Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bravo, liebes Hausgespenst!

Bravo, liebes Hausgespenst!

Titel: Bravo, liebes Hausgespenst!
Autoren: Marie Louise Fischer
Vom Netzwerk:
haben.“
    „Ja, aber die hatten doch immer einen Sinn! Kannst du mir erklären, was für einen Sinn es haben soll, wenn ein Tonklumpen sich in einen Fratzenschneider verwandelt?“
    „Keinen. Gerade deshalb finde ich es eben blöd, soviel Aufhebens davon zu machen.“
    Norbert starrte sie an. „Ich steh im Wald!“
    „Tust du nicht. Du bist hier in einer ganz gewöhnlichen Scheune, die zu einer Töpferwerkstatt umfunktioniert worden ist. Also komm jetzt!“
    „Nicht bevor ich das Geheimnis gelüftet habe!“
    „Menschenskind, Norbert, es gibt kein Geheimnis. Mutti hat irgendeinen komischen Ton erwischt, das ist alles. Aber wenn du nicht willst, bitte, dann geh ich eben allein zum Schlittenfahren!“ Monika marschierte zur Tür.
    Norbert wurde hin und her gerissen von dem Wunsch, mit ihr im Schnee zu tollen, was er ja eigentlich vorgehabt hatte, und seinem Interesse an der sonderbaren Verwandlung des Tons. Er blickte Monika nach und dann wieder zum Modelliertisch und sah — wie eine Spachtel und ein Löffel durch die Luft tanzten, offensichtlich damit beschäftigt, letzte Feinheiten an dem Tonkopf auszuführen.
    „Das kann doch nicht wahr sein!“ Norbert war kaum noch der Sprache mächtig, nur noch krächzend brachte er den Satz heraus.
    „Ich glaube, es... es scheint sich um... um magnetische Ströme zu handeln“, stotterte Frau Schmidt.
    Monika hätte Amadeus am liebsten scharf beim Namen gerufen, denn damit brachte sie ihn meist zur Ruhe. Aber sie wagte es nicht in Gegenwart von Norbert, der dadurch noch mißtrauischer geworden wäre. Also bewegte sie nur lautlos die Lippen und hoffte, daß das Hausgespenst darauf reagieren würde.
    Aber statt dessen machte Amadeus lustig weiter.
    „Ma... ma... magnetische Strömungen?“ Jetzt stotterte auch Norbert. „Nein! Nein! S-timmt ja gar nicht! Es s-pukt!“
    „Es spukt?!“ wiederholte Frau Schmidt, als wäre sie darüber sehr erschrocken. „Dann nichts wie weg!“ Sie stellte das Gefäß, an dem sie gearbeitet hatte, hastig aus der Hand, sprang auf und lief zur Tür. „Kommt! Rasch!“
    Aber Norbert rührte sich nicht von der Stelle. „Wenn ein Ges-penst s-pukt, dann muß man es austreiben!“ verkündete er. „Mein Vater kann das.“
    Als Antwort wurde ein höhnisches Gelächter laut. Es erfüllte die Scheune und klang so gräßlich, daß sogar Monika und Frau Schmidt, die doch wußten, mit wem sie es zu tun hatten, erschraken.
    Monika ließ alle Rücksicht fahren. „Amadeus!“ rief sie. „Benimm dich!“
    „Amadeus?“ fragte Norbert. „Du kennst das Ges-penst also beim Namen?“
    „Ja, ja, komm raus! Draußen werde ich dir alles erklären!“ Monika und Norbert gelang es kaum, das wahnsinnige Gelächter zu übertönen.
    „Von einem Ges-penst in einer Scheune habe ich noch nie etwas gehört“, stellte Norbert fest.
    Monika bewunderte seine Ruhe, hätte ihn aber nur zu gern hinausbugsiert, bevor Amadeus noch andere Dummheiten anstellte. Sie zog und zerrte an ihm.
    Doch Norbert leistete Widerstand. „Das wird meinen Vater mächtig interessieren.“
    „Wehe, wenn du ihm etwas davon sagst!“
    „Aber das muß ich doch!“
    Jetzt begannen die gebrannten Töpferarbeiten in den Regalen auf und ab zu hüpfen — die ungebrannten ließ Amadeus vorsichtshalber stehen, weil sie zu leicht die Form verloren hätten. „Typisch“, bemerkte Norbert.
    Er zeigte sich auch dann nicht besonders beeindruckt, als das Gefäß, an dem Frau Schmidt vorhin gearbeitet hatte, in einem hohen Bogen durch den Raum flog. Wie ein Bumerang kehrte es zu seinem ursprünglichen Platz auf dem Modelliertisch zurück, wo es ganz sanft aufsetzte.
    „Typisch“, wiederholte Norbert sachverständig, „ein Kobold!“
    Das aber war dem unsichtbaren Amadeus zuviel. Er nahm den eben fertiggestellten Fratzenschneider auf und warf ihn Norbert — patsch! — mitten ins Gesicht.

    „Amadeus!“ schrie Monika. „Schluß jetzt! Du benimmst dich unmöglich! Wenn du jetzt nicht sofort mit dem Quatsch aufhörst, spreche ich nie wieder ein Wort mit dir!“ Um ihren Worten Nachdruck zu verleihen, stampfte sie mit dem Fuß auf.
    Das half. Plötzlich trat Ruhe ein. Das Geisterlachen erstarb, und jedes Ding stand wieder unbeweglich an seinem Platz.
    Norbert rieb sich den Ton aus den verpappten Augen. „Ein s-tarkes S-tück“, stellte er fest und verfiel schon wieder in seine norddeutsche Aussprache.
    „Bitte, entschuldige, Norbert, es tut mir so leid!“ Monika half, ihn von dem Ton zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher