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Bring mir den Kopf vom Nikolaus - Ein Weihnachtsmaerchen

Bring mir den Kopf vom Nikolaus - Ein Weihnachtsmaerchen

Titel: Bring mir den Kopf vom Nikolaus - Ein Weihnachtsmaerchen
Autoren: Simon Borowiak
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als wäre ich Luft.
    Die Fee jedenfalls zückte einen neuen Coupon. Sie füllte ihn aus mit dem Wunsch, den meine Bernadette ihr ins Ohr geflüstert hatte.
    Dann der gewohnte Vorgang: »Herr Rudi, hätten Sie die Güte?«
    Herr Rudi stolzte wie ferngesteuert zu dem Wunschzettel. Und las ihn gar nicht mehr durch, sondern stempelte ihn schnell und laut ab, wie ein sehr schlecht gelaunter Postler. Und ging wieder zurück zu dem abgeknabberten Bäumchen. Und stellte sich so hin, dass er weiterhin die feiernde Nachbarschaft im Blick hatte.
    Und er seufzte tief. Er hatte das Theater ganz offensichtlich so satt wie ich.

    Ich überlegte, was ich mit Bernadettes Pass machen sollte. Ich müsste ja ein kompletter Trottel sein, ihn ihr zu diesem heiklen Zeitpunkt unserer kleinen Feier auszuhändigen. Er war ja praktisch mein letztes Pfand!
    Also blieb ich stoisch an meinem Schreibtisch und harrte ungeduldig des Gangs der Geschichte.
    Da klingelte es schon wieder!
    Öha.
    Hatten die Damen sich etwa noch ein Kistchen Wein kommen lassen? »Ich geh schon, ich geh schon!«, sagte ich hastig und schaute noch nicht mal mehr durch den Spion, sondern riss die Tür sofort auf.
    Vor mir stand diesmal keine Pizza-Uniform, sondern irgendein blonder Schnösel in Trenchcoat, der sich in der Tür geirrt haben musste.
    Der Schnösel sagte tatsächlich verlegen: »Hallo, ich bin der Christian und auf der Suche nach der Bernadette. Ist die da?«
    Ich muss ihn SEHR bekloppt angeguckt haben, denn er setzte hinzu: »Bommer. Ich bin der Christian Bommer.«
    Ich glaube, ich fiel in eine Sekundenohnmacht.
    Eine Blödenabsence.
    Und in eine Schreckstarre. Ich muss etwa dreißig Minuten oder wahlweise eine Million Euro lang so dagestanden haben. Automatisch und wie ein Lemming sagte ich schließlich: »Komm rein.«
    Bommelbammel hatte keinen Blick für unseren Herrn Rudi, kaum für die Fee und nur Augen für meine Bernadette. Irgendein Stimmchen, das sich nun wieder in meinem kurzfristig verkühlten Hirn meldete, rief: »So, und jetzt auf zum Showdown! Hoffentlich ist Bernadette nicht zu ruppig zu ihm. Scheint doch kein übler Kerl zu sein.« Für seinen Nachnamen konnte er ja nichts. Oder für seine Jugendlichkeit.
    Meine Bernadette schien nicht die Absicht zu haben, ihm gegenüber ruppig zu werden. Sie lächelte ihn sogar an! Die Fee grinste. Herr Rudi warf mir wieder den kollegialen Blick wie vom Beginn des Abends zu.
    Bernadette fragte mit sanfter Stimme: »Was treibt dich denn hierher?«
    Ha! Anderen rutschte also auch schon mal ein Satz von solcher Tiefe heraus.
    Dann wurde klar, dass das Rabenaas aus Bernadettes WG gepetzt hatte, wo er sie finden könne. »Na, dann geht’s hier ja gleich ein bisschen run d …«, dachte ich zufrieden.
    Aber Bernadette schien kein Interesse an einem »Rund- Gehen« zu haben. Im Gegenteil. Sie wirkte genauso verlegen wie Bommelbimmel. Und dieser sah immer wieder mit einem schnellen, unsicheren Seitenblick zu mir rüber. Dann zog er ein kleines, in goldenes Stanniolpapier eingeschlagenes Döschen und reichte es sehr genierlich Bernadette. Sie nahm es ebenso genierlich an. Die Fee kicherte erneut, der Barolo war schon wieder leer.
    Ja, Barolo WEGZAUBER N – das konnte die Fee auf Anhieb!
    »Musst du denn nicht bei deiner Mutter sein?«, fragte Bernadette kokett unartig.
    »Ich weiß jetz t …«, begann Bommelbimm, verstummte dann aber mit einem Blick auf mich.
    »Ja, was weißt du jetzt?«, insistierte meine Bernadette. Bommel wand sich, dann fuhr er sich durch den Schopf, dann setzte er sich neben Bernadette, sah ihr tief in die Augen und nahm ihre Hand: »Ich weiß jetzt, was ich für einen Blödsinn gemacht habe. Kannst du mir noch mal verzeihen?«
    DAS ging nun eindeutig zu weit!
    DAS war nun eindeutig die falsche Versöhnung!
    Was, wenn die Fee da etwas verwechselt hatte in ihrem Suff? Was, wenn ich wegen einer inkompetenten Fee das Glück meines Lebens verlor? Ließe sich das noch irgendwie ausbügeln? Die kalte Panik kroch in mir hoch: Wie konnte ich die Vorgesetzten der Fee erreichen? Die alles wieder rückgängig machen würden? Musste ich auf das nächste Weihnachtsfest warte n – und dann darauf hoffen, dass sich wiede r … aber in meinem Stadtteil verkehrten ja eh nur die Verlierer der Märchenwelt! Musste ich umziehen? Und in einem gut situierten Wohnviertel das nächste Weihnachtsfest abwarten? In meinem Hirn und meinem Herzen stob alles durcheinander, was es an unschönen, verzweifelten und
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