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Brunetti 18 - Schöner Schein

Brunetti 18 - Schöner Schein

Titel: Brunetti 18 - Schöner Schein
Autoren: Donna Leon
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Dritten Welt verkaufte.
    Der Conte unterbrach seine angeregte Unterhaltung mit dem Weißhaarigen, als er Paola bemerkte. Er stellte sein Glas ab, sagte noch etwas zu dem Mann, trat um ihn herum und ging auf seine Tochter und Brunetti zu. Als sein Gastgeber sich entfernte, wandte der Mann sich neugierig um. Und jetzt fiel Brunetti auch der Name ein: Maurizio Cataldo, ein Mann, von dem es hieß, er habe Beziehungen zur Stadtverwaltung. Die Frau sah weiter aus dem Fenster, als sei sie bezaubert von der Aussicht und habe das Verschwinden des Conte gar nicht bemerkt.
    Brunetti und Cataldo kannten sich, wie so oft in dieser Stadt, nur vom Sehen; dennoch wusste Brunetti in groben Umrissen über Cataldo Bescheid. Die Familie war, soweit Brunetti wusste, irgendwann zu Beginn des letzten Jahrhunderts aus dem Friaul nach Venedig gekommen, hatte es in der Zeit des Faschismus zu Wohlstand gebracht und war im großen Boom der sechziger Jahre sogar noch reicher geworden. Bauwesen? Transportwesen? Er wusste es nicht genau.
    Der Conte begrüßte Brunetti und Paola beide mit zwei Wangenküssen und drehte sich wieder zu dem Paar um, mit dem er zuvor gesprochen hatte. »Paola, du kennst die beiden«, und zu Brunetti: »Aber du vermutlich nicht, Guido. Sie möchten dich unbedingt kennenlernen.«
    Das mochte für Cataldo gelten, der ihnen mit hochgezogenen Augenbrauen und zur Seite geneigtem Kinn entgegensah und seinen Blick mit unverhohlener Neugier zwischen Paola und Brunetti hin- und hergehen ließ. Die Miene der Frau hingegen war unmöglich zu deuten. Oder genauer gesagt, ihr Gesicht drückte eine andauernde Erwartung aus, hineingepflanzt von einem hilfsbereiten Chirurgen. Ihr Mund war bis ans Ende seines irdischen Daseins zu jenem kleinen Lächeln geöffnet, das man zeigt, wenn die Hausangestellte einem ihr Enkelkind vorstellt. Als Ausdruck von Freude mochte das Lächeln etwas dünn sein, aber die Lippen, die lächelten, waren voll und von einem dunklen Rot, wie man es von Kirschen kennt. Ihre Augen wurden von den hochstehenden Wangen zusammengedrückt, die zu beiden Seiten ihrer Nase als pralle rosa Polster von der Größe einer längshalbierten Kiwi prangten. Die Nase selbst begann höher an der Stirn, als Nasen es gewöhnlich tun, und war seltsam flach, als habe sie jemand nach dem Einsetzen mit einem Spachtel geglättet.
    Von Falten und Flecken keine Spur. Ihre Haut war perfekt, die Haut eines Kindes. Das blonde Haar gab durch nichts zu erkennen, dass es etwas anderes sein könnte als gesponnenes Gold, und Brunetti wusste genug über Mode, um zu erkennen, dass ihr Kleid kostspieliger war als jeder Anzug, den er je besessen hatte.
    Das also musste Cataldos zweite Frau sein, »la Superliftata«, eine entfernte Verwandte der Contessa, von der Brunetti zwar gelegentlich gehört, die er aber nie persönlich kennengelernt hatte. Kurzes Stöbern in seinem Gedächtnisspeicher für Gesellschaftsklatsch ergab, dass sie irgendwoher aus dem Norden kam, angeblich die Öffentlichkeit scheute und irgendwie seltsam war.
    »Ah«, unterbrach der Conte Brunettis Grübeleien. Paola küsste die Frau auf die Wange, dann gab sie dem Mann die Hand. Zu der Frau gewandt sagte der Conte: »Franca, ich möchte dir meinen Schwiegersohn vorstellen, Guido Brunetti, Paolas Mann.« Und dann zu Brunetti: »Guido, darf ich vorstellen: Franca Marinello und ihr Mann Maurizio Cataldo.« Er trat zur Seite und winkte Brunetti nach vorn, als überreichte er Brunetti und Paola dem anderen Paar auf dem Präsentierteller.
    Brunetti gab erst der Frau die Hand, die überraschend fest zupackte, dann dem Mann, dessen Hand sich so trocken anfühlte, als müsste sie mal abgestaubt werden. »Piacere«, sagte er und sah erst ihr und dann dem Mann mit einem Lächeln in die Augen.
    Der Mann nickte, aber es war die Frau, die etwas sagte. »Ihre Schwiegermutter hat in all den Jahren so gut von Ihnen gesprochen; ich bin sehr erfreut, Sie endlich kennenzulernen.«
    Bevor Brunetti eine Antwort einfiel, schwang die Doppeltür zum Speisesaal von innen auf, und der Mann, der die Mäntel entgegengenommen hatte, verkündete, das Essen sei serviert. Während man hinüberging, kramte Brunetti in seinem Gedächtnis nach irgendetwas, was die Contessa ihm über ihre Freundin Franca erzählt haben mochte, erinnerte sich aber nur daran, dass die Contessa sich vor Jahren, als Franca zum Studieren nach Venedig gekommen war, ihrer angenommen hatte.
    Beim Anblick des Tischs - schwer beladen mit
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