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Brückenorakel Bd 2 - Weltenwanderer (German Edition)

Brückenorakel Bd 2 - Weltenwanderer (German Edition)

Titel: Brückenorakel Bd 2 - Weltenwanderer (German Edition)
Autoren: Melissa Fairchild
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ausstieß. Donny kicherte.
    »Nur jemand, den ich kenne«, antwortete Avi. »Ist es in Ordnung, wenn ich meine Mittagspause mit ihr verbringe?«
    »Tu, was du nicht lassen kannst, mein Junge.« Eric grinste. »Aber du hast nur zwanzig Minuten.«
    Feuerrot im Gesicht, lief Avi zum Tor, wo Hannah ihn erwartete.
    »Du warst beim Friseur«, stellte er fest.
    »Gefällt es dir?« Sie fuhr sich mit der Hand durch das kurze, stachelige, ehemals wasserstoffblonde Haar, das nun scharlachrot leuchtete. »Ich will meinen Typ verändern. Doch den behalte ich.« Sie berührte den silbernen Ring in ihrer Unterlippe.
    »Du siehst spitzenmäßig aus.«
    »Du auch.« Sie drückte seine muskulösen Oberarme. »Die Arbeit hat einen Mann aus dir gemacht.«
    »Soll das heißen, dass ich vorher keiner war?«
    »Die Frage kannst du dir selbst beantworten. Komm, lass uns essen. Ich muss in einer Stunde wieder im College sein.«
    Sie setzten sich auf eine Bank auf einem nahe gelegenen Platz und verspeisten die von Hannah mitgebrachten Brote. Der Schwarm Stare von vorhin kreiste weiter über ihnen am Himmel. Avi hatte keinen Appetit, während Hannah ihr Sandwich hinunterschlang und ihm dabei von ihrer Seminararbeit in englischer Literatur erzählte.
    »Wir sind jetzt bei Milton«, verkündete sie. »Das verlorene Paradies. Ein himmelweiter Unterschied zu Shakespeare … Avi, hörst du mir überhaupt zu?«
    »Was? Oh, tut mir leid. Hast du nicht auch das Gefühl, dass ein Gewitter aufzieht?«
    Sie schauten hinauf zum Himmel. Er war strahlend blau, und nirgendwo war eine Wolke in Sicht.
    »Du solltest dich mal auf deinen Geisteszustand untersuchen lassen, Avi. Der Wetterbericht sagt für die ganze Woche ein Hoch voraus. Andererseits haben wir April, da kann man nie wissen. Frühlingsschauer und so.« Sie beugte sich vor und küsste ihn auf den Mund. Der Silberring an ihrer Lippe war kühl. »Und wie läuft es bei dir? Ich meine, mit deinem Job. Bleibst du bis zum Sommer dabei?«
    »Ich glaube schon. Ich bin gern an der frischen Luft. Außerdem ist die Bezahlung gut.«
    »Aber du gibst nie etwas aus. Außer der Miete, die du an Mum bezahlst.«
    »Ich spare.«
    »Auf was denn? Lass mich raten – eine Tätowierung! Alle Bauarbeiter sind tätowiert.«
    »Etwas Besonderes.«
    »Noch besonderer als ich?«
    »Vielleicht.«
    Sie runzelte in gespieltem Ärger die Stirn und sah auf die Uhr.
    »Ich muss los«, verkündete sie dann und sprang auf. »Bis später.«
    Sie küssten sich noch einmal, und Avi blickte ihr nach, als sie zur U-Bahn-Station rannte. Ja, hier war jetzt sein Zuhause.
    Die Hände tief in den Hosentaschen, schlenderte er zurück zur Baustelle. Über ihm waren die Stare enger zusammengerückt. Der Schwarm ballte sich wie ein Tintenklecks am klaren Himmel. Im nächsten Moment flog er, einem schwarzen Feuerwerk gleich, auseinander. Die Vögel verteilten sich zwischen den Gebäuden und waren bald nicht mehr zu sehen.
    »Jetzt aber ein bisschen plötzlich, Avi!« Eric stand am Tor und tippte auf seine Armbanduhr. »Du kommst zehn Minuten zu spät, und wir sind heute Nachmittag unterbesetzt. Also Tempo!«
    Als Avi sich nach seinem Steinbrett umsah, fiel ihm ein, dass er es auf dem Gerüst gelassen hatte. Also holte er seinen Schutzhelm aus der Hütte, eilte zum Gerüst und kletterte hinauf. Ein großes Passagierflugzeug flog dröhnend und tief über die Stadt. Am Fluss schlugen Möwen mit ihren weißen Flügeln. Die Luft war frisch und knisterte elektrisch. Als Avi rasch weiterkletterte, fühlte er sich jung und lebendig.
    Oben angekommen, griff er nach dem Steinbrett und machte auf dem Absatz kehrt, um die Leiter wieder hinunterzusteigen. Da schwirrte etwas in seinem Augenwinkel: gelbe Flügel und ein blaues Flirren. Der Schmetterling war zurück. Er hatte sich auf dem Steinbrett gesonnt, war aufgeschreckt worden und flatterte Avi nun mitten ins Gesicht.
    Avi wich vor dem kleinen Insekt zurück und schlug unwillkürlich danach. Sein Fuß berührte die oberste Sprosse der Leiter, rutschte jedoch sofort wieder ab. Mit den Armen rudernd ließ er das Steinbrett fallen, das in die Tiefe trudelte. Als er sich am Geländer festhalten wollte, fasste seine Hand ins Leere. Er hörte seinen eigenen erstickten Schrei. Unten krachte es, als das Steinbrett auf einem Haufen von Dachpfannen landete.
    Im nächsten Moment kippte Avi, den starren Blick zum Himmel gerichtet, nach hinten. Er überschlug sich langsam, und dann kam der Boden immer schneller auf
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