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Butterblumenträume - Rath, C: Butterblumenträume

Butterblumenträume - Rath, C: Butterblumenträume

Titel: Butterblumenträume - Rath, C: Butterblumenträume
Autoren: Christine Rath
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würde dich wirklich nicht bei der Arbeit stören, wenn es nicht unglaublich wichtig wäre.«
    »Weiß ich, Mama«, sage ich so dahin, während ich nebenbei weiter nach der Notiz suche. »Heute kann ich wirklich nicht, ich muss noch ganz viel arbeiten, und Leon holt mich pünktlich ab. Wir gehen doch zu der Modenschau in Schloss Salem.«
    »Ach jaaaaaa, richtig, das hatte ich völlig vergessen«, flüstert sie, und ich weiß, dass sie jetzt traurig ist.
    »Dann macht euch einen schönen Abend. Vielleicht meldest du dich morgen mal. Ich muss dir nämlich was Wichtiges erzählen.« Bevor ich antworten kann, hat sie bereits aufgelegt. Mist, jetzt habe ich schon wieder ein schlechtes Gewissen. Sie war immer für uns da, und ich habe so oft keine Zeit für sie. Was soll ich tun? Ich kann sie jetzt nicht noch einmal anrufen und mir anhören, was es denn so Wichtiges gibt, denn ich muss unbedingt weitermachen, sonst komme ich heute überhaupt nicht mehr aus dem Büro. Ich nehme mir aber ganz fest vor, am nächsten Tag bei ihr anzurufen und sie auf eine Tasse Kaffee einzuladen.
    Dabei kann ich ihr auch gleich von der Modenschau erzählen, das wird ihr gefallen. Irma sieht wohl mein unglückliches Gesicht, denn sie fragt nach, ob sie mir irgendwas abnehmen kann. Die Gute. Ich erzähle ihr von der Rütli-Geschichte und der Modenschau, und da bietet sie mir an, nach der Notiz zu suchen und, wenn sie sie gefunden hat, das Exposé gleich fertigzumachen und sogar zur Post zu bringen. Wie nett sie doch ist. Ich umarme sie und nehme mir vor, gleich morgen bei der Parfümerie Drahtmann vorbeizugehen und eine duftende Seife als kleines Dankeschön für sie zu kaufen. Irma liebt schöne Seifen und hat schon eine ordentliche Sammlung beisammen. Schnell vereinbare ich noch einen Friseurtermin für Herrn Aschenbrenner und bestelle einen Tisch für zwei Personen im ›Rosmarin‹. Dann schnappe ich meine Tasche, ein auf Ninis Anraten bei Zara gekauftes XXL-Modell in dezentem Beige, in der ich eigentlich nie etwas finde, und eile mit einem hastigen »Tschüss« aus der Tür. Nix wie weg. Auf dem Weg zum Parkplatz atme ich tief durch und krame nebenbei in der Tasche nach der Kamera. Glücklicherweise habe ich sie dabei.
    Wo war noch gleich das Objekt, das ich fotografieren soll? Objekt 415, das weiß ich noch, aber die Straße? Seestraße meine ich gelesen zu haben, aber welche Nummer? Und wo ist noch mal die Seestraße? Nußdorf, ja, das war es. Das ist zum Glück gleich der nächste Ort. Und so lang wird die Seestraße nicht sein. Was für ein Mist, dass ich kein Navi habe. Jetzt wäre es ein Gewinn. Normalerweise brauche ich das nicht, denn in Überlingen kenne ich mich durch die vielen Immobilientermine, die ich in den letzten Jahren für Herrn Aschenbrenner schon wahrnehmen musste, gut aus. Außerdem ist die Stadt überschaubar und ich kann jemanden fragen. Selbstbewusst steuere ich den Mini in Richtung Nußdorf. Ich werde das Haus schon finden. Zu blöd, dass es heute so grau und düster ist. Kaum jemand ist auf der Straße, und so muss ich mein Glück auf eigene Faust versuchen. Ich bin schon fast wieder aus Nußdorf herausgefahren, als ich endlich das Schild ›Seestraße‹ entdecke. Der Hinweis ›Durchfahrt verboten, Anlieger frei‹ kann mich nicht abhalten, schließlich habe ich ein Anliegen, oder etwa nicht? Die Häuser hier sind fast alle alt, aber wunderschön gelegen auf großen Grundstücken mit altem Baumbestand, die bis zum See reichen. Aber welches ist Objekt 415? Wer verkauft bloß ein solches Objekt?
    Ich beschließe, den Mini am Straßenrand abzustellen und zu Fuß weiterzugehen. Ein Entschluss, den ich sofort bereue, denn es ist nicht nur empfindlich kalt und der Trenchcoat, den ich heute trage, ist zwar schick, aber nicht gerade warm, nein, die Straße ist auch noch reichlich uneben und mein Schuhwerk wirklich nicht geeignet für einen längeren Spaziergang. Endlich entdecke ich eine ältere Dame, die in ihrem Garten herumwerkelt. Ihr kleiner Hund tollt um sie herum.
    »Guten Tag!«, rufe ich ihr munter zu, und sie schaut mich misstrauisch an. Wahrscheinlich hält sie mich für eine Avon-Beraterin. Dennoch kommt sie auf mich zu und sagt freundlich: »N’Abend.«
    »Entschuldigen Sie bitte die Störung, können Sie mir vielleicht weiterhelfen? Hier soll ein Haus verkauft werden, und ich habe leider die Hausnummer vergessen.«
    Sie runzelt die Stirn und betrachtet mich noch einmal unverhohlen von oben bis unten,
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