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Bring mir den Kopf vom Nikolaus - Ein Weihnachtsmaerchen

Bring mir den Kopf vom Nikolaus - Ein Weihnachtsmaerchen

Titel: Bring mir den Kopf vom Nikolaus - Ein Weihnachtsmaerchen
Autoren: Simon Borowiak
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aufgehört, sich über MICH zu beschweren. Vielleicht war das ja jetzt die letzte Phase? Ich schöpfte neuen Mut.)
    Ja, das Leben als Fee sei eigentlich sehr hart, es sei denn, man sei eine Oberfee. Als Oberfee führe man ein richtig gutes Leben. Fast so gut wie der Nikolaus: Man könne sich aussuchen, wen man aufsuche. Man verfüge über einen ordentlichen Etat. Man müsse nicht mit einem Kollegen herumreisen (bei diesen Worten deutete die Fee auf Herrn Rudi), man sei autark; außerdem käme man immer in den besseren Hotels unter. Und nicht so wie sie, in ihrer Gehaltsklasse, in irgendwelchen kaschemmigen Instituten, in denen ansonsten nur mittelmäßige Geschäftsleute abstiege n … Und das Frühstücksbüffet dort sei ja auch entsprechen d …
    »Und was genau ist dein Aufgabenbereich?«, fragte pragmatisch meine Bernadette.
    Die Fee nahm einen großen Schluck, schaute mich um Verzeihung bittend an und sagte tatsächlich: »Bei mittelmäßigen Menschen irgendwelche mittelmäßigen Wünsche abzuhören.« Sie nahm noch einen Schluck: »Und diese mittelmäßigen Wünsche dann zu erfüllen.«
    Ich wurde wütend. Ich war also ein mittelmäßiger Fall mit einem mittelmäßigen Wunsch? Ja, was wäre dann ein spitzenmäßiger Fall? Mit einem spitzenmäßigen Wunsch? Hätte ich mi r – um als spitzenmäßig durchzugehe n – etwa die Verlobung mit Farah Diba, Heidi Klum UND der Begum wünschen sollen? Und zwar gleichzeitig? Oder was machte mich so mittelmäßig? Bernadette zum Beispiel war alles andere als mittelmäßig! Wie sie da saß, den schönen Hals etwas in Richtung Fee geneigt, die großen braunen Augen auf diese Feenschlampe gerichte t – sollte das etwa mittelmäßig sein?
    Die Fee fuhr fort: »Und ständig unterwegs!«, jammerte sie, »ständig für andere unterwegs! Und man selbst ohne Heimstatt!« Jetzt wurde sie pathetisch.
    Bernadette war beeindruckt. Ob von der angeblichen Obdachlosigkeit der Fee oder von deren Arbeitsaufwand war nicht ersichtlic h – sie schien ganz einfach hingerissen von dieser trinkfreudigen Weibsperson.
    Und dann wagte sie einen Vorstoß: »Könnte ich mir eigentlich auch was wünschen?«
    Die Fee nahm den Rest der ersten Flasche in ihre Klauen: »Kommt darauf an. Was hättest du denn gerne?«
    Bernadette überlegte und sagte dann tatsächlich: »Zum Beispiel eine Million Euro.«
    Man hörte, wie Herr Rudi tief durchatmete. Es klang nach einem sehr resignierten Lachen. Die Fee ihrerseits stöhnte auf. Und hielt Bernadette dieselbe Predigt wie mir. Und gestand auch ihr ein, nur über Immaterielles verfügen zu können.
    Bernadette überlegte weiter, beugte sich zu ihr, und dann flüsterte sie der Fee etwas ins Ohr.
    Die Fee lauschte konzentrier t – soweit sie noch zur Konzentration fähig war. Dann merkte man, wie es in ihr arbeitete. Und die Quintessenz ihrer Überlegungen war ein lautes, vulgäres Lachen.
    »Na, DAS will ich gerne sehen! So was habe ich ja noch nicht miterleben dürfen!«
    Mir fuhren kalte Schauer über den Rücken. Was zum Teufel war da im Busch? Das klang gar nicht gut, und es sah auch gar nicht gut aus: Eine etwas angeheiterte Bernadette und eine fast völlig knülle Fee, die sich da über geheime Sachen austauschten. Die sich offenbar Intimitäten in die Ohren pusteten. Und die jetzt dazu übergingen, einen Wunschzettel für Bernadette auszufüllen. Aber nicht laut und offen, sondern wispernd und kichernd wie zwei Sextanerinnen im Mathe-Unterricht.
    Wie sollte man da noch die Ruhe bewahren?
    Ich musste diese Fee und ihren depressiven Kompagnon loswerden.
    Die beiden vor die Tür setzen.
    Und zwar ziemlich zügig, bevor sie noch mehr Unheil anrichteten. Denn dazu waren si e – dessen war ich mir siche r – in der Lage.
    Also nahm ich mal wieder meinen Mut zusammen, gähnte ostentativ und sagte: «Also für mich wird es langsam Zeit. Ich möchte euch ja nicht rauswerfen, abe r …«
    Die Fee und Bernadette nickten mir zu: Ich könne natürlich jederzeit zu Bett gehen! Sie würden auch aufräumen und die Essensreste entsorgen, ich müsste mir keine Sorgen machen. Sie würden die Tür dann einfach zuziehen.
    Na prima!
    Hat man so was schon mal gehört?
    Was ist das für eine höhnische Replik?
    Wer bin ich denn? Bin ich hier noch der Gastgeber oder der maître d’hotel? Habe ich ein Wörtchen mitzureden? Die Fee und Herr Rudi mussten auf der Stelle weg, weg, weg! Damit ich mit meiner Bernadett e –
    und: erfüllte sich jetzt endlich mein Wunsch?
    Es war so,
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