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Bruderschaft der Unsterblichen

Bruderschaft der Unsterblichen

Titel: Bruderschaft der Unsterblichen
Autoren: Robert Silverberg
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Weiten Neu-Englands mit den majestätischen Bäumen und breiten Straßen , weißen Kongregatan-Kirchen und blauäugigen Menschen. Wie gut es doch tat, der Unkompliziertheit unserer football-bestimmten Universität zu entkommen und wieder faulige Stadtluft zu atmen. Eine Nacht in Manhattan, dann weiter nach Westen; durch die Wüste; in den Griff der Hüter der Schädel. Ich mußte an die ve r zierte Seite in dem alten Manuskript denken, die archa i sche Schrift, den Seitenrand mit dem Ornament von acht grinsenden Totenschädeln (sieben davon fehlt der Unte r kiefer, trotzdem schaffen sie es zu grinsen), jeder in e i nem s paltenbreiten Kreis. Wir bieten dir das ewige Leben an. Wie unwirklich erschien mir jetzt die ganze Sache mit der Unsterblichkeit, während sich meinen Augen die glänzenden Streben der George-Washington-Brücke zeigten, die irgendwo im Südwesten leuchteten, und die aufstrebenden Gründerstiltürme von Riverdale, die uns zur Rechten umgaben. Und auch die nach Knoblauch riechende Gegend von Manhattan, direkt vor uns. Einen Moment lang befiel mich plötzlicher Zweifel. Diese ve r rückte Hedschra. Wir Idioten nahmen die ganze Sache ernst, waren verrückt genug, so gut wie gar kein psych o logisches Kapital in eine übergeschnappte Märcheng e schichte zu investieren. Noch war es nicht zu spät, Ar i zona zu vergessen und statt dessen nach Florida, Fort Lauderdale, Daytona Beach zu fahren, wo all die will i gen, sonnengebräunten Puppen nur darauf warteten, von vier kultivierten Jungen aus dem Norden vernascht zu werden. Wie es hin und wieder vorkommt, schien Ned meine Gedanken zu lesen. Er warf mir einen scharfen, spöttischen Blick zu und sagte sanft: „Niemals sterben zu müssen. Immer weiter leben! Kann das denn wahr sein, wirklich wahr?“

2. KAPITEL
Ned
     
    Das eigentlich Faszinierende, die Herausforderung, für mich der ästhetische Gewinn an der Sache, ist der U m stand, daß zwei von uns sterben müssen, damit die be i den anderen vom Tod befreit werden. Das sind die B e dingungen, die die Hüter der Schädel stellen, vorausg e setzt, daß Elis Übersetzung des Manuskripts richtig ist. Ich glaube schon, daß die Übersetzung korrekt ist – Eli ist unglaublich genau in allen literaturwissenschaftlichen Dingen. Aber man muß immer die Möglichkeit mit ei n beziehen, daß der ganze Text ein Schwindel ist, den Eli selbst verfaßt hat, daß alles Nonsens ist. Betreibt Eli i r gendein verschrobenes Spiel mit uns? Ich traue ihm alles zu. Er ist ein verschlagener Jude, kennt alle Tricks der Ghettobewohner und hat vielleicht eine abgefeimte G e schichte ausgeheckt, mit der er drei unglückliche Goyim ihrer Bestimmung zuführen kann: einem rituellen Blu t bad in der Wüste. Nimm den Dünnen zuerst, den Schw u len, und stoß ihm das scharfe Schwert in sein gottesl ä sterliches Arschloch! Aber wahrscheinlich male ich mein Bild von Eli verwirrter, als er wirklich ist, und projiziere Teile meiner eigenen verdrehten, bisexuellen psych i schen Instabilität auf ihn. Eli wirkt aufrichtig, ein netter jüdischer Junge eben. Aus jeder Gruppe von vier Kand i daten, die sich selbst dieser Prozedur ausliefern, muß einer freiwillig aus dem Leben scheiden, und ein zweiter wird von den beiden anderen umgebracht. Sic dixit liber calvariarum . So spricht das Buch der Schädel. Guck, auch ich spikka da Caesarish. Zwei sterben, zwei überl e ben. Eine tolle Ausgangsstellung, eine viereckige Mand a la. Ich zuckte in der schrecklichen Spanne zwischen A b leben und Ewigkeit. Für den philosophischen Eli bede u tet dieses Abenteuer eine schwarze Version von Pascals Spiel, eine existentialistische Alles-oder-nichts-Exkursion. Für Ned, den Möchtegern-Künstler, ist es eine schmerzvolle Angelegenheit, eine Frage von Form und Erfüllung. Wen von uns erwartet welches Schicksal? Oliver mit seinem animalischen Lebenshunger des Mi t telwestens: Er wird nach dem Born der Ewigkeit greifen, er muß es ja; keine Sekunde denkt er an die Möglichkeit, daß er zu denen gehören könnte, die sterben müssen, d a mit die anderen leben. Und Timothy wird natürlich auch aus dem Arizona-Abenteuer gesund und unsterblich he r vortreten und dabei heiter seinen Platinlöffel schwenken. Leuten wie ihm ist es vorbestimmt zu siegen. Warum sollte er den eigenen Tod zulassen, wenn ihn ein solches Vermögen erwartet? Man stelle sich nur einmal vor, se i ne Kapitalanteile würden im Jahr um durchschnittlich sechs Prozent steigen, und das achtzehn
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