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BY704 - Der Rächer aus Sing-Sing

BY704 - Der Rächer aus Sing-Sing

Titel: BY704 - Der Rächer aus Sing-Sing
Autoren: Der Rächer aus Sing-Sing
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und schmale kräftige Lippen. Eine hohe Stirn, leicht eingefallene Wangen und ein ausgeprägtes Kinn vervollständigten das Bild.
    »Sieht aus wie ein friedlicher Pensionär«, fand Phil.
    »Wenn er das wäre, würde er in dieser Mordgeschichte keine Rolle spielen«, stellte Dillaggio fest.
    Zum zweitenmal wurde die Tür aufgestoßen. Neville kam herein. »Hallo, Jerry!« rief er. »Ich habe etwas für dich. Du arbeitest doch an dem Fall Kingston-West, nicht wahr?«
    »Ja«, nickte ich. »Gibt es etwas Neues?«
    »Ein paar Häuser weiter neben Kingston-West ist ein junges Mädchen verschwunden. Ebenfalls ein Millionärstöchterchen, ebenfalls noch keine 20. Sie heißt Sandra Sheppart. Ihr Vater macht sich Sorgen, weil er von der Sache mit Doreen Kingston-West gehört hat. Er hat eben angerufen. Kann natürlich auch sein, daß das Mädchen irgendwo zu lange gefeiert hat«, sagte er.
    »Seit wann ist sie verschwunden?« fragte ich knapp.
    »Seit gestern abend.«
    »Und weiß ihr Vater, wo sie gestern abend war?«
    »Moment mal.« Neville kniff die Augen zusammen. »Er hat eine Bar erwähnt…«
    »Go-Go-Club?« fragte Phil.
    »Ja, stimmt! Go-Go-Club.«
    Phil warf mir einen Blick zu. Ich wußte, was er dachte. Im Go-Go-Club hatte Doreen Kingston-West diesen Little Ben kennengelernt, mit dem sie zuletzt gesehen worden war. Doreen war ermordet worden. Wenn es zwischen Doreens Tod und dem Verschwinden von Sandra Sheppart einen Zusammenhang gab, dann schwebte Sandra in höchster Gefahr.
    Phil hatte bereits sein Jackett übergezogen. Ich griff nach dem Autoschlüssel und ließ mir die Adresse der Shepparts geben. Fünf Minuten später steuerte ich meinen roten Jaguar über die Straße.
    Wir brauchten eine knappe Viertelstunde. Hinter der Villa der Kingston-Wests brachte ich den Wagen zum Stehen. »Das muß es sein.« Ich wies auf ein zweistöckiges, ziemlich nüchtern wirkendes Bauwerk mit dichtverhängten Fenstern.
    Wir gingen über den sauberen Kiesweg, nahmen die Stufen der schmucklosen Freitreppe und klingelten an der Tür.
    Sandra Shepparts Vater öffnete selbst.
    Er war ein hochgewachsener, breitschultriger Mann Anfang 50. Vom Hörensagen wußte ich, daß er vor Jahren seine Frau verloren hatte. Das Schicksal seiner Tochter schien ihm an die Nieren zu gehen. Sein Gesicht war ernst und angespannt.
    Wir nannten unsere Namen und zeigten ihm unsere Ausweise.
    »Kommen Sie bitte!« Er führte uns in einen großzügig, aber sachlich kühl eingerichteten Salon und wies auf ein Sofa mit schwarzem Lederbezug. »Nehmen Sie bitte Platz! Einen Drink?«
    Ein junges Mädchen mit weißem Häubchen erschien und setzte ein Tablett mit Gläsern auf der Kupferplatte des Tisches ab.
    Sandra Shepparts Vater hob das Glas. »Ich danke Ihnen, daß Sie so schnell gekommen sind. Sie können sich denken, daß ich mir Sorgen mache. Sandra ist die Nacht über noch nie weggeblieben. Und nun, nach dieser schrecklichen Geschichte mit Doreen…«
    »Ist es möglich, daß Ihre Tochter die Nacht bei einer Freundin verbracht hat?« warf ich ein.
    »Nein. Ich habe überall herumtelefoniert. Sie ist nicht aufzufinden. Und…« er sah mich einen Augenblick lang eindringlich an, »… ich kenne Sandra. Sie ist ein ernsthaftes Mädchen. Sie ist nicht leichtsinnig. Sie würde niemals eine Dummheit machen oder ausreißen.«
    »Hat sie einen Freund namens Little Ben?« fragte Phil dazwischen.
    »Little Ben?« Sheppart sah uns irritiert an. »Nein. Ihr Freund heißt Johnny Ashley. Aber er ist seit einem halben Jahr auf Europareise. Sie schreiben sich nur.«
    »Haben Sie in letzter Zeit etwas Auffälliges an Ihrer Tochter bemerkt? Eine Veränderung? Freunde und Freundinnen, die Sie vorher nicht kannten?«
    »Nein. Nichts. Gar nichts.«
    Sheppart konnte uns nicht den kleinsten Hinweis geben. Er führte uns in das Zimmer seiner Tochter, aber auch das brachte kein Ergebnis. Das übliche Teenagerzimmer. Briefe, Tagebücher oder sonst etwas, das Aufschluß über Sandras Verschwinden hätte geben können, waren nicht aufzufinden.
    Ich ließ mir ein Foto von Sandra Sheppart geben. Einen Augenblick lang betrachtete ich das Bild. Es zeigte ein blutjunges, hübsches Mädchen mit schmalem Gesicht und haselnußbraunen Augen, mit vollem dunklem Haar und einem fast noch kindlichen Mund. Ein zauberhaft junges, reines Gesicht, das ich nicht wieder vergessen würde.
    Mußte sie das Schicksal Doreens teilen? Ein solch junges Menschenkind?
    Ohnmächtige Wut stieg in mir
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