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Cäsar Cascabel

Cäsar Cascabel

Titel: Cäsar Cascabel
Autoren: Jules Verne
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viele jener kleinen Händler, welche zum Jahrmarkt gekommen waren, kurz, ein ungeheurer Andrang seitens des Publikums.
    Am Eingange lärmten die Musikanten der Truppe, Xander, Napoleone, Clou, mit Klappenhorn, Posaune und Trommel, sowie Cornelia, die in fleischfarbenem Tricot und rosenrotem Gewande auf der großen Trommel polterte. Das gab ein wunderbares Getöse, ganz dazu angethan, die Ohren der Musiks zu entzücken.
    Dazwischen schrie Cäsar Cascabel korrekt und verständlich auf Russisch:
    »Herein!… Spazieren Sie herein, meine Herren und Damen!… Der Platz kostet vierzig Kopeken… ohne Unterschied!.. Spazieren Sie herein!«
    Und sobald die Herren und Damen auf den Cirkusbänken Platz genommen hatten, verschwand das Orchester, um sich seiner programmmäßigen Rolle bei der Vorstellung zu widmen.
    Der erste Abschnitt ging vorzüglich. Die kleine Napoleone auf dem straffen Seil, der junge Xander mit seinen Clown-Verrenkungen, die gelehrten Hunde, der Affe John Bull und der Papagei Jako mit ihren ergötzlichen Kunststücken, Herr und Frau Cascabel mit ihren Kraft-und Geschicklichkeitsproben, sie alle erzielten wahrhaft große Erfolge. Bei dem stürmischen Beifall, welcher diesen Künstlern ersten Ranges so gerechterweise zu teil wurde, ging auch Jean nicht leer aus. Vielleicht, da seine Gedanken bei anderen Dingen weilten, zauderte seine Hand, vielleicht waren seine equilibristischen Talente einen Augenblick beeinträchtigt… Aber das war nur dem Auge des Meisters sichtbar und das Publikum merkte nichts davon, daß der arme Junge nicht ganz bei der Sache sei!
    Was die lebendige Pyramide betrifft, die dem Zwischenakte voranging, so wurde ihre Wiederholung einstimmig verlangt.
    Im übrigen war Herr Cascabel von verblüffender Verve und guter Laune, indem er seine Künstler dem Publikum vorstellte und wohlverdiente Hurrarufe für dieselben erbat. Nie hatte dieser hervorragende Mann glänzender bewiesen, wie weit eine energische Natur sich zu beherrschen vermag. Die Ehre der Familie Cascabel war gesichert Es war ein Name, den die Moskowiten stets mit Bewunderung und Achtung aussprechen würden.
    Aber wenn das Publikum diesem Teile des Programms mit Interesse gefolgt war, mit welcher Ungeduld erwartete es nicht den zweiten! Während des Zwischenaktes sprach man in den Couloirs von nichts anderem.
    Nach einer Pause von zehn Minuten, welche den Zuschauern gestattet hatte, sich draußen an der Luft zu erfrischen, kehrte die Menge zurück; kein Platz blieb unbesetzt.
    Ortik und Kirschef waren bereits vor einer Stunde von ihrem Rundgange zurückgekehrt und hatten ein halbes Dutzend Gehilfen mitgebracht. Man errät, daß es eben jene früheren Spießgesellen von ihnen waren, die sie im Uralpasse wiedergefunden hatten.
    Herr Cascabel musterte seine neuen Figuranten sehr aufmerksam.
    »Güte Köpfe!…« rief er. »Gute Gesichter!… Schöner Bau!… Vielleicht von etwas zu anständigem Äußeren, um die Rolle von Räubern zu spielen!… Aber mit Hilfe von struppigen Perücken und schauerlichen Bärten werde ich schon etwas aus ihnen machen!«
    Und da Herr Cascabel erst am Schlusse des Stückes auftrat, hatte er die nötige Zeit, um die Rekruten vorzubereiten, zu kostümieren, zu frisieren, mit einem Worte, um präsentable Räuber aus ihnen zu machen.
    Dann klopfte Clou-de-Girofle dreimal auf den Fußboden. In einem gut eingerichteten Theater würde bei den letzten Klängen des Orchesters der Vorhang in die Höhe gegangen sein. Wenn es hier nicht so geschah, so war es, weil sich auf Reitbahnen keine Vorhänge zu befinden pflegen, selbst wo sie zu Bühnen dienen.
    Man möge aber darum nicht glauben, daß es gänzlich an Dekorationen oder doch einem Anschein von Dekorationen fehlte. Rechts stellte ein Schrank mit darauf gemaltem Kreuze die Kirche vor oder vielmehr die Kapelle, deren Glockenturm vermutlich hinter den Coulissen stand; in der Mitte bildete die Reitbahn einen sehr natürlichen Dorfplatz; zur Rechten gaben einige geschickt gruppierte Stauden in Kübeln eine recht klare Idee vom Schwarzwalde.
    Das Stück begann unter tiefem Schweigen. Wie niedlich Napoleone war in ihrem gestreiften, ein wenig verblichenen Kleidchen, den hübschen Hut wie eine Blume auf das blonde Haar gesetzt, mit ihrer so treuherzigen und zärtlichen Miene! Der erste Liebhaber, Xander, in orangefarbenem, an den Nähten verschossenem Wamms, hofierte ihr mit solch leidenschaftlichen Gesten, daß ein Dialog die Sache nicht verständlicher gemacht
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