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Brunetti 05 - Acqua alta

Brunetti 05 - Acqua alta

Titel: Brunetti 05 - Acqua alta
Autoren: Donna Leon
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Ich sehe, wir haben Zucker. Soll ich Ihnen einen Grog machen?«
    »Nein, danke. Ein Grappa genügt mir.«
    Jacopo Poli, eine zierliche, mundgeblasene Flasche, nur das Beste für Signor La Capra. Brunetti trank das Glas in einem Zug leer und stellte es aufs Tablett zurück, bevor La Capra noch das heiße Wasser in seinen Rum gegossen hatte. Während La Capra mit Eingießen und Umrühren beschäftigt war, sah Brunetti sich im Zimmer um. Viele der Stücke ähnelten denen, die er in Bretts Wohnung gesehen hatte.
    »Noch einen, Dottore?« fragte La Capra.
    »Nein, danke«, sagte Brunetti, der wünschte, er hätte etwas gegen die Kälte tun können, die ihn noch immer schüttelte.
    La Capra beendete seine Zeremonie, trank vorsichtig und stellte dann sein Glas aufs Tablett. »Kommen Sie, Dottor Brunetti. Lassen Sie sich einige meiner Neuerwerbungen zeigen. Sie sind erst gestern gekommen, und ich muß zugeben, daß ich mich königlich freue, sie hier zu haben.«
    La Capra drehte sich um und ging zur linken Wand der Galerie, aber als Brunetti einen Schritt machte, hörte er es unter seinen Füßen knirschen. Er schaute zu Boden und sah dort ein Häufchen Tonscherben liegen. Auf einem der Fragmente war eine schwarze Linie. Rot und Schwarz, die beiden Hauptfarben der Keramik, die Brett ihm gezeigt und erklärt hatte.
    »Wo ist sie?« fragte Brunetti müde und frierend.
    La Capra blieb stehen, den Rücken zu Brunetti, und wartete einen Moment, bevor er sich umdrehte. »Wo ist wer?« fragte er dann mit schief gelegtem Kopf und lächelte.
    »Dottoressa Lynch.«
    La Capra hielt den Blick weiter auf Brunetti gerichtet, der aber ahnte, daß etwas vorging, daß zwischen dem älteren und dem jüngeren Mann eine Botschaft ausgetauscht wurde.
    »Dottoressa Lynch?« wiederholte La Capra in erstauntem, aber noch immer höflichem Ton. »Meinen Sie die amerikanische Wissenschaftlerin? Die über chinesische Keramiken geschrieben hat?«
    »Ja.«
    »Ach, Dottor Brunetti, Sie wissen gar nicht, wie sehr ich mir wünschte, sie wäre hier. Ich habe da zwei Objekte - sie gehören zu denen, die gestern gekommen sind -, die mir allmählich etwas fragwürdig erscheinen. Ich bin mir nicht mehr sicher, ob sie wirklich so alt sind, wie ich dachte, als ich sie ...«, die Pause war winzig, »... als ich sie erworben habe. Ich würde alles darum geben, die Meinung von Dottoressa Lynch dazu hören zu können.« Er sah zu dem jungen Mann, dann schnell wieder zu Brunetti. »Aber wie kommen Sie nur darauf, daß sie hier sein könnte?«
    »Weil sie sonst nirgendwo sein kann«, erklärte Brunetti.
    »Es tut mir leid, aber das verstehe ich nicht, Dottore. Ich weiß nicht, wovon Sie reden.«
    »Ich rede von dem hier«, sagte Brunetti, indem er den Fuß ausstreckte und eine der kleinen Scherben zertrat.
    La Capra zuckte bei dem Geräusch unwillkürlich zusammen, aber er blieb dabei. »Ich weiß noch immer nicht, wovon Sie reden. Wenn Sie diese Scherben meinen, die lassen sich leicht erklären. Beim Auspacken war jemand sehr ungeschickt.« Er blickte auf den Boden und schüttelte den Kopf, betrübt über den Verlust und ohne jedes Verständnis dafür, daß jemand so ungeschickt hatte sein können. »Ich habe veranlaßt, daß die verantwortliche Person bestraft wird.«
    Brunetti merkte, daß sich hinter ihm etwas tat, doch bevor er sich umdrehen und sehen konnte, was es war, trat La Capra auf ihn zu und nahm ihn beim Arm. »Aber kommen Sie doch, und sehen Sie sich meine neuen Stücke an.«
    Brunetti riß sich los und fuhr herum, aber der junge Mann war schon an der Tür. Er öffnete sie, lächelte Brunetti zu und war schon aus dem Zimmer geschlüpft und hatte die Tür hinter sich zugezogen. Von der anderen Seite hörte Brunetti das unverkennbare Geräusch eines Schlüssels, der im Schloß umgedreht wurde.

25
    Rasche Schritte entfernten sich draußen auf dem Gang. Brunetti drehte sich zu La Capra um. »Es ist zu spät, Signor La Capra«, sagte er, um einen ruhigen und vernünftigen Ton bemüht. »Ich weiß, daß sie hier ist. Sie machen nur alles noch schlimmer, wenn Sie versuchen, ihr etwas anzutun.«
    »Entschuldigen Sie, signor poliziotto, aber ich habe nicht die geringste Ahnung, wovon Sie sprechen«, sagte La Capra.
    »Von Dottoressa Lynch. Ich weiß, daß sie hier ist.«
    La Capra lächelte und machte eine weit ausholende Handbewegung. »Ich weiß nicht, warum Sie so darauf bestehen. Ich meine, wenn sie hier wäre, dann wäre sie doch sicher hier bei uns, um sich
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