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Bruder Cadfaels Buße

Bruder Cadfaels Buße

Titel: Bruder Cadfaels Buße
Autoren: Ellis Peters
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bekam er die Erlaubnis, bei Abt Radulfus vorzusprechen. Beide Männer nahmen in dessen Sprechzimmer Platz.
    »Vater Abt, ich vermute, daß Hugh Beringar Euch bereits mit allem vertraut gemacht hat, was ihm durch die Briefe des Grafen von Leicester übermittelt wurde. Er hat Euch wohl auch über das Schicksal der Ritter in der Burg Faringdon berichtet, die sich geweigert haben, ihre Gebieterin im Stich zu lassen?«
    »So ist es«, gab Radulfus zur Antwort. »Ich habe die Namensliste der Gefangenen gesehen, und mir ist klar, welches Schicksal sie erwartet. Ich bin aber überzeugt, daß man sich bei der bevorstehenden Versammlung in Coventry auf eine Möglichkeit einigen wird, sie freizulassen oder gar auf eine bessere Lösung verfällt.«
    »Könnte ich doch Eure Zuversicht teilen! Allerdings fürchte ich, daß keine der streitenden Parteien daran denkt, nachzugeben. Euch wird der Name des Ritters Olivier de Bretagne aufgefallen sein. Niemand hat seit dem Fall von Faringdon etwas von ihm gehört, und man weiß nichts über seinen Verbleib. Obwohl sein Lehnsherr bereit ist, Lösegeld für ihn zu zahlen, hat man ihm bisher keine Möglichkeit dazu gegeben. Ich muß Euch unbedingt gewisse Einzelheiten über diesen jungen Mann berichten, von denen ich weiß, daß Hugh sie Euch nicht mitgeteilt hat.«
    »Ich weiß durchaus einiges über ihn«, erinnerte ihn Radulfus lächelnd, »denn ich habe keineswegs vergessen, daß er vor vier Jahren zur Zeit des Festes anläßlich der Überführung der heiligen Winifred hier war. Er suchte nach einem gewissen Knappen, der nach dem Treffen in Winchester mit einem Mal fehlte.«
    »Dennoch ist Euch eines nach wie vor unbekannt«, sagte Cadfael, »was ich Euch möglicherweise längst hätte sagen müssen, schon, als er zum ersten Mal in mein Leben getreten ist. Ich hatte nicht geglaubt, daß sich meine Pflicht diesem Kloster gegenüber in irgendeiner Weise ändern könnte. Auch habe ich nicht angenommen, daß ich Olivier de Bretagne je wieder begegnen oder er meiner bedürfen würde. Nunmehr aber scheint der Zeitpunkt gekommen zu sein, alles vor Euch auszubreiten«, fuhr er schlicht fort. »Olivier ist mein Sohn.«
    Das Schweigen, das jetzt eintrat, war von einer erstaunlichen Gelassenheit und Milde. Menschen bleiben auch innerhalb der Klostermauern Menschen, sind verletzlich und fehlbar. Wie es sich für einen Weisen geziemt, empfand Radulfus große Hochachtung vor der Vollkommenheit, erwartete aber nicht unbedingt, ihr im Umgang mit seinen Mitmenschen zu begegnen.
    »Als ich mit achtzehn Jahren nach Palästina kam«, sagte Cadfael mit einer Stimme, in der kein Bedauern lag, »lernte ich in Antiochia eine junge Witwe kennen und verliebte mich in sie. Viele Jahre später - ich war nach Sankt Simeon zurückgekehrt, um von dort wieder in die Heimat zu segeln - begegnete ich ihr erneut und war in Liebe mit ihr zusammen, bis das Schiff zum Auslaufen bereit war. Ohne es zu wissen, hinterließ ich ihr einen Sohn. Von ihm erfuhr ich erst, als er nach der Plünderung der Stadt Worcester auf der Suche nach zwei verlorenen Kindern in unsere Gegend kam. Ich war froh, und ich war stolz auf ihn, wozu ich durchaus Anlaß hatte. Als er zum zweiten Mal kam, habt auch Ihr ihn kennengelernt.
    Urteilt selbst, ob ich mich gefreut habe oder nicht.«
    »Du hattest guten Grund dazu«, räumte Radulfus bereitwillig ein. »Wie auch immer er in die Welt gekommen sein mag, er hat seiner Herkunft Ehre gemacht. Ich wage nicht, dir Vorwürfe zu machen. Du hattest keine Gelübde abgelegt, du warst jung und fern der Heimat, und wir Menschen sind schwach. Zweifellos hast du all das längst gebeichtet und bereut.«
    »Gebeichtet habe ich es«, sagte Cadfael abweisend, »als ich erfuhr, daß ich sie freundlos und mit einem Kind zurückgelassen hatte, aber das liegt noch nicht lange zurück. Doch Reue? Ich glaube nicht, daß ich je bereute, sie geliebt zu haben, denn sie war der Liebe eines jeden Mannes wert. Vergeßt auch nicht, Vater Abt, daß ich aus Wales stamme, wo als Bastard ausschließlich der gilt, von dem sein Vater nichts wissen will. Nie würde ich mein Anrecht auf diesen fröhlichen und tapferen jungen Menschen bestreiten. Das beste, was ich je getan habe, war, ihn in eine Welt zu setzen, in der ihm nur wenige das Wasser reichen können.«
    »Wie bewundernswert auch immer das Ergebnis sein mag«, sagte der Abt trocken, »So ist das kein Grund, sich einer Sünde zu rühmen oder ihr einen anderen Namen zu geben.
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