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Brenntage - Roman

Brenntage - Roman

Titel: Brenntage - Roman
Autoren: C.H.Beck
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Welt zu gestalten, sie für sich zu erschließen und das Leben als endlose Spielwiese zu betrachten.Erst viel später musste ich erfahren, dass man nicht allen Geschichten Glauben schenken darf und dass sie manchmal nur deshalb erzählt werden, um uns in die Irre zu führen.
    Der Plan des Onkels war tatsächlich zu nichts zu gebrauchen, selbst ich musste es einsehen, er zeigte eine (unterirdische) Welt, die augenscheinlich nicht mehr existierte. Eines der Mädchen stellte den Plan auf den Kopf, vielleicht hatte der Onkel die Himmelsrichtungen vertauscht, und wir kletterten auf ihr Anraten hin lieber nach unten (anstatt nach oben), bogen nach rechts ab (anstatt nach links), Wasser fanden wir dennoch nicht, stattdessen verloren wir uns irgendwo in den Tiefen. Einige schlugen vor, es wäre wohl das Beste, wenn wir uns trennen würden,
Zweierteams,
ganz so wie in den Filmen, die alle irgendwann in ihrer Jugend gesehen hatten. Andere meinte, es wäre besser, abzuwarten … Bestimmt würden die älteren Männer der Siedlung nach uns suchen, und der Onkel käme schon bald, um uns zurück zum Basislager zu führen. Einer der Burschen musterte noch einmal den Plan,
vielleicht haben wir zuvor nur irgendeine Kleinigkeit übersehen
, meinte er entschlossen, er hielt eine der mitgeführten Kerzen nahe an das Papier (um alles erneut zu überprüfen), und dieses fing unvermittelt Feuer.
Brenntage,
rief ich, und ein paar lachten tatsächlich, doch die meisten hielten meinen Kommentar für gänzlich überflüssig, und sagten, ich solle dafür krepieren.
    Schließlich teilten wir uns, und alle zogen zu zweit oder zu dritt los, nur mit mir wollte keiner ein Team bilden, wo wir doch die missliche Lage meinem Onkel verdankten, und plötzlich hielten es alle für eine ausgesprochene
Schnapsidee
,in den Minen Schutz zu suchen, wo wir doch genauso gut in irgendeinem (noch halbwegs erhaltenen) Kellergewölbe der Siedlung hätten überwintern können.
Dein Onkel hat uns ins Verderben geführt,
behauptete eines der Mädchen, und ich konnte ihr keinesfalls widersprechen, wo doch mein Onkel immer wusste, was er tat, und nichts von dem, was geschah, Zufall sein konnte.
    Sie ließen mich mit einer Taschenlampe zurück (die mit den schwächsten Batterien), ich wandte mich nach links und stolperte noch eine ganze Weile durch die Minenanlagen, manchmal ächzten die Stützbalken bedrohlich, und brüchige Steine rollten ihres Weges, ich beschloss (ganz theatralisch), nie wieder umzukehren. Vielleicht konnte ich die große Schlucht doch durchqueren, mich unterirdisch bis zu ihr vorarbeiten und mich irgendwo (an einem besseren Ort) aus dem Erdreich wühlen. Es gäbe dort bestimmt keine Wälder und entlegenen Teiche, überall Städte, soweit das Auge reicht, und Menschen, die miteinander alt werden und sterben, wie es sich gehört.
    Eine Weile vernahm ich noch die Rufe der anderen Kinder, die sich anhand der Echos zu orientieren glaubten, bestimmt erreichten manche das Basislager und erzählten davon, wie sie meinten, verloren gegangen zu sein, und dass sie vom ganzen Unternehmen die Nase voll hatten. Wie ich den Onkel kannte, würde er sie erneut losschicken, um mich zu suchen, einzig und allein in der Hoffnung, sie im Inneren des Berges loszuwerden … Ich wusste nur zu gut, in einer solchen Situation duldete er keinen Widerspruch. Und würden sich ein paar der Erwachsenen anschließen wollen, nur zu, er hielte keinen fest, und ein jeder seischließlich seines eigenen Glückes Schmied, und weil dem so sei, könne jedes Individuum schalten und walten, wie es wolle … Doch diejenigen, die dem Onkel folgten, könnten
gedeihen,
und alle anderen würden früher oder später zu Staub zerfallen.
    Später würde er sich gewiss aufmachen, mich zu suchen, immer dann, wenn die anderen schliefen und ihnen die stickige Luft schlechte Träume bereitete, die ganze Unterwelt würde er nach mir durchkämmen,
weil ich es mir und dir schuldig bin,
hörte ich ihn sagen.
Weil dein Platz an meiner Seite ist und ich dich nur davor bewahren will, Fehler zu machen,
dabei waren Fehler doch das Einzige, was sich wirklich lohnte, weil sie doch davon zeugten, dass einer bereit war, ein Wagnis einzugehen.
Der Mut, etwas zu riskieren, sollte belohnt werden, ganz egal, wie schlecht es um die Welt bestellt ist,
dachte ich noch im flackernden Licht der Taschenlampe, und als diese erlosch, warf ich sie (mutig) gegen die Flanken des Berges.
    Irgendwie ging es dann weiter, und ich glaubte
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