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Cäsar läßt grüssen

Cäsar läßt grüssen

Titel: Cäsar läßt grüssen
Autoren: Joachim Fernau
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Schlacht mit gigantischem Mut und rissen für Rom den Sieg an sich.
    Ich sehe, wie Sie sich, verehrte Leser, verwirrt über die Stirn streichen, grübelnd, wo Sie den Namen Castor schon einmal gehört haben.
    Im Griechischen. Dort schrieb er sich mit K und sein Freund hieß Polydeukes. Jung-Polydeukes’ Vater war kein Geringerer als Zeus. Als der sterbliche Kastor in einem der ewigen mythologischen Kämpfe fiel, setzte Zeus ihn als Morgenstern und den etwas weniger sterblichen Polydeukes als Abendstern an den Himmel, zerstreut wie er oft war. Ich sage »zerstreut«, denn er hätte ja wissen müssen, daß die beiden Sterne nur ein einziger sind. Andererseits, das muß zugegeben werden, war Zeus hier, wie Götter oft sind, sehr tiefsinnig, denn mehr als eins werden können Liebende nicht. Nun waren sie also römische Soldaten geworden. Ja, darf denn das sein? Sehen Sie: Dies ist einer der Gründe, warum am 4. März 1909, kurz vor meiner Geburt, das internationale »Copyright« eingeführt wurde.

    *

    Das war also alles recht schön verlaufen, es kehrte die Ruhe zurück und Rom konnte nun auch einmal selbst daran gehen, andere zu behelligen.
    Da bot sich Verschiedenes an, alles zu erschwinglichen Preisen.
    Einen Spaziergang weit lag Fidenae, einst latinisch, dann etruskisch, einst unternehmungslustig, jetzt müde. Ein pensionsreifes Städtchen. Die Römer überrumpelten es (um 426), ließen es aber im Halbschlaf weitermurmeln. Keine große Affäre, doch ein netter Gewinn an Wald (der damals noch ganz Italien bedeckte), an Äckern und Bauern.
    Dann dachte man an Caere, etruskische Stadt ein paar Kilometer vom Meer entfernt. War auch nicht mehr viel los in Caere. Allerdings, so auf dem Präsentierteller wie Fidenae lag es nicht. Das starke Veji war bedenklich nahe.
    Der Senat fand, man müsse zugreifen. Die Plebs mit dem bekannt gesunden Menschenverstand scheint auch nicht pazifistischer gewesen zu sein, denn von einem »Veto« ist nichts bekannt, und so zogen die Römer nun gegen Caere. Sie nahmen es ohne besondere Vorkommnisse und verdoppelten abermals ihr Katasteramt.
    Jetzt aber meldete sich Veji! Das war unangenehm. Andererseits nicht so unangenehm, wie es gewesen wäre, hätten sich Veji und Caere rechtzeitig verbündet. Noch einmal bewiesen die Römer ihre Jugendfrische, indem sie erstens sofort wieder einen Diktator wählten (den berühmten Furius Camillus, pater patriae), und zweitens den Angriff nicht abwarteten, sondern in Eilmärschen loszogen. Veji konnte gerade noch die Tore schließen. Die Belagerung zog sich hin, es wurde angeblich 396 erobert; wir wissen es nicht genau.
    Sie werden sagen, das mache nichts. Ihnen genüge es. Mir auch, obwohl ich zugeben muß, daß das ein bißchen mager ist. Die Geschichte der Republik läuft nun schon hundert Jahre: Gewiß, sie hat innerpolitisch viel Interessantes und Avantgardistisches gebracht, aber Umzüge, Streiks und Sozialbestrebungen sind, glaube ich, doch nicht so abendfüllend. Die späteren Römer empfanden das ganz richtig als etwas dünn, als gefährlich nüchtern, denn auch die demokratischste Demokratie hat Heldisches nötig, um nicht einzuschlafen — und seien es »Helden der Arbeit«. Und so ergriffen die römischen Geschichtsschreiber die Gelegenheit, ließen Furius Camillus zehn Jahre lang vor Veji liegen und egalisierten damit den Weltrekord der Griechen vor Troja.
    Vergessen Sie nicht: Wir schreiben 396, in Hellas ist längst Perikles tot, Sokrates tot, der Peloponnesische Krieg im Archiv, Herodot, Xenophon, Thukydides füllen ganze Bibliotheken, und in Rom ist man immer noch dabei, eine mythologische Vorgeschichte auf die Beine zu stellen! Was für eine rätselhafte Erscheinung bei diesem sachlichen Volk.

    *

    Was jetzt, und zwar sehr rasch folgte, schrieb die harte Wirklichkeit. Es ist ein Stück grausamer Rache des Schicksals, keine Dichtung diesmal, sondern »beste«, das heißt sinnloseste menschliche Geschichte.
    387, also neun Jahre nach dem Fall von Veji, brachen die Gallier, genauer gesagt der keltische Volksstamm der Senonen, aus der Po-Ebene in die Toskana ein und überrannten sie wie sie wollten. Mit ihren Reitern und mit Streitwagen (!) rollten sie die ganze Perlenkette der alten schönen Etruskerstädte auf, ohne besonderes strategisches Ziel, systemlos und mehr wie ein Jux als ein Anliegen. Wenn sie brennen wollten, brannten sie; wenn ihnen nicht danach war, ließen sie es bleiben. Es waren große Kerle, blond, stark, furchtlos bis
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