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Butterblumenträume - Rath, C: Butterblumenträume

Butterblumenträume - Rath, C: Butterblumenträume

Titel: Butterblumenträume - Rath, C: Butterblumenträume
Autoren: Christine Rath
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der ein großer Spiegel angebracht ist und die zudem mit Modeschmuck und Parfumflaschen vollgestellt ist. Ninis Zimmer hat diverse Entwicklungsphasen von ihr durchlebt, angefangen vom rosaroten und leicht kitschigen Mädchentraum über die Indienphase mit lauter bunt bestickten Kissen bis zu ihrer aktuellen sonnengelben Deko. Glücklicherweise sind ihre Möbel weiß lackiert und können je nach Laune farblich variiert werden. Unsere Wohnung ist alles andere als ein Designertraum, aber sie ist unser stiller Rückzugsort von allen alltäglichen Widrigkeiten, ein richtiges Zuhause eben. Ich bin überzeugt, Nini sieht das genauso, auch wenn die meisten ihrer Freundinnen in schicken Einfamilienhäusern am Bodenseeufer leben. Interessant ist, dass eben diese Freundinnen sich ebenfalls häufig und gern bei uns aufhalten und nach der Schule zusammen Spaghetti kochen oder einen frischen Salat zubereiten, von dem ich, wenn ich Glück habe, auch etwas abbekomme. Ich habe den Verdacht, dass sie in ihren Designerküchen nichts dreckig machen dürfen, während unsere Küchenzeile schon so einiges ausgehalten hat.
     
    Nini hat mein rundes Gesicht geerbt, allerdings hat sie blaue und ich grüne Augen, und zurzeit sind ihre Haare blond und glatt, meine braun und lockig. Sie kann natürlich so viel Schokolade essen, wie sie will, während ich diese nur anzusehen brauche, um zuzunehmen. Obwohl ich ständig mit dem Rad unterwegs bin, während ihr einziger Sport daraus besteht, von einer Boutique zur anderen zu laufen, ist sie selbstverständlich um einiges schlanker als ich. Was sie jedoch nicht davon abhält, sich immer wieder Sachen aus meinem Schrank auszuleihen, während ich das nur mit ihren Schuhen und Taschen machen kann. Da sie davon allerdings reichlich besitzt und wir dieselbe Schuhgröße haben, profitiere ich also auch ein wenig.
     
    Nun zurück zu dem grauen Nebeltag und zu meinem mies gelaunten Chef.
    »Frau Winter, ich dachte, ich hätte Sie schon gestern an das Exposé für die Schweizer erinnert. Was ist denn jetzt damit? Ist das endlich raus?«
    Ich lächle ihn freundlich an und stelle ihm erst mal seine Kaffeetasse hin, um ihn positiv zu stimmen.
    »So gut wie«, fabuliere ich, obwohl es noch nicht einmal geschrieben, geschweige denn ausgedruckt ist. Um genau zu sein, weiß ich nicht einmal mehr, für welche der Wohnungen diese Schweizer sich interessiert haben. Aber irgendwo auf meinem Schreibtisch befindet sich die Notiz, da bin ich mir ganz sicher. An das Ehepaar Rütli kann ich mich sehr gut erinnern, besonders an sie. Es sind ältere Leute, die ihr Haus in Zürich verkaufen und sich eine schicke Eigentumswohnung am Bodensee kaufen wollen, um den Ruhestand hier inmitten ihrer Lieblings-Golfplätze zu verbringen. Natürlich haben wir einige sehr exklusive Immobilien im Angebot, die dem anspruchsvollen Geschmack der beiden gerecht werden könnten. Ich weiß nur nicht, ob Herr Aschenbrenner die Wohnanlage ›Immengarten‹ in Ludwigshafen mit Seeblick oder die ›Kirschblüte‹ in Salem inmitten der herrlichen Obstbäume angeboten hat. Daran kann ich mich beim besten Willen nicht mehr erinnern, sondern nur an den arroganten Auftritt von Frau Rütli bei uns im Büro mit ihrer Hermes-Tasche und den Louboutin-Pumps und wie sie mir im Vorübergehen: ›Zwei Kaffee Crème ohne Zucker!‹ hingeworfen hat und dass ich mich fragte, ob ihr Gesicht nun geliftet oder Botox gespritzt ist. Ich meine, es gibt keine Frau über 60, die eine derart faltenfreie Stirn hat. Jedenfalls ließ Herr Aschenbrenner seinen Charme spielen und machte ihr Komplimente, wie ihr glockenhelles Lachen aus seinem Büro bewies. Ihm ist natürlich bewusst, wie wichtig die Ehefrau bei der Entscheidung über eine Immobilie ist, daher gibt er sein Bestes. Als alter Hase weiß er aber auch, dass er es nicht übertreiben darf, denn sonst ist der Ehemann verärgert, und dann wird es nichts mit dem Verkauf. Doch findet er jedes Mal das richtige Maß, und wegen dieses Gespürs beneide nicht nur ich ihn, sondern auch seine zahlreichen Mitbewerber hier am See. Welche Immobilie war es nur? Es bleibt mir nichts anderes übrig, als den Schreibtisch zu durchwühlen. Das werde ich gleich als Nächstes tun, so viel steht fest. Bevor ich allerdings meinen Schreibtisch ansteuern kann, hält er mich noch einmal zurück: »Ach ja, Frau Winter, und bitte denken Sie dran, einen Friseurtermin für mich zu vereinbaren, am besten gegen 17.30 Uhr, und reservieren Sie mir einen
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