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Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)

Titel: Bruce: Die Springsteen-Biografie (German Edition)
Autoren: Peter Ames Carlin
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die in ihm schlummerte, nicht entziehen. Das ewige Auf und Ab zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt konnte zu unkontrollierbaren Anfällen führen. »Küchenschränke krachten von den Wänden, Telefone wurden aus der Wand gerissen, und am Ende stand die Polizei vor der Tür«, erzählt Dims jüngster Bruder Glenn Cashion. Und auch wenn das Verhältnis zwischen Doug und Dim nicht immer spannungsfrei war und sie sich oft monatelang nicht sahen (obwohl sie nur wenige Blocks voneinander entfernt lebten), verbrachten die beiden Cousins viel Zeit in den alten Billardhallen und tranken das ein oder andere Bier zusammen. Ihre gemeinsam verbrachten Jahre und ihr genetischer Code verband sie auf ewig miteinander.
    Fest entschlossen, mehr Kontakt zu anderen Kindern zu schließen – und vielleicht auch die Beziehung zu seinem Vater zu vertiefen –, trat Bruce seinem Lieblingsbaseballverein in Freeholds Little League, den Indians, bei, und spielte dort als Right Fielder. Bruce hatte allerdings mehr Ehrgeiz als Talent. Jimmy Leon (heute Mavroleon), der viele Jahre lang mit Bruce in einem Team spielte, erinnert sich noch an einen Sommertag, an dem ein hoher Ball quer über den blauen Himmel direkt auf den ausgestreckten Fangarm seines Mannschaftskameraden zuflog. Ein sicherer Punkt für sie. »Aber dann traf der Ball nur seinen Kopf. Ungefähr so lief das mit ihm.« Ganz gleich wie geringfügig sein Beitrag auch sein mochte, Bruce war stolz drauf, im Team der Indians zu sein, als die Mannschaft in der regulären Saison 1961 ungeschlagen blieb. Getrübt wurde dieser Erfolg lediglich dadurch, dass sie am Ende nicht den Meistertitel holten, weil sie in den letzten zwei Spielen der Finalrunde knapp gegen die Cardinals verloren, die vom Freeholder Friseur Barney DiBenedetto trainiert wurden. 4
    Doch ganz gleich wie beglückend diese Kindheitserlebnisse waren, in Bezug auf seinen psychisch kranken Vater blieb Bruce nichts anderes übrig, als sich trotz aller Enttäuschungen immer wieder um ein vernünftiges Verhältnis zu ihm zu bemühen. »Man kam nicht an ihn ran, zeitweise konnte man einfach überhaupt nicht zu ihm durchdringen«, erinnert sich Bruce an die vielen Versuche, mit seinem Vater zu reden. »Vierzig Sekunden lang hatte man ihn. Und weißt du, was passiert, wenn dann gar nichts mehr passiert? Genau das passierte.« Nach dem Essen, wenn der Abwasch erledigt war, wurde die Küche wieder Dougs einsames Reich. Ohne Licht anzumachen, nur mit einer Dose Bier, einer Packung Zigaretten, einem Feuerzeug und einem Aschenbecher auf dem Tisch verbrachte Doug seine Stunden allein in der Dunkelheit.
    Im Februar 1962 brachte Adele ihr drittes Kind zur Welt, ein Mädchen, das sie Pamela nannten. Der Familienzuwachs machte einen erneuten Umzug in ein größeres Zweifamilienhaus an der 68 South Street erforderlich. Das weiße Haus, das über eine Heizung und fließend warmes Wasser verfügte, stand direkt neben einer Tankstelle. Die Anwesenheit des Babys vertrieb den düsteren Fatalismus, der das Familienleben in der Regel beschwerte. Die Last, die die Vergangenheit und die Erwartungen der anderen ihnen aufbürdeten, schien plötzlich abgefallen. Der dreizehnjährige Bruce war ganz vernarrt in das Baby, sodass er sich wesentlich mehr darum kümmerte als Ginny, die eigentlich die Aufgabe hatte, die kleine Schwester zu wickeln, zu füttern und zu hüten. Ganz gleich, womit er gerade beschäftigt war, er rannte sofort zu ihr, wenn er die kleine Pamela schreien hörte. »Ich habe mich richtig um sie gekümmert«, sagt Bruce, »mit allem drum und dran, Windeln wechseln und so weiter. Wir standen uns sehr nahe, als sie noch ganz klein war.«
    Eines Tages, noch im selben Jahr, kamen Fred und Alice vorbei, um die Familie zu besuchen. Während sie darauf warteten, dass Doug von der Spätschicht in der Plastikfabrik nach Hause kam, meinte Fred plötzlich, das Wetter mache ihm zu schaffen, und ging nach oben, um sich kurz hinzulegen. Als Adele etwa eine Stunde später nach ihm sah, war er ganz kalt und regte sich nicht mehr – offenbar war er schon einige Zeit tot. Adele lief sofort in die Küche und überbrachte Alice die schreckliche Nachricht. Die alte Frau nickte nur. Einig darin, nichts zu unternehmen, bevor Doug da war, blieben die beiden sitzen, bis die Tür aufging. Doug reagierte ähnlich emotionslos wie seine Mutter. Er hielt einen Augenblick inne, sagte »Oh, okay«, suchte in seinen Taschen ein paar Münzen und ging zu einer
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