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Bruderschaft der Unsterblichen

Bruderschaft der Unsterblichen

Titel: Bruderschaft der Unsterblichen
Autoren: Robert Silverberg
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weiß der Himmel, warum. Als Daddy in meinem Alter war, ging er nach Belgisch-Kongo, um Uran-Minen zu entdecken. Er fand zwar nichts, verlebte aber eine schöne Zeit. Und mir ist es auch vorbestimmt, meinen Grillen nachzujagen. Ich gehe mit, sagte ich. Aber laßt mich damit bis nach dem E x amen in Ruhe. Erst später eröffnete Eli mir einige Regeln dieses Spiels. Aus jeder Vierergruppe können höchstens zwei ewig leben, und zwei müssen sterben. Ein hübscher Schlenker ins Melodramatische. Eli sah mir fest in die Augen: „Jetzt weißt du, welches Risiko du eingehst“, sagte er. „Du kannst noch aussteigen, wenn du willst.“ Er setzte mir das Messer auf die Brust, wollte wissen, ob mein blaues Blut so rein war. Ich lachte ihn an. „Die Chancen stehen nicht schlecht“, sagte ich.

4. KAPITEL
Ned
     
    Rasch noch ein paar Impressionen, bevor dieser Ausflug unser Leben verändert; und das wird er ganz bestimmt. Es ist Mittwoch, der 7. März. Wir erreichen New York City.
    TIMOTHY. Rosa und gold. Eine fünf Zentimeter di c ke Schicht fester, dichter, alles bedeckender Muskeln. Groß, schwer; er hätte beim Football Verteidiger werden können, wenn ihn das interessiert hätte. Die blauen A u gen eines Heiligen, die einen immerzu anlachen. Er kann mit seinem Lachen alles bei einem erreichen. Die Mani e rismen der amerikanischen Aristokratie. Im Moment trägt er das Haar im Bürstenschnitt, seine Art, der Welt mitzuteilen, daß er sich seine eigenen Moderegeln macht, daß er sein eigener Herr ist. Bemüht sich, plump und tr ä ge zu erscheinen. Eine große Katze, ein schlafender T i ger. Aufgepaßt! Tiger sind wendiger, als sie aussehen; und sie sind schneller auf den Beinen, als ihre Opfer das für gewöhnlich annehmen.
     
    ELI. Schwarz und weiß. Dünn, zerbrechlich. Kleine A u gen. Einige Zentimeter größer als ich, wirkt aber trot z dem klein. Dünne, sensible Lippen, ein starkes Kinn, lockiges Haar. Die Haut weiß, unglaublich weiß: Er war nie in der Sonne. Eine Stunde nach seiner letzten Rasur hat er das Gesicht wieder voller Stoppeln. Dichter Haa r wuchs auf Brust und Oberschenkeln. Er könnte kräftiger wirken, wäre er nicht so dünn. Mit Mädchen hat er viel Pech. Im Prinzip könnte ich mit ihm etwas anfangen, aber er ist nicht mein Typ – er ähnelt mir zu sehr. Der umfassende Eindruck bei ihm ist die Verletzlichkeit. Ein scharfsinniger Denker, wenn auch nicht so tiefschürfend, wie er glaubt, aber auch kein Dummkopf. Im Grunde genommen ein mittelalterlicher Scholastiker.
     
    ICH. Gelb und grün. Eine lebendige kleine Elfe mit einer Spur Unbeholfenheit in ihrer Lebendigkeit. Sanft ve r wickeltes goldbraunes Haar, das wie ein Heiligenschein absteht. Die Stirn ist hoch und breitet sich immer mehr aus, verdammt noch mal. Unabhängig voneinander sa g ten mir letzte Woche zwei Mädchen, daß ich aussähe wie eine Figur von Fra Angelico. Ich nehme an, sie besuchen die gleiche Kunstakademie. Ich habe etwas Priesterhaftes an mir. Dies sagte jedenfalls meine Mutter zu mir. Sie sah mich als einen gutmütigen Monsignore an, der einem den Kummer erleichtert. Verzeih, Mama. Der Papst wird auf Leute wie mich verzichten können. Die Mädchen tun das nicht. Sie erkennen intuitiv, daß ich schwul bin, und bieten sich mir bereitwillig an; ich glaube, um mich he r auszufordern. Schade, eine Verschwendung. Ich bin ein brauchbarer Poet und ein mäßiger Kurzgeschichte n schreiber. Wenn ich mal Lust dazu habe, versuche ich mich an einem Roman. Ich glaube, ich werde nicht alt. Ich fühle, daß die Romantik das von mir erwartet. In Übereinstimmung mit dieser Rolle muß ich ständig me i nen Selbstmord in Betracht ziehen.
     
    OLIVER. Rosa und gold, wie Timothy; aber wie grun d verschieden doch! Timothy ist eine solide, rohe Säule, Oliver eine Kerze. Es ist unglaublich, wie sehr Olivers Körper und Gesicht dem Ideal eines Filmstars entspr e chen: fast einen Meter neunzig, breite Schultern, schmale Hüften. Perfekte Proportionen. Ein kräftiger, stiller Typ. Er sieht sehr gut aus, weiß das und schert sich keinen Deut darum. Ein Junge vom Land, aus Kansas, ein off e nes Gesicht ohne Falschheit. Das lange Haar ist so hel l blond, daß es fast weiß wirkt. Von hinten sieht er wie ein großgewachsenes Mädchen aus, abgesehen von seinem zu schmalen Becken. Seine Muskeln wölben sich nicht so wie bei Timothy, sie sind flach und langgezogen. Ol i ver täuscht niemanden mit seiner tölpelhaften Schwerfä l ligkeit. Hinter den sanften
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