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Cafe con Leche

Cafe con Leche

Titel: Cafe con Leche
Autoren: Agathe Hanses
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Pullover übergezogen. Gut, dass ich den
mit eingepackt habe! Dann hole ich mir eine Zigarette aus der Schachtel.
Eigentlich wollte ich mit Beginn des Pilgerns das Rauchen aufgeben. Traute,
meine Freundin, spendiert 50 Euro, wenn ich es schaffe. Wenn ich es schaffe!
Aber, mein innerer Schweinehund obsiegt! Die Zigarette brennt! Chris ist
stinkig.
    „Dir
glaube ich gar nichts mehr!”, kriege ich zu hören. „Du wolltest aufhören und...”
Bevor Chris sich gänzlich in Wut hineinsteigert, falle ich ihr ins Wort.
    „Christine!
Es klappt einfach nicht. Ich dachte, ich könnte ab heute mit dem Rauchen
aufhören. Aber mir fehlt einfach der Wille. Kannst du das denn nicht
verstehen?”, antworte ich gereizt. Doch die Frage kann ich mir selbst
beantworten! Natürlich kann Christine das nicht verstehen! Da hab ich wohl nun
total bei ihr verspielt! Wie oft habe ich schon meinen Kindern gesagt, mit der
Raucherei aufhören zu wollen...
    „Klar,
ich finde es auch nicht so gut”, versuche ich mich zaghaft zu rechtfertigen.“
Und dass ich nun unglaubwürdig für dich bin, kann ich auch verstehen. Belassen
wir es dabei! Vielleicht schaffe ich es doch noch eines Tages, nicht mehr zu
rauchen. Und jetzt lass uns die Sachen packen und nach deinen Stöcken schauen.”
    Das
Thema Rauchen ist für heute für mich beendet. Für Chris bestimmt nicht! Ich
weiß es! Irgendwann wird sie es mir wieder vorhalten. Ich fühle mich mit Grund
wie eine Versagerin. Sie hat ja recht!
    Schweigend
rollen wir das nasse Zelt zusammen und gehen, ohne miteinander zu sprechen, in
den Ort. Die Stimmung ist dahin! In einem Sportgeschäft findet Christine
Wanderstöcke, die ihr vom Preis und Komfort zusagen. Wesentlich billiger als
bei uns! Die Stöcke sind höhenverstellbar. Das Wichtigste, in dieser
Unebenheit!
    „Die
sind ja toll”, beginne ich das Gespräch betont nett, um meine Schuldgefühle und
die gedrückte Stimmung zu dämpfen. Keine Antwort! Christine schaut sich weiter
um, findet aber keine anderen Wanderstöcke, die ihr den Komfort der Ersten
bieten. Also hat sie diese wieder in der Hand.
    „Nimm
die doch! Dann hast du wirklich ein paar Gute. Ich bezahle sie dir auch.”
    Du
willst doch nur dein schlechtes Gewissen bereinigen, zirpst mein kleines
Stimmchen drauflos. Ich hab jetzt aber keine Lust, mich mit dir
auseinanderzusetzen, entgegne ich ihm. Krampfhaft suche ich nach einem Lied, dass ich im Kopf summen kann. Mir fällt nur die Melodie von
dem Lied „Hoch auf dem gelben Wagen“ ein und so summt es in meinem Kopf. Ich
will keine Schuldgefühle haben! Und wenn es zur guten Stimmung beiträgt,
bezahle ich auch ausnahmsweise Christines Wanderstöcke. Ich zücke mein
Portemonnaie und drücke ihr das Geld in die Hand. Und siehe da: Christine hat
ihre Sprache wieder gefunden. Hurra, meine Tochter redet wieder mit mir!
    „Mama,
kauf dir auch welche! Die sind wichtig und erleichtern das Laufen!”, drängt sie
mich.
    „Das
macht mich aber kirre, immer diese Stöcke in den Händen zu halten. Ich halte
mich lieber an meinem Rucksack fest”, erwidere ich und entschließe mich, ohne
Stöcke zu laufen. Christine stellt ihre auf die passende Höhe ein.
Freudestrahlend über das Schnäppchen, bezahlt sie an der Kasse. Anschließend
laufen wir zum Supermarkt. Brötchen gibt es leider keine. Mit einem Baguette,
Aufschnitt und etwas Obst ist unser leibliches Wohl für heute gesichert. Unser
Pilgern kann nun beginnen! Ich kann es immer noch nicht glauben, dass wir hier
sind! Letztes Jahr sah ich zufällig einen Bericht im Fernsehen über diesen
Pilgerweg.
    „Sollen
wir zusammen pilgern?”, fragte ich ganz spontan Christine. Ich habe nicht
Ulrike oder Theresa gefragt. Nein, es ging mir um Chris, mit der ich jahrelange
Auseinandersetzungen hatte, die uns beiden viele Nerven kosteten. Ständige
Streitereien waren an der Tagesordnung. Ich konnte Christines Seele nicht mehr
erreichen.
    Und
dann, als ich sie fragte, mit mir gemeinsam zu pilgern, war ihre prompte
Antwort: „Klar, Mama! Ich komm mit!”
    Ich
spüre heute noch die Freude, die ich empfand. Christine und ich! Ganz alleine!
    Wir
beide gehen pilgern. Vielleicht erreichen unser beiden
Seelen sich auf dem Pilgerpfad.
    Das
war im November letzten Jahres. Im Juni 2008 waren unsere Vorbereitungen voll
im Gange. Die Idee zu pilgern nahm Gestalt an. Zuhause erschien in unserer
Zeitung ein großer Bericht von unserem Pilgervorhaben. Ein Foto von uns war
auch dabei. Chris bestand ihr Abitur; die
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