaltsraum lassen wir uns und die Rucksäcke auf
die Stühle fallen. Chris bestellt uns Kaffee, ich schreibe noch Postkarten.
Einen Briefkasten finde ich aber nicht. Kein Postbote, der in diese Einöde
kommt !, denke ich. Der junge Herbergsvater nimmt sich
meiner Postkarten an und will sie noch am Abend in St. Jean in den Briefkasten
einwerfen. Es ist fast vier Uhr nachmittags. Wir beschließen, in der Herberge
zu übernachten. Christine erkundigt sich nach dem Preis.
    Aha,
das ist eine private Herberge! Da liegt der Preis für jeden von uns bei 30
Euro. Staatliche Herbergen nehmen zwischen drei und sieben Euro pro
Übernachtung.
    „Sechzig
Euro für uns?”, frage ich Chris ungläubig.
    Sie
nickt.
    „Dann
gehen wir halt weiter zur nächsten Herberge.”
    In
St.-Jean-Pied-de-Port haben wir erfahren, dass es auf dem Weg nach Roncesvalles
zwei Herbergen geben soll.
    „Es
ist zwar schon sechzehn Uhr, aber das schaffen wir bestimmt noch vor der
Dunkelheit. Das sind doch nur noch acht Kilometer, oder?”, ermuntere ich Chris.
    Christine
nickt wieder.
    „Also,
lass uns
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