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Caesar erwacht!

Caesar erwacht!

Titel: Caesar erwacht!
Autoren: Ina Mares
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große Krähen auf der restlichen Asche landeten und darin herumpickten, um anschließend mit einem krächzenden Schrei senkrecht ins Morgenrot emporzusteigen.
    „Sie holen dich, Dominus! Sie tragen dich zu den Göttern. Vielleicht wirst du eines Tages wieder auf der Erde wandeln und es ist dir vergönnt, dein Werk zu vollenden...“
    Er beruhigte sich bei dem Gedanken und sah den seltsamen Viechern einige Zeit verträumt murmelnd nach. Allein die Vorstellung, wie sein Herr bei der göttlichen Venus willkommen geheißen würde, gab ihm ein wenig Frieden. 
    Plötzlich hörte er in der Ferne das rhythmische Stampfen von schweren Soldatenfüßen. Eine kleine Gruppe von Centurionen musste, dem furchteinflößenden Getrampel nach, zum Platz unterwegs sein, um die Aufräumarbeiten zu beaufsichtigen. Den Rest erledigten wie immer Sklaven. Auf Marcus´ Anweisung hin sollte die Asche Caesars auf ewig verborgen bleiben, um nicht seinen zahlreichen Gegnern in die Hände zu fallen. 
    Schnell entfernte sich Rufius und verbarg seine persönliche Zueignung unter der Kleidung. Im Hause Caesars erfuhr er, dass die Vergeltungsmaßnahmen des Marcus Antonius bereits im vollen Gange waren: Der Senat war geflohen, deren Familienmitglieder waren verschreckt aufs Land geflüchtet, und auch die römische Elite hielt sich möglichst in ihren schützenden Behausungen auf und streunte nicht durch die Straßen. Jeder argwöhnte jedem. Keiner wusste, auf welche Seite er sich nun schlagen sollte. Und niemand wollte einem weiteren Attentat zum Opfer fallen. Rom war zu einer Statue erstarrt, die jederzeit durch einen Schwerthieb zerbersten konnte. 
     
    Und Rufius? Seine Dienste wurden nicht mehr benötigt; deshalb wurde er später von Marcus mit viel Lob und etwas Kapital in die Ungewissheit der Arbeitslosigkeit entlassen. Für seine treuen zwanzigjährigen Dienste. Quo vadis, Rufius?
    Mit viel Schmerz und Ängsten um seine Zukunft trat er einen langen, beschwerlichen Marsch zum bescheidenen Anwesen seines Bruders im Norden an. Im Gepäck ein geheimnisvolles, kleines Behältnis mit einem unvorstellbar bedeutenden Inhalt, der dort seine letzte Ruhestätte finden sollte. Rufius hinterließ dazu eine Notiz in seinen Schriften über Caesar, die erst zweitausend Jahre später aufgefunden, ein Ereignis zur Folge haben sollte, was niemand für möglich gehalten hätte. Nicht mal anno 2006.
     
     
     

Kapitel 0/ – Nichts Geborenes/Nullam rem natam
    „Dr. Brix, dieser seltsame … Albino ist wieder da. Heute allerdings in doppelter Ausführung.“
    Eine junge, blonde Sprechstundenhilfe steckte den Kopf in die Tür des Behandlungszimmers von Dr. Brix und bedachte ihn mit einem verblüfften Blick.
    „Gut. Führen Sie beide herein!“ Brix ging nicht näher auf Robertas Bemerkung ein, sondern lotste sie aus der Zone seiner unhippokratischen Experimente. Ein leidenschaftliches Frösteln überkam den wortkargen Mann, als er seiner Aushilfe eine einleuchtende Erklärung mit auf den Nachhauseweg gab.
    „Sie können für heute gehen, Roberta. Ich behandle sie wegen Syphilis. Es ist ihnen peinlich, daher der späte Besuch.“
    „Ich verstehe, Sir. Aber gleich zwei …?“ 
    Brix schüttelte den Kopf und schob Roberta hinaus auf den Gang. 
    Sie kapierte den Wink und verabschiedete sich hastig. „’nen schönen Abend noch.“
    „Oh, Roberta, den werde ich haben. Einen außergewöhnlichen Abend …!“ 
    Die Art, wie er diese letzten drei Worte hervorbrachte, und sie dabei mit einem stechenden Blick bedachte, ließ Roberta erschauern. Eine Schlange, die zischend ihre Beute anvisierte, konnte nicht unheimlicher und gefährlicher wirken.
    Irgendwie war es schwierig, sich eine menschliche Regung in diesen kalten, grauen Augen auszumalen. Obwohl die junge Frau fröstelte, verließ sie fröhlich winkend, die Praxis in Richtung Bushaltestelle.
    Immerhin verschafft er mir Arbeit und Brot. Und nur das zählt. Mit diesem Gedanken rückte sie ihr Bild von Dr. Brix wieder zurecht. Der Bus fuhr entgegengesetzt von Robertas eigentlicher familiärer Behausung. Ein Disput mit ihrem Vater hatte sie von dort vertrieben. 
    Tief in Gedanken, ließ Roberta die Häuser der Londoner Vororte an sich vorbeiziehen. Sie grübelte über den seltsamen Mann in der Praxis nach, der jetzt wohl Albinos an empfindlichen Stellen verarztete. 
    Ob die da unten auch weiß …? Sie musste unwillkürlich laut lachen, sah sich danach erschrocken um und atmete erleichtert auf. Sie spürte,
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