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Brunetti 03 - Venezianische Scharade

Brunetti 03 - Venezianische Scharade

Titel: Brunetti 03 - Venezianische Scharade
Autoren: Donna Leon
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einen Arm in den Ärmel stecken wollte.
    »Danke, Commissario«, wiederholte der und griff nach dem Stuhl. Die beiden Männer gingen auf das Gebäude zu. Der Polizist stellte den Stuhl vor die Hintertür und folgte dem Fahrer. Sie verschwanden um die Ecke, und Brunetti ging zu dem Loch im Zaun.
    Er bückte sich tief, kroch hindurch und lief dann auf den Busch zu. Die Hinterlassenschaften der Spurensicherung waren überall zu sehen: Löcher in der Erde, wo sie Stöcke hineingesteckt hatten, um Entfernungen zu messen, Erdaufschürfungen, wo sich Füße gedreht hatten, und näher an der Stelle ein kleiner Haufen, ordentlich aufgetürmt; offenbar hatten sie Gras und Zweige abschneiden müssen, um an die Leiche heranzukommen und sie wegbringen zu können, ohne die Haut an den scharfkantigen Halmen und dornigen Zweigen zu verletzen.
    Hinter Brunetti fiel eine Tür ins Schloß, und gleich darauf rief eine Männerstimme: »He, Sie, was machen Sie da? Gehen Sie da weg, zum Donner.«
    Brunetti drehte sich um und sah wie erwartet einen Mann in Polizeiuniform, der von der Rückseite des Gebäudes her mit schnellen Schritten auf ihn zukam. Während Brunetti ihn beobachtete und sich dabei nicht von der Stelle rührte, zog der Mann seinen Revolver und schrie: »Nehmen Sie die Hände hoch und kommen Sie durch den Zaun.«
    Brunetti tat wie geheißen; er bewegte sich wie auf Geröll, mit seitwärts ausgestreckten Händen, um die Balance nicht zu verlieren.
    »Ich habe gesagt, Hände hoch!« geiferte der Polizist, als Brunetti am Zaun ankam.
    Der andere hatte eine Waffe, deshalb versuchte Brunetti lieber nicht, ihm klarzumachen, daß er die Hände ja hochhielt, auch wenn sie nicht über seinem Kopf waren. Statt dessen sagte er: »Guten Tag, Sergente. Ich bin Commissario Brunetti aus Venedig. Haben Sie die Aussagen der Leute da drin aufgenommen?«
    Die Augen des Mannes waren klein, und viel Intelligenz war darin nicht zu entdecken, aber immerhin konnte Brunetti erkennen, daß der andere die Zwickmühle sah, in der er sich befand. Er konnte Beweise verlangen, konnte einen Commissario nach seinem Ausweis fragen, oder er konnte einem Fremden, der behauptete. Polizeibeamter zu sein, ohne weiteres Glauben schenken.
    »Tut mir leid, Commissario, ich habe Sie gegen die Sonne nicht erkannt«, sagte der Sergente, obwohl die Sonne ihm von hinten über die linke Schulter schien. Damit wäre er durchgekommen, hätte sogar Brunettis grollenden Respekt geerntet, wenn er nicht noch eins draufgesetzt hätte: »Es ist schwierig, wenn man so in die Sonne tritt aus dem Dunkel da drin. Außerdem habe ich nicht damit gerechnet, daß von Venedig noch jemand herauskommt.« Auf dem Namensschildchen an seiner Brust stand: »Buffo.«
    »Mestre hat offenbar in den nächsten paar Wochen keine Commissari zur Verfügung, da hat man mich geschickt, um die Ermittlungen zu leiten.«
    Brunetti bückte sich und kroch durch das Loch im Zaun. Als er sich auf der anderen Seite wieder aufrichtete, war Buffos Revolver im Holster und die Lasche darüber sicher befestigt.
    Brunetti schritt auf die Hintertür des Schlachthofs zu, Buffo ging neben ihm her. »Was haben Sie von den Leuten da drin erfahren?«
    »Nicht mehr als heute vormittag bei unserem ersten Besuch, Commissario. Einer von den Fleischern, Bettino Cola, hat die Leiche heute morgen kurz nach elf gefunden. Er war draußen, um eine Zigarette zu rauchen, und ist zu dem Gestrüpp gegangen, weil er sich irgendwelche Schuhe näher ansehen wollte, die auf dem Boden lagen, wie er sagte.«
    »Waren denn keine Schuhe da?« fragte Brunetti.
    »Doch. Sie waren da, als wir hinkamen.« Wenn man ihn so reden hörte, mußte man fast annehmen, daß Cola sie dorthin gelegt hatte, um den Verdacht von sich abzulenken. Wie jeder normale Bürger oder jeder Kriminelle, haßte Brunetti sogenannte hartgesottene Bullen.
    »Am Telefon wurde uns gesagt, eine Hure liege draußen auf der Wiese. Daraufhin bin ich rausgefahren und habe sie mir angesehen, aber es war ein Mann«, zischte Buffo.
    »Nach dem, was mir berichtet wurde, soll es sich um einen prostituto travestito handeln«, sagte Brunetti ausdruckslos. »Ist er denn schon identifiziert?«
    »Nein, noch nicht. Wir lassen die im Leichenschauhaus Fotos von ihm machen, obwohl er ziemlich schlimm zugerichtet wurde, und danach macht ein Zeichner dann eine Skizze, wie er vorher ausgesehen haben könnte. Das Bild zeigen wir herum, und früher oder später wird ihn jemand erkennen. Diese Typen
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