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Britannien-Zyklus 01 - Die Herrin vom See

Titel: Britannien-Zyklus 01 - Die Herrin vom See
Autoren: Diana L. Paxson
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Mädchen einen wortlosen Schwall Zuversicht. Madruns grauer Blick löste sich von dem Schwert und richtete sich auf ihre Base; sie versuchte zu lächeln.
    Plötzlich verspürte die Priesterin Zweifel. Keine Zweifel am Mut ihrer Base, doch ihr wurde zunehmend die Verwundbarkeit des Mädchens bewusst. Andererseits brächte sie Madrun in eine peinliche Lage, wollte sie nun noch versuchen, sie auszuschließen. Zudem vermeinte Argante, der Gott im Schwert würde die Stimmen zweier Menschen, die dem Blut seiner Hüter entsprangen, deutlicher hören als nur eine.
    So wie die Frauen den Raum betraten, bewegten sie sich andächtig weiter, und jenes ständige Kreisen im Sonnensinn verwandelte das Gefühl gespannter Erwartung, das Argante für gewöhnlich an diesem Ort verspürte, in ein Gefühl erregter Vorfreude. Diese Kammer bedurfte keines irdischen Schutzes. Vor fünf Jahrhunderten, als römische Legionen das Heiligtum auf der Insel Mona zerstört hatten und die letzten Vertreter der Druidenpriesterschaft nordwärts geflohen waren, war sie von Priesterinnen geheiligt worden, die mächtiger gewesen waren als alle, die Argante je kennen lernen würde.
    Zu Lebzeiten ihrer Großmutter war dieser Ort mehr als eine bloße Ritualkammer geworden. Ihre Großmutter hatte ihnen das Schwert gebracht. Und was, fragte die Priesterin sich, würde ihnen das Schwert bringen? Fünfzig Jahre lang hatten es die Druiden der Insel der Maiden gehütet. Jedes Jahr hatten sie pflichtbewusst dem Gott gehuldigt, der darin hauste. Doch dieses Ritual war anders. Dies war das erste Mal, dass Argante es auf sich nahm, den Gott um Hilfe anzuflehen.
     
    Die Fackeln flackerten wild, als die großen Türen geschlossen wurden. Nachdem sie sich beruhigt hatten, nickte die Priesterin Madrun zu, die sogleich begann, Kräuter aus einem Korb über die Glut in dem Kohlenbecken vor ihr zu streuen. Binnen weniger Lidschläge erfüllte ein durchdringender Duft den Raum. Gemächlich kräuselte sich Rauch zum Dach empor. Argante holte tief Luft und spürte das vertraute Aufwallen ihres Bewusstseins, als würde ihr gewöhnliches Ich beiseite geschoben, um dem Wesen der Priesterin die Herrschaft zu übergeben.
    Madruns Blick wirkte bereits verschwommen. Die Priesterin lächelte ein wenig und sandte ihr Bewusstsein aus, bis es auf jenes der jüngeren Frau stieß, das gleich einem schimmernden Licht vor ihr prangte. Ein wenig weiter, und schon spürte sie den Geist ihrer Base in ihrem eigenen erwachen. Er kam zwar nicht der kraftvollen Unterstützung einer geübten Priesterin gleich, doch er fühlte sich vertraut an, als hätte sie soeben einen vergessenen Teil ihres Selbst wiedergefunden.
    Langsam atmete sie aus, entspannte sich, lauschte dem einsetzenden Gesang der übrigen Frauen. Es war ein wortloser Gesang, der einzig aus Lauten bestand, die zu einer Brücke ansteigender Harmonien verschmolzen. Bedächtig hob sie die Arme, zog die Anwesenden in ihren Bann.
    »Sehet das Schwert des Krieges!«, rief sie. »Götterstahl, Sternenstahl, der flammend aus dem Himmel stürzte, um sich in den Leib der Erde zu graben. Zauberstahl, geschmiedet von Kurdalagon, Meister der Magie der Sarmaten. Diese unzerbrechliche, unbeugsame und unsterbliche Klinge, die niemals rostet, die nie stumpf wird, lasset uns ehren!«
    »Mit welchem Recht?«, hallte Everdilas Stimme aus dem Kreis, erfüllt von einer Inbrunst, die das rituelle Maß überstieg.
    »Mit dem Recht der Geburt und des Blutes«, antworteten Argante und Madrun gemeinsam. »Wir sind die Enkelinnen der Rigantona, Tochter von Gutuator, die Hohepriesterin dieser heiligen Insel wurde, und von Artorius Hamicus Sarmaticus, dem letzten Priester dieses Schwertes. Seine Väter brachten es aus dem Land der königlichen Skythen, um es als heiliges Erbe zu hüten, bis es wieder von einem König geschwungen werde.«
    »Und wann wird jener König kommen?«, fragte eine der anderen Priesterinnen.
    »Der Gott des Schwertes wird einen König erschaffen, um ihm zu dienen, wenn sein Volk ihn am dringendsten braucht«, erwiderte Argante. »Und wer will bezweifeln, dass wir ihn jetzt brauchen? Die Adler sind ausgeflogen, und Britanniens Feinde bedrängen das Land von allen Seiten.« Einen Augenblick vermeinte sie, im Rauch aus dem Kohlenbecken den Gestank der brennenden Villa zu riechen, und der Atem blieb ihr in der Kehle stecken.
    »So ist es«, ertönte die gemurmelte Zustimmung. »Ruft an den Gott des Schwertes, und wir werden uns seinem Willen
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