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Cäsar Cascabel

Cäsar Cascabel

Titel: Cäsar Cascabel
Autoren: Jules Verne
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hätte! Und der Eintritt Clou-de-Girofles mit seiner albernen, strohgelben Perücke, den langen, schlenkernden Beinen, der dummen und arroganten Miene, der bebrillten Nase! Und der Affe, der ihm Gesichter schnitt und der Papagei, dessen Geplapper so geistreich schien! Nichts konnte gelungener sein, als dieser Jahrmarktsnarr!
    Nun erscheint Cornelia, eine Frau, die schrecklich sein wird, wenn sie einmal Schwiegermutter geworden ist. Sie bescheidet Xanders Werbung um Napoleone abschlägig; und dennoch fühlt man, daß unter ihren vornehmen, mittelalterlichen Flittern ein Herz pocht.
    Große Sensation, als Jean als italienischer Carabinier auftritt. Er ist sehr traurig, sehr niedergeschlagen, der arme Junge! Er scheint eher an alles andere als an seine Rolle zu denken! Er möchte lieber an Xanders Stelle sein und Kayette zur Braut haben, so daß er sie direkt zum Altar führen könnte! Und wie viele verlorene Stunden, wo ihnen noch so wenige des Zusammenseins blieben!
    Indessen war die dramatische Situation so packend, daß sie den Schauspieler mit sich fortriß. Es wäre unmöglich gewesen, in einer solchen Rolle kein ungeheures Talent an den Tag zu legen. Man bedenke! Ein Bruder, der in Carabinier-Uniform aus dem Kriege zurückkehrt und die Partei einer Schwester gegen die hochmütigen Befehle einer Mutter und die lächerlichen Ansprüche eines Gecken ergreift!
    Prächtig, die Herausforderungsscene zwischen Jean und Clou-de-Girofle! Dieser Dummkopf zittert vor Furcht, daß er mit den Zähnen klappert, daß sein Blick unstet und seine Nase übermäßig lang wird, – so lang, als hätte ihm ein Degen den Kopf durchbohrt und stäke ihm beim Gesicht heraus.
    Da ertönt diesmal vielstimmiges Geschrei hinter den Coulissen. Der junge Xander, von seinem Mute hingerissen, vielleicht mit der Absicht, den Tod zu suchen, da ihm das Leben zur Last ist, stürzt sich in die Tiefen des in Kübeln steckenden Waldes. Man hört einen sehr heftigen Kampf hinter der Scene, einen Schuß…
    Im nächsten Augenblick tritt Fracassar, der Räuberhauptmann, auf. Er ist schrecklich anzusehen mit seinem verblichenen rosa Tricot und seinem rotgewordenen schwarzen Barte. Die ganze Bande von Bösewichtern begleitet ihn gestikulierend. Unter den Räubern figurieren Ortik und Kirschef, unkenntlich in ihren Perücken und Kostümen. Die in ihrer Ehre bedrohte Cornelia wird von dem fürchterlichen Hauptmann gepackt. Xander eilt, sie zu verteidigen und es scheint fast, als ob die gewöhnliche Lösung des Stückes an jenem Tag kompromittiert werden sollte, denn die Situation ist nicht mehr dieselbe.
    In der That, als Herr Cascabel allein die ganze Räuberbande des Schwarzwaldes zu repräsentieren hatte, fiel es Jean, Xander, ihrer Mutter, ihrer Schwester, samt Clou-de-Girofle nicht schwer, ihn bis zur Ankunft der fern hinter den Coulissen signalisierten Gendarmen in Respekt zu halten. Aber diesmal kommt der Räuberhauptmann Fracassar an der Spitze von acht Übelthälern in Fleisch und Bein, sichtbar, greifbar, mit denen man kein so leichtes Spiel haben wird… Man hatte also allen Grund, sich zu fragen, wie das enden werde, ohne daß die Wahrscheinlichkeit zu stark darunter litte….
    Plötzlich stürzt ein Trupp Kosaken auf die Bühne. Eine höchst unerwartete Wendung…
     

    Plötzlich stürzte ein Trupp Kosaken auf die Bühne. (Seite 340.)
     
    Herr Cascabel hat wirklich nichts versäumt, um dieser Vorstellung außerordentlichen Glanz zu verleihen; seine Figuranten sind vollzählig. Gendarmen oder Kosaken, das ist alles eins! Im Nu sind Ortik, Kirschef und ihre sechs Gefährten zu Boden geworfen, gebunden und das um so leichter, als ihre Rolle sie verpflichtet, sich überwältigen zu lassen…
    Aber plötzlich ertönt ein Ruf:
    »Ah! nicht mich, wenn’s gefällig ist, brave Kosaken!… Die dort so viel ihr wollt!… Ich… ich bin nur als Lacher beteiligt!«
    Und wer spricht also?… Es ist Fracassar, oder eigentlich Herr Cascabel, der sich mit freien Armen erhoben hat, während die regelrecht gefesselten Figuranten sich in den Händen der Polizei befinden.
    Das war Cäsar Cascabels großartiger Einfall gewesen! Nachdem er Ortik und seine Mitschuldigen gebeten, die Rolle der Räuber zu übernehmen, hatte er sich mit den Behörden von Perm in Verbindung gesetzt und sie davon verständigt, daß sie einen prächtigen Fang machen könnten. Das erklärt das rechtzeitige Erscheinen des Kosakentrupps am Schlusse des Stückes.
    Ah! dieser prächtige Streich
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