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Britannien-Zyklus 01 - Die Herrin vom See

Titel: Britannien-Zyklus 01 - Die Herrin vom See
Autoren: Diana L. Paxson
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vorwärts. Abermals trachtete Junius, sie aufzuhalten, doch sie hatte bereits erblickt, was er ihren Augen ersparen wollte.
    Hinter dem Mann starrte ein kleines Mädchen, vermutlich seine Enkelin, blicklos in den Himmel. Über ihrer blutigen Hüfte lag der Leichnam eines rothaarigen Barbaren. Zumindest hatte der alte Soldat sie gerächt, bevor er selbst hingemetzelt wurde.
    »Wer hat das getan?«, fragte Madrun mit zittriger Stimme und schob den Schleier zurück.
    »Dalriadische Beutefahrer aus Hibernia«, erwiderte Junius grimmig und deutete auf einen blutbefleckten Streifen karierten Stoffes. »Gewiss sind sie bei Bremetennacum an Land gegangen und brandschatzend nordwärts gezogen.«
    »Das ist da, wo wir dein Schiff getroffen haben«, stellte Argante fest, während ihr Blick von ihrer Base zum Leichnam des kleinen Mädchens und wieder zurück wanderte. Madrun nickte; ihre Augen weiteten sich, als sie begriff.
    Der Hauptmann verzog das Gesicht. »Ihr hattet Glück, Herrin. Deren Schiffe bieten zwar keinerlei Annehmlichkeiten, aber sie sind flink und wendig. Das Boot, das Euch hergebracht hat, wäre hoffnungslos verloren gewesen, hätten sie es auf See erwischt.« Offensichtlich hatte er es aufgegeben, den beiden Frauen das Wissen um die Gefahr zu ersparen.
    Madrun wurde, obschon kaum vorstellbar, noch blasser, und Argante schluckte. Das fahle Antlitz und die grauen Augen ihrer Base mussten ein Spiegelbild ihrer eigenen Züge sein. Barbarische Beutefahrer, ob von den Skoten oder den Stämmen Albas, die sich nie dem Joch der Römer unterworfen hatten, waren ein Bestandteil ihres Lebens gewesen, solange sie zurückdenken konnten. Aber für Argante, die ihre Erziehung unter den Priesterinnen der Insel der Maiden genossen, und für Madrun, die wohlbehütet am Hof ihres Vaters in Maridunum geweilt hatte, waren ihre Raubzüge nur schreckliche Geschichten gewesen.
    Bis jetzt.
    »Sie müssen bestraft werden!«, rief Argante aus. »Sie können kaum mehr als einen halben Tag Vorsprung haben! Verfolg sie, Junius!«
    »Ich soll Euch schutzlos zurücklassen? Ich werde meinen Eid, die Herrin vom See zu beschützen, auf keinen Fall brechen, selbst auf ihren Befehl hin nicht. Kommt, Herrin, lasst mich Euch nach Hause bringen!« Er deutete gen Norden. »Hier können wir nichts ausrichten.«
    Nach Hause… Sie spähte durch den Rauch, als könnte sie durch den schmutzig-grauen Schleier die grünen Berge erkennen, die sich dahinter erhoben. Kein Feind war je in jene Wälder und Felder vorgedrungen. Sogar die Römer hatten dort lediglich einen Vorposten errichtet, den sie alsbald wieder aufgaben. Sie schloss die Augen und rief sich den silbrigen See ins Gedächtnis; den See mit seinem Kreis schützender Anhöhen und die baumüberzogene Insel, die er hütete. Kein Beutefahrer würde je die Insel der Maiden entweihen. Dann schaute sie wieder zu Junius und schüttelte den Kopf.
    »Diese Menschen haben darauf vertraut, dass wir sie verteidigen, und wir haben versagt. Ich werde sie auf keinen Fall so zurücklassen, dass die wilden Tiere sie zerreißen können.« Argante richtete sich im Sattel auf und hüllte sich in die Aura der Hohepriesterin, während sie ihm unverwandt in die Augen starrte. »Legt sie in die Asche ihres Heims und stapelt weiteres Holz darüber. Wenn es sie schon nicht mehr beschützen kann, dann soll es ihr Scheiterhaufen sein.«
    Sie spürte seinen Widerstand, doch ihr Wille rang ihn nieder. Sogar Madrun, die das stille Kräftemessen beobachtete, beäugte sie unbehaglich, als könnte sie jenen unsichtbaren Mantel der Macht sehen, der ihre Base umgab. Was keine Überraschung wäre, dachte Argante. Madrun war zwar ungeschult, doch ihre Mütter waren Zwillinge gewesen. Der älteren der beiden Töchter oblag es, Herrin vom See zu werden und auf der Druideninsel die Familientradition weiterzuführen, während die jüngere mit Carmelidus, dem König von Maridunum, verheiratet worden war. Argantes Haar war röter, zudem war sie um sieben Jahre älter, dennoch sahen die beiden einander so ähnlich, dass man sie für Schwestern halten mochte. Sie wandte ihr Bewusstsein von den Resten des Zorns und der Furcht ab, die gleich Rauch in der Luft hingen, und richtete es stattdessen auf das Mädchen.
    »Fürchte dich nicht«, sandte sie ihr besänftigend zu. »Die Übeltäter sind nicht mehr in der Nähe. Ich weiß es.« Zunächst spürte sie in Madrun Verblüffung, danach Erleichterung.
    »Wie konnte dies geschehen?«, sprach ihre
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