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Brunetti 14 - Blutige Steine

Brunetti 14 - Blutige Steine

Titel: Brunetti 14 - Blutige Steine
Autoren: Donna Leon
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tödlich getroffen.« Den nächsten Absatz überflog er stumm und las dann wieder laut vor: »Unter den Papieren, die in der Wohnung sichergestellt wurden, befanden sich handgezeichnete Pläne der amerikanischen Botschaft in Rom und der Kanalisation des US -Stützpunktes in Vicenza.«
    Brunetti nahm die Brille ab und warf sie auf den Tisch. »In der Stellungnahme eines ›Mitglieds der Anti-Terror-Einheit‹ heißt es, die Polizei habe untadelig und tapfer reagiert, und man hoffe, daß die kommenden Ermittlungen die Verbindungen zwischen dieser Gruppe und den Drahtziehern des internationalen Terrorismus in vollem Umfang aufdecken werden.«
    Paola ging zur Spüle und goß den kalten Kaffee in den Ausguß. Sie schraubte den Espressokocher auf, reinigte sie und füllte anschließend frisches Wasser ein. »Magst du noch?« fragte sie.
    »Nein, danke. Ich hatte schon mehr als genug.«
    Als der Espressokocher auf dem Herd stand, setzte Paola sich zu Brunetti an den Tisch. »Aber warum hat mein Vater dich angerufen? Und was bedeutet das alles?« Sie wies auf die Zeitungen.
    Brunetti zuckte die Achseln. »Schwer zu sagen. Es könnte bedeuten, daß es sich genau so verhält, wie sie behaupten, und man eine Terrorzelle ausgehoben hat. Aber es könnte auch ganz was anderes dahinterstecken.«
    »Du hast schon Kaffee getrunken, also klär mich bitte auf. Meine politische Phantasie ist noch nicht richtig wach.«
    »Also merkwürdig ist, daß sie keine Namen nennen, ja nicht einmal die Nationalität der Verdächtigen angeben. Und es steht auch nirgends, welcher größeren Terroristenvereinigung man sie zuordnet.«
    »Aber auf CNN haben sie doch gesagt, es geht um islamische Fundamentalisten.«
    »Das sagen die Amerikaner schon, wenn einer in zweiter Reihe parkt!« konterte Brunetti aufgebracht. In ruhigerem Ton fuhr er fort: »Dein Vater wollte doch, daß ich mir diesen CNN-Beitrag ansehe, also muß der Einsatz in Padua irgendwie mit der Ermordung des Afrikaners zusammenhängen. Fragt sich nur, wie.«
    Der Kaffee fing an zu blubbern, und Paola ging und nahm ihn vom Herd. »Dann geh ins Büro und sieh zu, was du dort in Erfahrung bringst.«
    In der Questura, wo Brunetti kurz nach acht eintraf, schien es so ruhig und gemächlich zuzugehen wie immer um diese Zeit. Da er die Zeitungen schon gelesen hatte, mußte der Commissario sich wohl oder übel mit dem Aktenberg beschäftigen, der seit über einem Monat auf seinem Schreibtisch in die Höhe wuchs. Obwohl es sich eigentlich gehört hätte, daß die Leute vom Innenministerium, wenn sie sich schon anmaßten, seine Anrufe entgegenzunehmen, gefälligst auch diese Berichte und Protokolle bearbeitet hätten.
    Brunetti betrieb sein Aktenstudium beharrlich bis gegen elf, als sein Telefon läutete. Einmal in Gang gekommen, mochte er sich nicht von dem geistlosen Papierkram ablenken lassen und nahm erst nach dem sechsten Klingeln ab. »Ja?« knurrte er.
    »Guten Morgen, Commissario«, sagte Signorina Elettra.
    »Tut mir leid«, entschuldigte er sich automatisch. »Ich habe zuviel Kaffee getrunken.«
    »Der Vice-Questore anscheinend auch.«
    »Wie bitte?«
    »Ja, er wirkt so aufgekratzt, falls das der richtige Ausdruck ist für sein Verhalten. Und er will Sie sprechen.«
    »Ich komme runter.« Ein aufgekratzter Patta - Brunetti war gespannt, wie sich das äußern würde.
    Es äußerte sich, wie er wenige Minuten später beim Betreten von Pattas Büro feststellte, in einem strahlenden Lächeln, hinter dem Brunetti eine gehörige Portion Selbstzufriedenheit witterte. »Ah, Commissario!« säuselte Patta, kaum daß er ihn sah. »Ich freue mich, daß Sie sich herunterbemüht haben. Ich habe einiges mit Ihnen zu besprechen.«
    »Ja, Vice-Questore?« Brunetti trat ein paar Schritte vor.
    »Setzen Sie sich doch, setzen Sie sich!« Und Patta wies auf den Stuhl direkt vor ihm.
    Brunetti nahm wortlos Platz.
    »Ich weiß, wir haben alle viel zu tun, also werde ich Ihre Zeit nicht über Gebühr in Anspruch nehmen«, begann Patta, und Brunetti schloß daraus, daß er entweder sehr früh oder in einem Restaurant außerhalb der Stadt zum Mittagessen verabredet war.
    »Ja, ich höre?«
    »Es geht um diesen Schwarzen, der getötet wurde«, begann Patta aufs neue. Dann schlug er einen kameradschaftlichen Ton an: »Oder, um ganz genau zu sein, um Ihre Weigerung, mir zu vertrauen, als ich Ihnen sagte, der Fall würde höheren Orts geklärt.« Da Brunetti nichts erwiderte, fuhr Patta fort: »Ich habe Ihnen damals
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