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Brennen Muss Salem

Brennen Muss Salem

Titel: Brennen Muss Salem
Autoren: Stephen King
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Bis heute.
    Jimmy sah auf die Uhr. Es war ein Viertel nach fünfzehn Uhr, und die Zeit rannte, rannte.
    »Gehen wir«, sagte er.
    »Und was ist mit Ben?«
    Jimmy sagte hart: »Wir können ihn nicht erreichen. Das Telefon in eurem Haus ist kaputt. Wenn wir geradewegs zu Eva gehen und wenn sich herausstellt, daß wir uns geirrt haben, bleibt immer noch genügend Tageslicht. Haben wir aber recht, dann holen wir Ben und erledigen den verdammten Schweinehund.«
    »Ich zieh' nur rasch mein Hemd an«, sagte Mark und lief ins Badezimmer.
    Bens Citroen stand noch auf Evas Parkplatz; auf dem Dach lagen nasse Blätter, die von den Ulmen herabgefallen waren.
    Der Wind war stärker geworden, aber es hatte aufgehört zu regnen. Die Tafel Bei Eva. Zimmer schaukelte im grauen Nach-mittagslicht hin und her. Über dem Haus lag eine unheimliche Stille, als warte es auf irgend etwas. Wie das Marstenhaus. Jimmy fragte sich, ob jemand hier Selbstmord begangen habe. Eva würde es wissen, aber Eva würde nichts erzählen ... jetzt nicht mehr.
    »Bist du sicher, daß wir Ben nicht holen sollen?«
    »Später. Komm jetzt.«
    Sie stiegen aus und gingen auf die Veranda zu. Der Wind riß an ihren Kleidern und zauste ihre Haare.
    »Riechst du es?« fragte Jimmy.
    »Ja, stärker als bisher.«
    »Wirst du durchhalten?«
    »Ja«, sagte Mark mit Bestimmtheit. »Und du?«
    »Ich hoffe zu Gott«, sagte Jimmy.
    Die Tür war nicht verschlossen. Als sie Evas peinlich saubere Küche betraten, schlug ihnen der Gestank entgegen. Wie eine offene Senkgrube, wie jahrhundertealter Moder.
    Jimmy dachte an sein Gespräch mit Eva - es war vier Jahre her, kurz nachdem er seine Praxis eröffnet hatte. Eva war zu einer Untersuchung gekommen. Sein Vater hatte sie jahrelang als Patientin betreut, und als Jimmy des Vaters Stelle übernommen hatte, war sie, ohne Schwierigkeiten zu machen, zu ihm hinübergewechselt. Sie hatten von Ralph gesprochen, der seit zwölf Jahren tot war, und Eva hatte ihm erzählt, daß sie immer noch da und dort Dinge von Ralph finde. Und natürlich gab es den großen Billardtisch im Keller. Sie sagte, daß sie ihn eigentlich verkaufen sollte; er nahm zuviel von dem Platz ein, den sie gut für anderes brauchen könne. Aber der Tisch hatte Ralph gehört und sie könne sich nicht entschließen ...
    Jetzt gingen Jimmy und Mark durch die Küche zur Kellertür; Jimmy öffnete sie. Der Geruch wurde beinahe unerträglich.
    Jimmy drückte auf den Lichtschalter. Vergebens. Daran hatte er natürlich gedacht.
    »Sieh dich um«, sagte er zu Mark. »Eva hat zweifellos eine Taschenlampe oder Kerzen.«
    Mark suchte in den Schubladen. Er bemerkte, daß der Messerständer leer war, dachte sich jedoch nichts dabei. Sein Herz klopfte mit schmerzhafter Langsamkeit, wie eine gedämpfte Trommel. Er wußte, daß er die äußerste Grenze seiner Belastbarkeit erreicht hatte. Sein Geist schien nicht mehr zu denken, sondern nur noch zu reagieren. Er glaubte, im äußersten Augenwinkel eine Bewegung wahrzunehmen.
    Als er sich dann umdrehte, sah er nichts. Ein Kriegsveteran hätte die Symptome erkannt; es war der Beginn einer Kriegsneurose.
    Mark ging in den Vorraum und durchsuchte eine Kommode.
    In der dritten Lade fand er eine Taschenlampe. »Ich habe eine, Ji-‹‹
    Ein knarrender Lärm, gefolgt von einem dumpfen Fall.
    Die Kellertür stand offen.
    Die Schreie begannen.

    Als Mark wieder Evas Küche betrat, war es zwanzig Minuten vor siebzehn Uhr. Marks Augen waren eingesunken, sein T-Shirt blutverschmiert. Plötzlich kreischte er auf.
    Der Ton brach aus seinem Magen hervor, quoll durch den Hals, durch den aufgerissenen Mund. Mark schrie und schrie, bis der Wahnsinn allmählich wieder aus seinem Gehirn schwand. Mark kreischte immer noch, bis seine Stimmbänder schmerzten. Und auch als er die Angst, das Grauen, die ohnmächtige Wut herausgebrüllt hatte, blieb der furchtbare Druck - das Wissen um Barlows Gegenwart, um das Schrecknis irgendwo dort unten. Die Dunkelheit kam rasch.
    Mark trat auf die Veranda hinaus und atmete in tiefen Zügen die kühle Luft ein. Er mußte zu Ben. Aber eine seltsame Lethargie schien seine Beine zu Blei zu machen. Was hatte das alles noch für einen Sinn? Barlow würde gewinnen. Auf ihn Jagd zu machen war Irrsinn gewesen. Und jetzt hatte Jimmy dafür zahlen müssen, ebenso wie Susan und Pater Callahan.
    Mark riß sich zusammen. Nein. Nein. Nein.
    Mit zitternden Knien stieg er in Jimmys Buick ein.
    Ben holen. Noch einen Versuch machen.
    Marks
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